Rz. 75
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Tarifbegünstigt kann auch eine Entschädigung sein, die für die Aufgabe oder die Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche gewährt wird (§ 24 Nr 1 Buchst b EStG). Die Rechtsprechung grenzt diesen Tatbestand von dem des § 24 Nr 1 Buchst a EStG (> Rz 10 ff) wie folgt ab:
Rz. 76
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Während Entschädigungen iSv § 24 Nr 1 Buchst a EStG als "Ersatz" für entgangene oder entgehende > Einnahmen geleistet werden (> Rz 15), dient die Entschädigung nach § 24 Nr 1 Buchst b EStG nicht der Abgeltung und Abwicklung von Interessen aus dem bisherigen Rechtsverhältnis; sie erfasst vielmehr jegliche Gegenleistung "für" die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (BFH 180, 433 = BStBl 1996 II, 516). Hierfür bedarf es keiner neuen Rechtsgrundlage (> Rz 25 ff; BFH 149, 182 = BStBl 1987 II, 386). Der Stpfl braucht bei der Aufgabe seiner Rechte auch nicht unter einem erheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck gestanden zu haben (> Rz 15; BFH 147, 370 = BStBl 1987 II, 106). Vielmehr erfordert § 24 Nr 1 Buchst b EStG gerade die Aufgabe der Tätigkeit mit Wollen und Zustimmung des Stpfl (BFH 119, 141 = BStBl 1976 II, 490; BFH 170, 445 = BStBl 1993 II, 497); insoweit schließen sich § 24 Nr 1 Buchst a und Buchst b EStG gegenseitig aus. Eine Gegenleistung idS ist freilich nur, was dem ArbN nicht ohnehin bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zugestanden haben würde (sonst keine ‚Entschädigung’ – vgl BFH 119, 141 = BStBl 1976 II, 490; vgl auch FG München vom 04.09.2013 – 10 K 2411/10, DStRE 2014, 1180); das ist ebenso wie bei Buchst a (> Rz 27).
Rz. 77
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Eine Tätigkeit wird "aufgegeben", wenn sie endgültig nicht mehr ausgeübt wird. Die "Nichtausübung" kennzeichnet demgegenüber einen Zustand des Ruhens einer Tätigkeit, ohne dass diese bereits endgültig aufgegeben wird (BFH 119, 141 aaO). Beide Merkmale setzen demnach an sich voraus, dass die aufgegebene oder ruhende Tätigkeit zuvor tatsächlich ausgeübt worden ist. UE erfasst § 24 Nr 1 Buchst b EStG aber auch den – planwidrigen – Verzicht auf eine bisher überhaupt noch nicht aufgenommene Tätigkeit. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeit – im Falle ihrer Ausübung – zu stpfl > Einnahmen geführt haben würde (> Rz 11). Ein ArbN gibt auch dann seine "Tätigkeit" auf, wenn er sein Dienstverhältnis beim bisherigen ArbG beendet und anschließend bei einem neuen ArbG eine Tätigkeit im bisherigen Fachbereich aufnimmt; § 24 Nr 1 Buchst b EStG verlangt mithin nicht die Aufgabe des Berufs (BFH 147, 370 = BStBl 1987 II, 106). Wird ein ArbN innerhalb des Betriebs auf einen geringer entlohnten Arbeitsplatz umgesetzt (zB aus Rationalisierungsgründen oder nach einer Änderungskündigung [> Rz 34]), kommt es auf die Art der im Einzelfall künftig ausgeübten Tätigkeit an, ob die bisherige Tätigkeit aufgegeben oder nicht mehr ausgeübt wird. Wechselt ein ArbN in die > Altersteilzeit mit halber Arbeitszeit, so kann die Abfindung eine Entschädigung für die Teilaufgabe der Tätigkeit iSv § 24 Nr 1 Buchst b EStG sein. Ergänzend > Rz 51 und H 24.1 EStH.
Rz. 78
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Eine Entschädigung "für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche" ist bei ArbN eher die Ausnahme. Gewinnabhängige > Tantiemen leitender Angestellter sind Teil des Arbeitslohns und keine Gewinnbeteiligung iSv § 24 Nr 1 Buchst b EStG (BFH 197, 51 = BStBl 2002 II, 347). Das gilt uE auch für > Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften Rz 52 ff, soweit die Gewinnbeteiligung Teil der Jahresgesamtbezüge und damit Gehaltsbestandteil ist. Für eine Entschädigung nach § 24 Nr 1 Buchst b EStG kommt aber nur eine Gewinnbeteiligung in Betracht, die auf einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung beruht (BFH 118, 17 = BStBl 1976 II, 286), ohne dass jedoch Mitunternehmerschaft erforderlich ist (BFH 197, 51 aaO mwN).
Rz. 79
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Randziffer einstweilen frei.