rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
1) Lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheides die materiellen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Einkünften - hier der Ablauf der Dreimonatsfrist gemäß § 34 Abs. 5 EStG i.V.m. dem sog. Auslandstätigkeitserlaß (BMF, BStBl. I 1983, 470) - noch nicht vor, so kann der Steuerbescheid nach Eintritt dieser Voraussetzungen gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert werden.
2) Weitere Voraussetzung für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist, dass das nachträgliche Ereignis zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat und dass der Finanzbehörde das Ereignis nicht als planbares zukünftiges Ereignis bekannt war.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2, § 175
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Änderung eines Einkommensteuerbescheides.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger bezieht Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei der Firma C. GmbH (Firma C.). In der Zeit vom 15. Oktober 1998 bis zum 14. Dezember 1998 war er in Nigeria eingesetzt. Ab dem 15. Dezember 1998 begann der Kläger seinen Jahresurlaub. Vom 28. Januar 1999 bis zum 26. März 1999 war er wieder in Nigeria tätig.
Im Januar 1999 suchte der Kläger den Lohnsteuerhilfeverein C1. auf, welcher die Einkommensteuererklärung 1998 fertigte. Die am 6. Januar 1999 unterschriebene Erklärung ging am 29. Januar 1999 bei dem Beklagten ein.
Der Einkommensteuererklärung war ein Beschäftigungsnachweis der Firma C. beigefügt, in dem u. a. vermerkt ist, dass der Kläger vom 15.10.1998 bis zum 14.12.1998 in Nigeria eingesetzt war und vom 15. Dezember 1998 bis zum 10. Januar 1999 Tarifurlaub in Anspruch genommen hatte. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. Februar 1999 wurde der Kläger antragsgemäß veranlagt. Die Einkommensteuer wurde auf 23.002 DM festgesetzt.
Am 14. Januar 2000 beantragte der Kläger über den Lohnsteuerhilfeverein C1. die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1998. Zur Begründung führte er aus, dass er seit dem 28. Januar 1999 ständig im Ausland tätig gewesen sei und erst jetzt bekannt geworden sei, dass aus diesem Grunde auch das Einkommen für die Zeit vom 15. Oktober 1998 bis 14. Dezember 1998 von der Besteuerung freizustellen sei. In der Folgezeit brachte der Kläger einen geänderten Beschäftigungsnachweis der Firma C. bei, wonach der Tarifurlaub bis zum 27. Januar 1999 angedauert habe.
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 31. März 2000 ab. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger sich nicht auf eine neue Tatsache, sondern auf eine geänderte Rechtsauffassung berufe, da der Auslandsaufenthalt zur Zeit des Eingangs der Steuererklärung bereits bekannt gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch den Lohnsteuerhilfeverein C1. fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte dieser aus: Eine Steuerfreistellung bei einem Auslandsaufenthalt habe er noch nie bearbeitet und betrachte sich deshalb als steuerlichen Laien. Deshalb habe er im Januar 1999 beim Finanzamt B1. angerufen. Da der Sachbearbeiter keine Auskunft über die Rechtslage habe geben können, sei er – vermutlich – mit dem Sachgebietsleiter verbunden worden. Dieser habe die Auskunft erteilt, dass eine Steuerfreistellung für das Jahr 1998 nicht möglich sei, da der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 1998 keine drei Monate im Ausland tätig gewesen sei. Erst als die Freistellungsbescheinigung für das Jahr 1999 vorgelegen habe, habe sich ihm – dem Bevollmächtigten – die Möglichkeit der Freistellung für das Jahr 1998 eröffnet.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 2000 zurück. Zur Begründung führte er aus: Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 173 Abgabenordnung (AO) komme nicht in Betracht, da der Auslandsaufenthalt und die daraus resultierenden ausländischen Einkünfte dem zuständigen Bearbeiter bei endgültiger Zeichnung der Steuerfestsetzung 1998 bereits bekannt gewesen sei.
Zur Begründung der fristgerecht erhobenen Klage führt der Kläger aus, dass eine Änderung des Bescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich sei. Ferner habe der Beklagte gegen das Prinzip von Treu und Glauben verstoßen, weil er in Kenntnis des Auslandsaufenthaltes den Bescheid in Analogie zu § 165 Abs. 1 Satz 2 AO unter den Vorbehalt der Nachprüfung hätte stellen müssen. Außerdem sei die Änderungsmöglichkeit des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gegeben, weil der nachfolgende Auslandsaufenthalt im Januar 1999 Auswirkungen auf die Besteuerung des Klägers für das Jahr 1998 gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 1998 dahingehend abzuändern, dass die durch den Aufenthalt in Nigeria erzielten Einnahmen in Höhe von 35.026,26 DM als steuerfrei behandelt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur B...