Rz. 325
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Grundsätzlich gilt: Weist das DBA dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu, werden entweder die auf die im Ausland besteuerten Einkünfte entfallenden ausländischen Steuern angerechnet (Anrechnungsmethode; > Rz 38 ff) oder die ausländischen Einkünfte werden von der inländischen Besteuerung freigestellt (> Rz 33 ff). Im Allgemeinen wendet Deutschland die Freistellungsmethode an. Darüber hinaus werden die nationalen Vorschriften des § 32b Abs 1 Satz 1 Nr 3 und § 50d EStG angewendet: Die freigestellten Einkünfte werden bei einer > Veranlagung von Arbeitnehmern vom FA in den > Progressionsvorbehalt Rz 15 einbezogen. Zudem sind bei ArbN die Abs 7–10 und 12 des § 50d EStG zu beachten (zu Einzelheiten > Rz 336 ff).
1. Lohnsteuerabzug
Rz. 326
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Für die Deutschland zugewiesenen Gehaltsbestandteile (> Rz 263 ff) ist die > Lohnsteuer nach nationalen Regelungen zu bestimmen (deutsche Bewertungsregeln zB für > Reisekosten). Weist das DBA das Besteuerungsrecht jedoch (teilweise) dem anderen Vertragsstaat zu, darf der ArbG nicht ohne Beteiligung des FA vom Steuerabzug absehen. Das gilt besonders, wenn ein DBA die Steuerbefreiung von einem Antrag abhängig macht: Vom LSt-Abzug darf der ArbG dann nur absehen, wenn er eine ‚Mitteilung’ des > Betriebsstätten-Finanzamt hat, mit der der > Arbeitslohn nach DBA freigestellt wird (BFH 157, 142 = BStBl 1989 II, 755; BFH 270, 455 = BStBl 2021 II, 275). Diese ‚Mitteilung’ ist eines der > Lohnsteuerabzugsmerkmale (vgl § 39 Abs 4 Nr 5 EStG). Sie ist an die Stelle der früheren > Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs 6, § 39d Abs 3 EStG aF getreten. Die Mitteilung erhält der ArbG auch, wenn ein DBA die Freistellung nicht von einem besonderen Antrag abhängig macht (dann aber keine konstitutive Wirkung der Mitteilung, vgl BFH/NV 2008, 206 = HFR 2008, 352; FG Köln vom 04.05.2017 – 13 K 1491/15, HaufeIndex 11 248 152; ergänzend > Rz 327). Den Antrag kann der ArbN oder der ArbG stellen – auch wenn dieser > Ausländischer Verleiher gemäß § 38 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG ist (in Reaktion auf BFH 200, 265 = BStBl 2003 II, 306). Ergänzend > Lohnsteuerabzugsmerkmale Rz 21. Wird ein vom ArbN oder ArbG gestellter Antrag auf Mitteilung der Freistellung vom Betriebsstätten-FA abgelehnt, ist beim FG ggf nicht Feststellungs-, sondern Verpflichtungsklage zu erheben (> Rechtsbehelfe Rz 40 ff). Den freigestellten > Arbeitslohn muss der ArbG in die > Lohnsteuerbescheinigung Rz 10/16 aufnehmen.
Rz. 327
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Die Mitteilung der Freistellung für das > Steuerabzugsverfahren hat nur vorläufigen Charakter; auch § 50d EStG wird beim LSt-Abzug nicht angewendet (> Rz 347). Ebenso wie an anderen Stellen im > Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren liegt der Entscheidung des FA ein Sachverhalt zugrunde, der erst noch eintreten soll. Deshalb hat die ‚Mitteilung’ Rechtswirkungen nur für den LSt-Abzug. Nachweise sind idR erst im Zuge der Veranlagung beizubringen.
Rz. 328
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Unterlässt der ArbG den Steuerabzug ohne ‚Mitteilung der Befreiung des Arbeitslohns’, so haftet er nicht für die Steuerabzugsbeträge, wenn er nachweisen kann, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach DBA vorliegen und diese nicht antragsabhängig ist (BFH 157, 142 = BStBl 1989 II, 755 mwN). Anders ist es aber, wenn die Befreiung nach dem DBA in Sonderfällen antragsabhängig ist, wie beim DBA mit > Frankreich (Art 25b Abs 1 DBA; hierzu BFH 183, 30 = BStBl 1997 II, 660), Art XVIII A Abs 4 des alten DBA 1964/1970 mit > Großbritannien und Nordirland, > Italien Rz 6 (Art 29 Abs 1 DBA) und den USA (> Vereinigte Staaten von Amerika; Art 29 Abs 2 DBA). Ergänzend > Lohnsteuerabzugsmerkmale Rz 21.
Rz. 329
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Unterwirft der ArbG Teile des Arbeitslohns dem LSt-Abzug, obwohl Deutschland kein Besteuerungsrecht oder obwohl das FA eine ‚Freistellung mitgeteilt’ hat, werden dem ArbN die überhöhten Steuerabzüge vom FA erstattet. Weil idR erst bei der Veranlagung endgültig über die Freistellung des Arbeitslohns entschieden wird (> Rz 331), ist vor allem das > Wohnsitz-Finanzamt des ArbN berufen, die freizustellenden Einkünfte entsprechend niedriger anzusetzen. Alternativ kann der ArbN bereits während des noch laufenden Kalenderjahres eine Erstattung beim > Betriebsstätten-Finanzamt des ArbG beantragen (zur analogen Anwendung des § 50c Abs 3 Satz 1 EStG = § 50d Abs 1 Satz 2 EStG aF > Erstattung von Lohnsteuer Rz 24); auch dann wird das FA uE erst anhand der ihm vorzulegenden Lohnnachweise über die Freistellung endgültig entscheiden. Der Erstattungsantrag kann gestellt werden, soweit für die entsprechenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht bereits eine Veranlagung nach § 50 Abs 2 Satz 2 Nr 4 Buchst b iVm Satz 7 EStG beantragt worden ist oder es sich um eine Pflichtveranlagung handelt. Gff sind für den Antrag besondere formelle Anforderungen (zB Fristen), die in den jeweiligen DBA geregelt sind, zu beachten (vgl etwa BMF vom 25.06.2012, BStBl 2012 I, 692 zum DB...