Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug aus Baukosten in der Zeit vom 01.07.2004 bis 02.12.2004 bei Verwendung von weniger als 10 % des Gebäudes zu unternehmerischen Zwecken

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein dem Unternehmen vollständig zugeordnetes Gebäude zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt, so sind die Vorsteuern aus den in der Zeit vom 01.07.2004 bis 02.12.2004 bezogenen Leistungen gleichwohl abzugsfähig. Für die Frage, welche Leistungen dem „abzugsunschädlichen“ Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 02.12.2004 zuzuordnen sind, ist nicht auf den Lieferzeitpunkt, sondern auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Unternehmer die entsprechende Rechnung in den Händen gehalten hat.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 3 Abs. 9a, § 10 Abs. 4 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.12.2011; Aktenzeichen V R 48/10)

BFH (Urteil vom 15.12.2011; Aktenzeichen V R 48/10)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Klägerin, eine Grundstücksgemeinschaft, die Vorsteuer aus Rechnungen abziehen kann, die aus der umfassenden Renovierung eines Wohnhauses herrühren.

Die Beteiligten der Klägerin J. B. und T. K. sind Eheleute, die am 23.02.2004 das Gebäude in N, S-Straße ... erwarben. Aufgrund genehmigten Bauantrags vom 29.03.2004 begannen sie ab dem 03.05.2004 das Gebäude umzubauen und zu renovieren. Das Gebäude bezogen die Eheleute am 01.11.2004. Die Ehefrau ist Architektin und arbeitet als freie Mitarbeiterin in einem Architekturbüro mit. Seit dem 01.01.2005 nutzt sie aufgrund eines Mietvertrages mit der Klägerin im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit in dem Gebäude ein Arbeitszimmer, das 11,03 qm misst. Frau K gab seit dem Jahre 2002 Umsatzsteuer-Jahreserklärungen ab und erklärte für die Jahre 2002 und 2003 Umsätze von 2.000,00 € bzw. 5.800,00 € und für die Jahre 2004 bis 2006 Umsätze von jeweils 0,00 € (vgl. Aktenvermerk des Berichterstatters vom 04.02.2009, Bl. 67 FG-Akte).

Am 04.10.2004 gaben die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht steuerlich beratenen Eheleute beim Beklagten einen Antrag für Eigenheimzulage ab dem Jahr 2004 ab (Bl. 3 f Eigenheimzulageakte – EA -). In den Zeilen 44 bis 46 des Antrags machten sie keine Angaben zu beruflich genutzten Räumen.

Am 07.10.2005 reichten die Eheleute in ihrer Eigenschaft als Grundstückgemeinschaft (Klägerin) eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 ein. Sie erklärten, sie hätten seit Beginn des Jahres 2005 an die Ehefrau ein Arbeitszimmer vermietet und gem. § 9 UStG zur Umsatzsteuer optiert. Das Arbeitszimmer sei erstmals ab dem 01.01.2005 beruflich genutzt worden. Den Anteil des Arbeitszimmers an der Gesamtfläche des Gebäudes gaben sie mit 10,36 % an. Das Gebäude ordnete die Klägerin vollen Umfangs ihrem Vermietungsunternehmen zu. Die Vorsteuern aus den Rechnungen über Herstellungskosten betrugen nach ihren Angaben 10.135,34 € (Bl. 2 f, 4 Vorhefter/USt-Akte). Eine unentgeltliche Wertabgabe setzte die Klägerin nicht an.

Im Zuge einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 11.07.2006, Bl. 6 f. Vorhefter USt-Akte) gelangte die Prüferin zur Auffassung, ein Vorsteuerabzug käme nicht in Betracht, da das Arbeitszimmer weniger als 10 % an der Gesamtfläche des Gebäudes ausmache und deshalb die Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG unterschreite (Tz. 14 des Berichts). Dabei ging sie von den gleichen Flächenwerten aus wie die Klägerin, ordnete aber die Fläche der Terrasse gem. § 4 WoFlV anteilig zu und berücksichtigte die Flächen der Flure, die die Klägerin außer Betracht gelassen hatte. Hierdurch sank der prozentuale Anteil der Fläche des Arbeitszimmers an der Gesamtfläche von 11,03 % auf 9,31 % (vgl. Anlage I zu Bericht, Bl. 10 Vorhefter/USt-Akte). Außerdem überprüfte die Prüferin die geltend gemachten Vorsteuern und gelangte zu dem Ergebnis, dass im Falle einer Überschreitung der 10 %-Grenze ein Betrag von 10.120,55 € an Vorsteuern abzugsfähig gewesen wären (vgl. Anlage II zum Bericht, Bl. 12, 13 Vorhefter/USt-Akte). Hierbei stützte sie sich auf die zeitlich geordnete Zusammenstellung der vorgelegten Rechnungen (Bl. 33 – 40 Handakte – HA).

Im Klageverfahren legte die Klägerin auf Aufforderung des Gerichts eine Nutzflächenberechnung nach DIN 277-1 und DIN 277-2 vor (Bl. 79 f FG-Akte). Danach betragen die Nettogrundfläche und Nutzfläche 240,99 qm. Die Nutzfläche gliedert sich in Nebennutzflächen von 41,96 qm und Hauptnutzflächen von 199,03 qm, in denen die Fläche des Arbeitszimmers von 11,03 qm enthalten ist. Die Klägerin gibt die sonstigen Nutzflächen (NF Nr. 7) mit 113,29 qm an. Hierzu zählt sie auch den nicht ausgebauten Dachboden von 48,57 qm.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und erließ am 26.07.2006 einen Umsatzsteuerbescheid für 2004, in dem er keine Vorsteuerabzug zuließ und die Steuer auf 0,00 € festsetzte. Den Einspruch wies er mit Entscheidung vom 24.10.2006 zurück (Bl. 43 USt-Akte).

Hiergegen wendet sich die Klage. Die Klägerin sei als Grundstücksgemeinschaft Unternehmerin, die nach Option zur Umsatzsteuer das Arbeitszimmer an die Ehefrau ...

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