Auslandstätigkeiten: Arbeitnehmereinkünfte

Die Finanzverwaltung hat den sog. Auslandstätigkeitserlass (ATE) veröffentlicht. Beschäftigten in einem Staat, mit dem Deutschland kein DBA geschlossen hat, kann der Arbeitslohn von einem inländischen Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des ATE steuerfrei gezahlt werden.

Die Auslandstätigkeit muss mindestens drei Monate ununterbrochen in einem solchen Staat ausgeübt werden. Begünstigt sind aber nur bestimmte im Ausland ausgeübte Tätigkeiten soweit dies aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint. Neben exportorientiertem Anlagenbau gehören dazu auch Tätigkeiten im Rahmen des Aufsuchens oder der Gewinnung von Bodenschätzen sowie Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe.

Die Regelungen gelten auch für in Deutschland nur mit ihrem Lohn beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer aus dem Ausland.

Verzicht auf Lohnsteuerabzug bleibt möglich

Lange herrschte Unklarheit, ob der ATE (BMF, Schreiben v. 31.10.1983) nicht ersatzlos gestrichen wird. Etwas überraschend wurde er nun aber neu gefasst.

Auf folgende Punkte wird besonders hingewiesen:

  • Zu den begünstigten Tätigkeiten gehören u.a. auch Auslandstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Einbau, der Aufstellung, der Instandsetzung oder Wartung sonstiger Wirtschaftsgüter, die ausschließlich von EU-/EWR-Arbeitgebern hergestellt, instandgesetzt bzw. gewartet werden;
  • nicht begünstigte Tätigkeiten sind u.a. Sanierungs-, Restaurierungs-, Reinigungs- und Sicherungsarbeiten an Bauwerken ohne industrielle bzw. technische Nutzung.
  • Ebenfalls nicht begünstigt sind Tätigkeiten im Bereich der humanitären Hilfe;
  • die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe im Rahmen der technischen oder finanziellen Zusammenarbeit gehört zu den begünstigten Tätigkeiten, wenn eine Projektförderung unmittelbar oder mittelbar aus inländischen öffentlichen Mitteln zu mindestens 75% vorliegt.
  • Eine Steuerfreistellung des Arbeitslohns scheidet aber aus, soweit der Arbeitslohn unmittelbar oder mittelbar aus inländischen öffentlichen Kassen gezahlt wird.

Mindeststeuer im Ausland als Voraussetzung für Freistellung

Neu ist insbesondere auch die Einführung einer ausländischen Mindestbesteuerung als Anwendungsvoraussetzung: Die Einkünfte (Arbeitslohn abzüglich Werbungskosten) müssen in dem ausländischen Staat einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer von durchschnittlich mindestens 10% unterliegen und diese Steuer muss auch entrichtet werden.

Beispiel: Der Angestellte eines international tätigen Unternehmens im Bereich des Anlagenbaus erhält für seinen zehnmonatigen Einsatz zur Inbetriebnahme einer Fabrik im Staat S (kein DBA mit Deutschland) ein Gehalt i. H. v. 110.000 EUR. Die Werbungskosten, die mit dieser begünstigten Tätigkeit in Zusammenhang stehen, betragen 10.000 EUR. Seinen Wohnsitz in Deutschland behält er bei. Auf das Gehalt zahlt er in S ausweislich des von ihm vorgelegten Steuerbescheides eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer i. H. von umgerechnet 9.000 EUR. Bezogen auf die Einkünfte von 100.000 EUR ergibt sich ein durchschnittlicher Steuersatz von 9 %. Da dieser unter 10 % liegt, findet die Steuerbefreiung hier keine Anwendung. Die im Ausland gezahlte Steuer kann (unter den Voraussetzungen des § 34c EStG) auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet oder bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.

Verfahren im Grundsatz unverändert

Es gilt weiterhin, dass die Steuerbefreiung entweder vom Arbeitgeber (soweit dieser als inländischer Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist) im Lohnsteuerabzugs­verfahren oder vom Arbeitnehmer bei seinem Wohnsitzfinanzamt geltend gemacht werden kann. Aufgrund der Neuregelung bezüglich der Mindestbesteuerung ist aber nunmehr für den Antrag einer notwendigen Freistellungsbescheinigung, bereits für den Lohnsteuerabzug eine entsprechende Versteuerung im Ausland glaubhaft zu machen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist diesbezüglich dann ein Nachweis über die Höhe der tatsächlich im Ausland gezahlten Steuern nötig.

Die Steuerfreiheit des Auslandslohns bleibt auch bei der Veranlagung zur Einkommensteuer erhalten, sie unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt. Der Antrag auf Anwendung des ATE ist spätestens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheides zu stellen.

Regelungen gelten ab 2023

Der neue Verwaltungserlass gilt mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2023. Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist er erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31.12.2022 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2022 zufließen.

Wichtig: Nur für Fälle ohne Doppelbesteuerungsabkommen

Die vorstehenden Regelungen betreffen nur Staaten, mit denen Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen hat, z.B. Brasilien. Für die übrigen Staaten sind die Regelungen des sog. 183-Tage Schreibens "Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen" (BMF, Schreiben v. 3.5.2018, IV B 2 - S 1300/08/10027) anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 10.6.2022, IV C 5 - S 2293/19/10012 :001


Schlagworte zum Thema:  Ausland, Arbeitnehmer