Rz. 66
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Die Förderung der privaten Altersvorsorge mit einer Altersvorsorge-Zulage ist in § 79ff EStG geregelt. Zu den Einzelheiten des Verfahrens > Private Altersvorsorge Rz 86 ff. Im Regelfall ermittelt die > Zentrale Stelle Rz 1, mithin die DRV-B (vgl § 81 EStG; kurz: ZfA [Zentrale Stelle für Altersvorsorgezulage]) die Höhe der Zulage und veranlasst deren Auszahlung an den Anbieter. Ein gesonderter Zulagenbescheid ergeht idR nicht (§ 90 Abs 2 Satz 2 EStG). Nur dann, wenn der Antragsteller die Festsetzung der Zulage über den Anbieter beantragt, erlässt die ZfA einen Festsetzungsbescheid (§ 90 Abs 4 EStG). Erst in diesem Fall kommt es zu einem direkten Kontakt zwischen dem Zulageberechtigten und der ZfA sowie zum Ergehen förmlicher VA (BFH 247, 312 = BStBl 2015 II, 371). Die in § 90 Abs 1 bis 3 EStG vorgesehenen maschinellen Mitteilungen der ZfA an den Anbieter sind kein VA, es gelten somit auch nicht die Korrekturvorschriften der AO für Steuerbescheide oder sonstige VA, also auch nicht § 129 AO zur Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten (BFH/NV 2021, 290). Zur Änderung der Zulage vgl § 90 Abs 3 EStG und die folgenden Hinweise.
Rz. 67
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Erkennt die ZfA nachträglich, dass der Zulageanspruch ganz oder teilweise nicht besteht oder weggefallen ist, so hat sie zu Unrecht gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulagen zurückzufordern. § 90 Abs 3 EStG ist – anders als § 173 AO (> Rz 14 ff) – nicht auf neue Tatsachen oder Beweismittel beschränkt. Deshalb können hier – ähnlich wie im Fall des § 164 AO (> Rz 5) – auch Rechtsfehler (einschließlich Bearbeitungsfehler) korrigiert werden. "Erkennen" iSv § 90 Abs 3 Satz 1 EStG bedeutet positive Kenntnis, wobei hier für das "nachträgliche" Erkennen wegen der vollautomatischen Datenverarbeitung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die von Dritten zugelieferten Daten in das Zulagenberechnungsprogramm einfließen, denn mit diesem Zeitpunkt findet programmgesteuert eine materiell-rechtliche Kontrolle statt (vgl § 91 EStG). Auch wenn die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst später eine Prüfung der Zahlungsberechtigung vornimmt, führt dies nicht zur > Verwirkung des Rückforderungsanspruchs (BFH 264, 421 = BStBl 2019 II, 668).
Rz. 68
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Die Rückforderung der Zulage geschieht formlos und wird dem Anbieter durch Datensatz mitgeteilt (§ 90 Abs 3 Satz 1 EStG; EFG 2012, 843). Im Hinblick darauf, dass die Auszahlung nicht auf einem förmlichen VA beruht, bedarf es insoweit keines besonderen Aufhebungs- oder Änderungsbescheids.
Beispiel 1:
In 2020 hatte die ZfA für den Anleger C die Altersvorsorgezulage an den Anbieter B ausgezahlt und dieser hat sie dem begünstigten Vertrag gutgeschrieben. Im Mai 2021 erkennt die ZfA, dass sie eine zu hohe Altersvorsorgezulage ausgezahlt hat und unterrichtet den Anbieter über die Rückforderung der überzahlten Zulage.
Der Anbieter – vgl § 90 Abs 3 Sätze 2–4 EStG – belastet das Konto des Anlegers mit dem entsprechenden Betrag. Er meldet den Rückforderungsbetrag in einer vierteljährlichen Anmeldung bis spätestens zum 10. des Folgemonats bei der ZfA an und führt ihn spätestens bis zu diesem Zeitpunkt dorthin ab (im Beispiel bis zum 10.07.2021).
Da die Anmeldung der zurückgeforderten Beträge als Steueranmeldung gilt (§ 90 Abs 3 Satz 5 EStG), steht diese einer Steuerfestsetzung unter > Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO). Sofern bei der Rückforderung ein Fehler unterlaufen ist, kann die Steueranmeldung gemäß § 164 Abs 2 AO geändert werden (> Rz 5 f). Das zunächst formlose Verwaltungshandeln führt also mit der Steueranmeldung zu einer förmlichen Festsetzung.
Beispiel 2:
In der Steueranmeldung vom 10.07.2021 hat der Anbieter einen Rückforderungsbetrag von 370 EUR ausgewiesen und diesen am 09.07.2021 an die ZfA abgeführt. Ursache für die Rückforderung ist, dass für 2019 das > Kindergeld insgesamt zurückgefordert wurde und damit der Anspruch auf Kinderzulage zur Altersvorsorgezulage (§ 85 EStG) für 2019 entfällt. Die für 2019 ausgezahlte Kinderzulage, die nunmehr zurückzufordern ist, belief sich aber auf 185 EUR (§ 85 Abs 1 EStG; > Private Altersvorsorge Rz 40) und nicht auf 370 EUR. Da es sich bei der Steueranmeldung um eine Steuerfestsetzung unter dem > Vorbehalt der Nachprüfung handelt, kann diese, solange die Festsetzungsfrist für die entsprechende Zulage noch nicht abgelaufen ist, geändert werden. Für 2019 läuft die Festsetzungsfrist frühestens am 31.12.2023 ab.
Rz. 69
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Hat die ZfA auf Antrag des Anlegers die Zulage ausnahmsweise durch förmlichen Bescheid festgesetzt (§ 90 Abs 4 EStG), bedarf es der förmlichen Änderung oder Aufhebung des Festsetzungsbescheids nach den Vorschriften der AO (§ 96 Abs 1 EStG; > Rz 4 ff).
Ist das Vertragsverhältnis zum Anbieter beendet und nicht auf einen anderen Anbieter übergegangen, muss die ZfA einen Rückforderungsbescheid gegen den...