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Auf einen Blick: Ehegatten/Lebenspartner werden nur dann zusammen zur ESt veranlagt, wenn sie nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG). Dafür sind oftmals heikle Ermittlungen erforderlich. Wie die Praxis das handhabt, ohne die Intimsphäre zu verletzen, wird hier dargestellt. |
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Rz. 1
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Unbeschränkt steuerpflichtige > Ehegatten, die verheiratet sind (> Familienstand), aber während des gesamten VZ getrennt leben, erfüllen nicht die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung (§ 26 Abs 1 Satz 1 EStG; > Ehegattenbesteuerung Rz 1). Sofern die Voraussetzungen des dauernden Getrenntlebens gegeben sind (> Rz 4 ff), werden sie deshalb steuerlich grundsätzlich wie > Alleinstehende behandelt (> Rz 2); zum Trennungsjahr > Rz 3. Die unterschiedliche Behandlung zusammenlebender und dauernd getrennt lebender Ehegatten verletzt nicht die Grundrechte aus Art 2, 3 und 6 GG (BFH 109, 363 = BStBl 1973 II, 640 mwN); Gleiches gilt für die Nichtanwendung des Splittingtarifs (DB 1985, 942 [944]). Die Regelungen für Ehegatten gelten für eingetragene > Lebenspartner entsprechend (vgl § 2 Abs 8 EStG; > Ehegattenbesteuerung Rz 4/4); nicht jedoch für eine > Nichteheliche Lebensgemeinschaft (BFH 257, 424 = BStBl 2017 II, 903).
Rz. 2
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Steuerliche Rechtsfolgen: Ein dauernd getrennt lebender Ehegatte wird einzeln zur ESt veranlagt und nach dem ESt-Grundtarif (§ 32a Abs 1 EStG) besteuert. Für den LSt-Abzug gehört er wie ein lediger, verwitweter oder geschiedener ArbN in die Steuerklasse I, wenn er nicht Anspruch auf einen > Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) hat, weil er mit einem Kind in Haushaltsgemeinschaft lebt und deshalb die Steuerklasse II (> Steuerklassen Rz 12 ff) erhält. Ergänzend > Ehegattenbesteuerung Rz 36 ff. Wegen Unterhaltsleistungen an den dauernd getrennt lebenden Ehegatten > Unterhaltsleistungen; wegen kindbedingter Steuererleichterungen > Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, > Kinderadditive, > Kindergeld sowie > Kinderfreibeträge und > Kinderbetreuung.
Rz. 3
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Für das Jahr der Trennung können die Ehegatten jedoch noch zusammenveranlagt werden, wenn sie keine Einzelveranlagung beantragen (> Ehegattenbesteuerung Rz 3 ff, 25 ff). So gilt für den VZ, in dem sich die Ehegatten trennen, grundsätzlich noch der ESt-Splittingtarif (> Splitting), da es nach dem Stichtagsprinzip genügt, wenn die Ehegatten zu irgendeinem Zeitpunkt während des Kalenderjahres (VZ) zusammengelebt haben (§ 26 Abs 1 Satz 1 EStG). Bei ArbN bleiben die > Steuerklassen unverändert. Außerdem besteht im Trennungsjahr das gemeinsam auszuübende Wahlrecht zwischen Zusammenveranlagung oder einer Einzelveranlagung; zu Einzelheiten > Ehegattenbesteuerung Rz 10 ff.
Ist der andere Ehegatte verstorben, gilt für das Todesjahr die > Ehegattenbesteuerung Rz 12 fort. Das gilt aber nicht, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes bereits dauernd getrennt gelebt haben (BFH 185, 416 = BStBl 1998 II, 350). Der hinterbliebene Ehegatte wird grundsätzlich auch in dem auf das Todesjahr folgenden VZ noch wie ein Verheirateter mit dem Splittingtarif besteuert (> Splitting Rz 5).
Rz. 4
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Zivilrechtlich sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet (§ 1353 Abs 1 Satz 2 BGB). Das umfasst die gesamten persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten zueinander; eine der Hauptpflichten ist die häusliche Gemeinschaft. Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (§ 1567 Abs 1 BGB). Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung dienen soll, unterbricht das Getrenntleben nicht (§ 1567 Abs 2 BGB).
Rz. 5
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Einkommensteuerlich leben Ehegatten dauernd getrennt, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf Dauer nicht mehr besteht (BFH 87, 208 = BStBl 1967 III, 84). Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen des Zusammenlebens zu verstehen (BFH 109, 363 = BStBl 1973 II, 640). IdR folgt das FA insoweit dem Inhalt der > Steuererklärung (> Rz 9).
Rz. 6
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Ob die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht, ist für die FÄ und FG nicht selten nur mit dem Eindringen in den persönlichen Bereich des ehelichen Lebens festzustellen (zur Ermittlungspflicht des FA > Rz 11). Eine Ausforschung persönlicher Vorstellungen (sog innere Tatsachen) sollte aber möglichst vermieden werden; vielmehr wird regelmäßig auf für Dritte objektiv erkennbare Beweisanzeichen (Indizien) abge...