Rz. 45
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Das im Folgenden beschriebene Freistellungsverfahren ist nicht Teil des > Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren (ergänzend > Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug). Die Freistellungsbescheinigung nach dem ATE gehört deshalb nicht zu den ELStAM (> Lohnsteuerabzugsmerkmale). Im einem vom ATE geregelten Verfahren eigener Art (> Rz 50) kann der ArbG für den ArbN, der im ATE-Staat eine begünstigte Tätigkeit ausübt, beim > Betriebsstätten-Finanzamt den Verzicht auf die Besteuerung des begünstigten Arbeitslohns beantragen (amtlicher Vordruck – keine Sammelliste). Ob der Tätigkeitsstaat besteuert, ist unerheblich (> Rz 1). Der Antrag kann aber auch vom ArbN gestellt werden (Abschn VI Nr 1 ATE).
Rz. 45/1
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Das Finanzamt erteilt einen den ArbN begünstigenden Bescheid (> Freistellungsbescheinigung), der den ArbG ermächtigt, den LSt-Abzug in dem vom ATE gesteckten Rahmen zu unterlassen, sofern er bestimmte Auflagen erfüllt. Diese Freistellungsbescheinigung wird idR erteilt, bevor der ArbN seine Tätigkeit im Ausland beendet hat; sie bezieht sich dann auf einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt. Deshalb steht sie unter der > Bedingung (§ 120 Abs 2 Nr 2 AO), dass die Voraussetzungen des ATE tatsächlich eintreten; erst dann entfaltet sie ihre Rechtswirkung: den Steuererlass unter Progressionsvorbehalt.
Rz. 46
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Der Arbeitgeber muss deshalb selbst verfolgen, ob der von ihm als wahrscheinlich glaubhaft gemachte und vom FA der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt anders als vorgesehen verwirklicht wird und dadurch womöglich die Voraussetzungen der Abschnitte I bis III des ATE nicht eintreten. So kann es zB zu einer Unterbrechung der Tätigkeit für ein begünstigtes Vorhaben kommen, wenn der ArbN zwischendurch eine nicht begünstigte Tätigkeit im ATE-Staat ausübt oder sich außerhalb des ATE-Staats aufhält (> Rz 28); ebenso haben Krankheits- und Urlaubstage möglicherweise Auswirkung auf die Begünstigung (> Rz 36 f). Der ArbG muss deshalb dafür sorgen, dass ihm der tatsächliche Ablauf bekannt und dokumentiert wird. Auch das Inkrafttreten eines für den Fall maßgeblichen DBA wirkt als auflösende Bedingung, so dass die Freistellungsbescheinigung ihre Wirkung verliert (> Rz 1), ohne dass es einer Rücknahme oder eines Widerrufs durch das FA bedarf. Der ArbG ist bis zur Übermittlung der > Lohnsteuerbescheinigung berechtigt, bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung bisher noch nicht erhobene LSt nachträglich einzubehalten, wenn er erkennt, dass die Voraussetzungen des ATE entgegen der Prognose nicht (mehr) gegeben sind. Macht er von dieser Berechtigung keinen Gebrauch oder kann die LSt nicht nachträglich einbehalten werden, so ist er zu einer Anzeige an das Betriebsstätten-FA verpflichtet (> Anzeigepflichten Rz 6). Ergänzend > Rz 53.
Rz. 46/1
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Der ArbG muss zudem die in Abschn VI Nr 1 ATE enthaltenen Auflagen erfüllen: Er hat die Freistellungsbescheinigung als Beleg zum > Lohnkonto des ArbN zu nehmen. Außerdem darf für den begünstigten ArbN weder ein sog permanenter (> Maschinelle Lohnabrechnung) noch ein betrieblicher > Lohnsteuer-Jahresausgleich Rz 14 ff durchgeführt werden; damit soll vermieden werden, dass Steuerbeträge erstattet werden, die bei Anwendung des > Progressionsvorbehalt vom FA nachzufordern wären.
Rz. 47
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Er muss darüber hinaus – schon im Interesse seines ArbN – den begünstigten Arbeitslohn im > Lohnkonto sowie der > Lohnsteuerbescheinigung getrennt vom übrigen Arbeitslohn angeben. Dabei ist ggf zu unterscheiden zwischen solchen Teilen des Arbeitslohns, die nach dem ATE oder einem DBA (aber mit Progressionsvorbehalt) sowie nach anderen Vorschriften (ohne Progressionsvorbehalt – > Rz 41) steuerfrei sind, und anderen Teilen, die dem üblichen LSt-Abzug unterliegen (vgl Abschn VI ATE).
Rz. 48
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Hat es der ArbG versäumt, eine Freistellungsbescheinigung zu Beginn der Auslandstätigkeit zu erwirken, hat er aber gleichwohl vom LSt-Abzug abgesehen, wird das > Betriebsstätten-Finanzamt zB bei entsprechenden Feststellungen im Zuge einer > Lohnsteuer-Nachschau oder > Außenprüfung die > Haftung für Lohnsteuer prüfen; anders als bei einer Vielzahl von DBA (> Doppelbesteuerung Rz 71 ff) hat die Befreiung vom LSt-Abzug beim ATE nicht nur formalen Charakter. Auch zu diesem Zeitpunkt kann der ArbG noch die Freistellung beantragen und damit die Haftung abwenden, wenn die Voraussetzungen des ATE gegeben sind. Ebenso kann der ArbN ggf die Freistellung noch nachträglich beantragen (> Rz 55). Der ArbG haftet außerdem nicht, wenn das FA in Kenntnis des tatsächlichen Geschehensablaufs eine Freistellungsbescheinigung rechtsirrtümlich erteilt hat; dann kann uE der Fehler auch beim ArbN nicht mehr korrigiert werden, soweit die Steuer erlassen worden ist (> Rz 50).
Rz. 49
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Randziffer einstweilen frei.