Rz. 96
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Zu § 24 Nr 1 Buchst a und Buchst b EStG:
"Außerordentlich" idS sind solche > Einkünfte (> Rz 10 ff) grundsätzlich nur dann, wenn
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eine Entschädigung dem Stpfl vollständig in einem VZ zufließt, wenn sie entgangene oder entgehende > Einnahmen ersetzt, die sich bei normalem Ablauf, nämlich bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses, auf mehrere Jahre verteilt haben würden, oder |
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– sofern sie nur die Einnahmen eines VZ ersetzt – die Entschädigung im Jahr der Zahlung mit weiteren Einkünften zusammenfällt und der Stpfl im Jahr der entgangenen Einnahmen keine weiteren (nennenswerten) Einnahmen gehabt hat (BFH 183, 535 = BStBl 1997 II, 753). |
Die Zusammenballung wird in zwei Schritten geprüft (BMF vom 01.11.2013, Rz 8 ff, BStBl 2013 I, 1326; Rz 8 angepasst durch BMF vom 04.03.2016, BStBl 2016 I, 277):
1. Schritt: Die Entschädigung muss grundsätzlich insgesamt in demselben VZ zufließen (zu Einzelheiten > Rz 97 ff).
2. Schritt: Der als Entschädigung gezahlte Betrag muss größer sein als der Betrag, der dem Stpfl in diesem VZ bei Fortsetzung des Vertrags ohne diese zusätzliche Leistung zugeflossen wäre (zu Einzelheiten > Rz 110 ff).
Rz. 97
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Die für eine Tarifbegünstigung in Betracht kommende Entschädigung muss grundsätzlich in einem > Veranlagungszeitraum zusammengeballt zufließen (BFH 196, 500 = BStBl 2002 II, 180 mwN; BFH/NV 2007, 1648). Zum Zeitpunkt des Zuflusses > Zufluss von Arbeitslohn. Unerheblich ist es, ob der Verlust von > Einnahmen mehrerer Jahre entschädigt wird. Ohne Bedeutung ist ferner, ob die Entschädigung in einem Betrag oder innerhalb desselben VZ in mehreren Teilbeträgen gezahlt wird (glA Offerhaus, DB 1993, 651). Der Zufluss mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen VZ ist aber grundsätzlich schädlich (BMF vom 04.03.2016, BStBl 2016 I, 277). So gibt es bei Auszahlung verteilt auf zwei oder mehrere VZ keine Tarifvergünstigung (BFH 232, 471 = BStBl 2012 II, 659 mwN); etwaige Progressionsbelastungen müssen in Kauf genommen werden.
Dieser Grundsatz gilt aber nicht, soweit es sich lediglich um eine im Verhältnis zur Hauptleistung stehende minimale Zahlung handelt, die in einem anderen VZ zufließt (BFH 226, 265 = BStBl 2011 II, 27). Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, eine geringfügige Zahlung anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt (siehe Beispiel an Ende dieser Rz). Darüber hinaus kann eine Zahlung unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung (BFH 251, 331 = BStBl 2016 II, 214; vgl insgesamt die Rz 8 von BMF vom 01.11.2013, BStBl 2013 I, 1326 änderndes Schreiben BMF vom 04.03.2016, BStBl 2016 I, 277). Ebenso können ausnahmsweise ergänzende Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind und in späteren VZ aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit gewährt werden, für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung unschädlich sein. Das leitet der BFH aus einer zweckentsprechenden Auslegung des § 34 EStG unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ab (BFH 199, 395 = BStBl 2004 II, 447; BFH/NV 2014, 1514 = HFR 2014, 994 mwN); zu Einzelheiten > Rz 101 ff. Weitere Ausnahmen lässt der BFH nur in engen Grenzen zu (BFH 171, 416 = BStBl 1993 II, 831 mwN; > Rz 113 ff, > Rz 118).
Beispiel 12:
Einem ArbN wurde betriebsbedingt zum 30.11.2022 gekündigt. Von der vereinbarten Abfindung iHv 60 000 EUR werden 55 000 EUR im Jahr 2022 sowie 5 000 EUR im Jahr 2023 ausgezahlt.
Da der im Jahr 2023 ausgezahlte Betrag nicht mehr als 10 % der Hauptleistung (55 000 EUR) beträgt, kann für die Hauptleistung die ermäßigte Besteuerung berücksichtigt werden.
Rz. 98
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Die Zusammenballung wird aber nur für solche Leistungen geprüft, die Entschädigungen iSv § 24 Nr 1 EStG sind. Zu den für eine Tarifermäßigung in Betracht kommenden Entschädigungen > Rz 10 ff. Andere als die in § 24 Nr 1 EStG genannten Entschädigungen, also zB lebenslange Leistungen (> Rz 65, 66), bleiben bei der Prüfung der Zusammenballung unberücksichtigt. Ebenso pauschalbesteuerte Leistungen des ArbG (Rz 8 nach BMF vom 01.11.2013 bzw vom 04.03.2016, > Rz 97). Das Gleiche gilt für steuerfreie Einkünfte (> Rz 122). Die Zusammenballung wird auch nicht dadurch "gestört", dass der steuerfreie Teil der Entschädigung in einem oder mehreren VZ gezahlt wird, der steuerpflichtige Teil dagegen in einem anderen VZ (BFH 169, 98 = BStBl 1993 II, 52).
Rz. 99
Stand: EL 133 – ET: 03/2023
Einen tatsächlichen Progressionsnachteil setzt § 34 EStG nicht voraus (BFH 180, 152 = BStBl 1996 II, 416). Deshalb sind Stpfl, die schon mit ihren übrigen Einkünften dem Spitzensteuersatz unterliegen, von der Tarifermäßigung nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BFH 137, 345 = BStBl 1983 II, 221); durch die Fünftelregelung ergibt sich allerdings in diesen Fälle...