Rz. 61
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Ein rechtmäßiger belastender VA darf, auch wenn er unanfechtbar geworden ist, jederzeit widerrufen werden, es sei denn, es müsste ein VA gleichen Inhalts erlassen werden oder der Widerruf wäre aus anderen Gründen unzulässig (§ 131 Abs 1 AO). Ein VA ist rechtmäßig, wenn er zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dem Gesetz entspricht. Dabei kommt es auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung an, wie diese begründet wurde, ist unerheblich.
Rz. 62
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Ein rechtmäßiger begünstigender VA kann dagegen nur unter den Voraussetzungen des § 131 Abs 2 AO widerrufen werden, dh wenn
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Nr 1) der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im VA vorbehalten ist; |
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Nr 2) mit dem VA eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat oder |
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Nr 3) die FinBeh aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den VA zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. |
Widerrufen kann das FA zB die Anrechnung von LSt (> Rz 60) bei der > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 190 ff, wenn der > Arbeitslohn wegen > Verjährung von Steueransprüchen nicht der Besteuerung unterliegt (§ 131 Abs 2 Satz 1 Nr 3 AO iVm § 36 Abs 2 Nr 2 EStG; BFH 223, 344 = BStBl 2009 II, 344). Selbiges gilt für eine Abrechnungsverfügung der ursprünglichen ESt-Bescheide beim Wechsel von der getrennten Veranlagung zur Zusammenveranlagung (BFH/NV 2016, 1428). Keines Widerrufs bedarf es, wenn ein begünstigender VA um einen weiteren begünstigenden VA ergänzt werden soll.
Rz. 62/1
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege (§ 163 AO) kann nicht widerrufen werden (> Billigkeit Rz 7 ff); sie kann allerdings an Bedingungen geknüpft werden wie zB beim > Auslandstätigkeitserlass Rz 45, 50. Entsprechendes gilt für den Steuererlass gemäß § 227 AO (> Billigkeit Rz 13 ff). Das FA ist jedoch zum Erlass einer verbösernden Einspruchsentscheidung berechtigt, wenn ein Teilerlass mit dem Einspruch (> Rechtsbehelfe) angefochten wird (BFH 253, 12 = BStBl 2016 II, 508). Die nachträgliche Verbesserung der Liquiditäts- oder Vermögenslage ist unbeachtlich. Für die Rücknahme gilt § 130 Abs 2 und 3 AO (AEAO zu § 131 Nr 3).
Rz. 63
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Der widerrufene VA wird mit Wirksamwerden (> Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten) des Widerrufs unwirksam, es sei denn, die Behörde hat einen späteren Zeitpunkt bestimmt (§ 131 Abs 3 AO).