1. Allgemeines
Rz. 336
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
§ 50d EStG regelt unter seiner Überschrift "Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung" mehrere Besonderheiten im Fall von DBA. Der Paragraph hat sich zu einer nicht systematisch gegliederten und mittlerweile häufig angepassten Sammelstelle nationaler Vorschriften entwickelt, mit denen Deutschland einseitig eine Freistellung versagt, ggf lediglich die ausländische Steuer angerechnet oder die Freistellung an im DBA selbst nicht enthaltene, zusätzliche Voraussetzungen (zB Nachweispflichten) knüpft. Teilweise überschreibt oder verdrängt § 50d EStG nach Art eines ‚treaty override’ (> Rz 16) das konkrete DBA. Für ArbN relevante Regelungen finden sich vor allem in den nachfolgend besprochenen Abs 7 bis 10 und 12.
Rz. 337
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Enthält das konkrete DBA einschlägige eigene Vorschriften zur Einschränkung abkommensrechtlicher Entlastungen wie Rückfall- (> Rz 60 ff), "Remittance-base"- (> Rz 56 ff) oder "Switch-over"-Klauseln (> Rz 50 ff), so gehen diese idR den nationalen Regelungen des § 50d EStG sowie auch der allgemeinen Missbrauchsvorschrift des § 42 AO (> Steuerumgehung) vor (BFH 220, 244 = BStBl 2008 II, 619).
Rz. 338
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Randziffer einstweilen frei.
2. § 50d Abs 7 EStG (zur Kassenstaatsklausel)
Rz. 339
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
§ 50d Abs 7 EStG (vormals § 50d Abs 4 EStG) ist durch das JStG 1997 (BGBl 1996 I, 2049) in das EStG eingefügt worden, nachdem BFH 165, 392 = HFR 1992, 168 entschieden hatte, dass die Kassenstaatsklausel (> Rz 191 ff) bei > Arbeitslohn aus öffentlichen Kassen nicht anzuwenden ist, wenn die > Öffentliche Kasse nur Zahlungen für einen ArbG leistet, der selbst nicht zu den in der Kassenstaatsklausel genannten > Juristische Person gehört. Dies entspricht dem Wortlaut des OECD-MA, der darauf abstellt, dass die Dienste des ArbN gegenüber der Körperschaft der öffentlichen Kasse erbracht werden (> Rz 191). Nach Auffassung der deutschen FinVerw umfasst die Kassenstaatsklausel aber auch mittelbare Beschäftigungsverhältnisse mit der öffentlichen Hand wie die Gehälter an ins > Ausland Rz 1 entsandte Bedienstete des > Goethe Institut, des > Deutscher Akademischer Auslandsdienst und ähnlicher > Staatsnahe Einrichtungen sowie der > Auslandslehrer, die an Schulen im Ausland in eigener Trägerschaft tätig sind.
Rz. 340
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Die Regelung enthält eine – allerdings auf die > Beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst b EStG (dazu > Inländische Einkünfte Rz 6) verengte – verbindliche gesetzliche Auslegung der Kassenstaatsklausel (> Rz 191). Damit ist die Verwaltungsauffassung für diesen Personenkreis innerstaatliches Recht geworden. Sofern die von Deutschland abgeschlossenen DBA – abweichend vom OECD-MA – (bereits) eine entsprechende Regelung enthalten, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung (deklaratorischer Charakter). In anderen Fällen handelt es sich um eine (konstitutive) Vertragsverletzung iS eines treaty override (> Rz 16). Die Bundesregierung hat jedoch iRd Gesetzgebungsverfahrens zum JStG 1997 angekündigt, bei Neuabschluss und Revisionen von DBA in diese ausdrückliche Regelungen aufzunehmen, wonach Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht auch bei mittelbaren Beschäftigungsverhältnissen mit der öffentlichen Hand zusteht (vgl BT-Drs 13/5952 S 49f). Zum Anwendungsbereich vgl SenFin BN vom 24.07.2006, DB 2006, 2153.
Rz. 341
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Die Fiktion des § 50d Abs 7 EStG ist nur anzuwenden, wenn die Zahlungen an den ArbN ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Kassen erbracht werden. Dies bedeutet, dass die Leistungen mindestens zu 75 % aus inländischen öffentlichen Kassen stammen müssen (vgl BFH 261, 393 = BStBl 2019 II, 671).
Rz. 342
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Randziffer einstweilen frei.
3. § 50d Abs 8 EStG (Nachweis bei Arbeitnehmer-Einkünften)
Rz. 343
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Die durch das StÄndG 2003 (BGBl 2003 I, 2645) eingefügte Vorschrift soll verhindern, dass in Deutschland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aufgrund eines DBA freigestellt werden, wenn der ausländische Staat zwar das Besteuerungsrecht hat, dieses jedoch nicht ausübt, weil er von den Einkünften keine Kenntnis hat, weil sie zB vom Stpfl nicht erklärt wurden. Es handelt sich somit um eine Treaty-override-Regelung (> Rz 16). Diese ist aber nur anzuwenden, wenn das DBA keine eigene Klausel enthält, die das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückweist, falls der andere Staat von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht. Darauf, ob Deutschland auch der Ansässigkeitsstaat iSd DBA ist, kommt es jedoch nicht an (BFH/NV 2016, 1453 = IStR 2016, 815). Durch neue DBA, die keine Rückfallklausel enthalten, wird § 50d Abs 8 EStG nicht überschrieben, sodass die Regelung vielmehr auch auf diese Abkommen anzuwenden ist (vgl BFH 254, 33 = BStBl 2017 II, 1185; vgl auch > Rz 348).
Rz. 344
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
§ 50d Abs 8 EStG fordert von unbeschränkt steuerpflichtigen ArbN einen Nachweis darüber, dass entweder die Steuer bezahlt wurde, oder dass der ausländische Staat bewusst auf di...