Getrenntleben in der Ehewohnung
Das OLG Frankfurt hat sich mit den für eine Trennung innerhalb der gemeinsamen Ehewohnung erforderlichen Vorkehrungen befasst. Dabei hat das Gericht besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung des Wohls in der Ehewohnung lebender gemeinsamer Kinder gelegt und folgende Formel entwickelt: Ein Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung erfordert ein an die räumliche Situation angepasstes Höchstmaß an Trennung der persönlichen Lebensbereiche. Dies schließt gelegentliche gemeinsame Aktivitäten und Mahlzeiten sowie einen freundschaftlichen Umgang, insbesondere dann nicht aus, wenn dies dem Wohl der in der Ehewohnung lebenden gemeinsamen Kinder dient.
Ehelicher Anspruch auf Vermögensauskunft besteht ab Trennungszeitpunkt
Gegenstand des vom OLG entschiedenen Verfahrens waren wechselseitige Auskunftsansprüche im Rahmen eines Scheidungsverfahrens der Eheleute über den Bestand ihres Vermögens zum Zeitpunkt der Trennung. Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB kann, sobald die Scheidung beantragt ist, jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Die Bestimmung des Trennungszeitpunktes ist für diesen Auskunftsanspruch also von entscheidender Bedeutung.
Zeitpunkt der Trennung zwischen den Eheleuten streitig
Im konkreten Fall hatten sich die Eheleute innerhalb des ehelichen gemeinsamen Hauses getrennt und bewohnten dieses weiterhin gemeinsam mit ihren 3 minderjährigen Kindern. Das erstinstanzlich zuständige Familiengericht hatte die wechselseitigen Auskunftsansprüche zwar bejaht, aber einen vom Ehemann benannten späteren Trennungszeitpunkt als den von der Ehefrau genannten Trennungszeitpunkt zugrunde gelegt. Hiergegen richtete sich die beim OLG eingelegte Beschwerde der Ehefrau.
Objektives und subjektives Trennungselement erforderlich
Das OLG stellte für die Bestimmung des Trennungszeitpunktes zunächst auf den in der Rechtsprechung (OLG Brandenburg, Beschluss v. 10.8.2020,13 UF 122/17) geltenden Grundsatz ab, wonach die Trennung dann vollzogen ist, wenn zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft (Trennung von Tisch und Bett) mehr besteht (objektives Trennungselement) und zumindest ein Ehegatte die Wiederherstellung einer häuslichen Gemeinschaft ablehnt (subjektives Trennungselement).
Bemühen um Höchstmaß an Trennung erforderlich
Das OLG stellte klar, dass ein Getrenntleben innerhalb der ehelichen Wohnung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Hierbei bedürfe es keiner „vollkommenen Trennung“, erforderlich sei vielmehr ein „der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung“. Diese Trennung müsse nach außen sichtbar werden durch getrenntes Wohnen und Schlafen und die Führung eines jeweils eigenen Haushaltes. Außerdem dürfe keine intensive persönliche Beziehung mehr bestehen.
Trennung schließt freundschaftlichen Umgang nicht aus
Diese Grundsätze schließen es nach Auffassung des OLG aber nicht aus, dass die Ehegatten weiterhin einen „freundschaftlichen, anständigen und vernünftigen Umgang“ miteinander führen. Diese verbleibenden Gemeinsamkeiten müssten sich in der Gesamtbetrachtung aber als unwesentlich und von einem ehelichen Zusammenleben deutlich unterscheidbar darstellen. Dies schließe vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen und Handreichungen der Ehegatten nicht aus, soweit diese keine, einem ehelichen Zusammenleben ähnelnde Regelmäßigkeit und Intensität erreichten.
Gemeinsame Kinder bei Trennungsmodalitäten zu berücksichtigen
Die Gewichtung und Bewertung des Zusammenlebens durch das Gericht habe zu berücksichtigen, ob in der Ehewohnung weiterhin gemeinsame Kinder leben. Über die Elternschaft blieben die Ehegatten auch nach der Trennung miteinander verbunden und seien ihren Kindern gegenüber zur Sorge und zu Wohlverhalten verpflichtet. Die Trennungsbearbeitung der Kinder hänge ganz wesentlich von einem freundschaftlichen Umgang der Eltern miteinander ab. In diesen Fällen stünden deshalb gelegentliche gemeinsame Aktivitäten mit den Kindern und auch die gelegentlich gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegen.
Trennungsvoraussetzungen erfüllt
Nach der Bewertung des OLG waren im konkreten Fall die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Trennung ab dem Zeitpunkt erfüllt, zu dem die Antragstellerin dem Antragsgegner per E-Mail unmissverständlich mitgeteilt hatte, dass sie die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen wolle und ein eheliches Zusammenleben endgültig ablehne. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Ehemann innerhalb des gemeinsamen Hauses eine Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller genutzt. Eine intensive persönliche Beziehung zwischen den Eheleuten hatte nach den Feststellungen des OLG ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden. Vereinzelt gebliebene gemeinsame Erledigungen und Einkäufe, gelegentliche gemeinsame Mahlzeiten sowie ein insgesamt höflicher und hilfsbereiter Umgang miteinander stehe der Annahme eines Getrenntlebens schon im Hinblick auf die gemeinsamen Kinder nicht entgegen.
Beschwerde der Ehefrau beim OLG erfolgreich
Vor diesem Hintergrund war die Beschwerde der Ehefrau gegen die Annahme eines späteren Trennungszeitpunktes durch das Familiengericht erfolgreich.
(OLG Frankfurt, Beschluss v. 28.3.2024, 1 UF 160/23)
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