Rz. 84
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 EStG nimmt die Benutzung einer Fähre nicht von der Anwendung der Entfernungspauschale aus. Das ist uE folgerichtig, weil die Fähre ein öffentliches Verkehrsmittel ist (> Rz 80). Da für die Ermittlung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung zugrunde zu legen ist (vgl § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 Satz 4 EStG, > Rz 60 ff), gilt das auch für eine Wegstrecke, die durch eine Fährverbindung überbrückt wird (so ebenfalls bei > Kraftfahrzeuggestellung Rz 32). Soweit die Benutzung der Fähre zumutbar erscheint und wirtschaftlich sinnvoll ist, ermittelt die FinVerw die maßgebende Entfernung nach der Straßenverbindung von der Wohnung bis zur ersten Tätigkeitsstätte, mindert diese allerdings um die von der Fähre überbrückte Teilstrecke. Die mit der Fähre selbst zurückgelegte Strecke ist also nicht Teil der maßgebenden Entfernung; anstelle der Entfernungspauschale können insoweit die tatsächlichen Fährkosten berücksichtigt werden (vgl BMF vom 18.11.2021, Tz 1.4 = Rz 13 und Tz 1.6 = Rz 22 Beispiel 9, BStBl 2021 I, 2315).
Beispiel 1:
Der ArbN A wohnt im rechtsrheinischen Rhöndorf und hat sein Büro im linksrheinischen Bad Godesberg. Für die Fahrt ins Büro mit seinem PKW benutzt A für den Rheinübergang die Fähre. Die über die Straße zurückzulegende Entfernung betrage insgesamt 12,5 km. Davon entfallen auf die mit der Fähre zurückgelegte Wegstrecke 0,6 km. Insgesamt ist von der Wegstrecke von (12,5–0,6 = 11,9, abgerundet =) 11 km auszugehen. Die Fährkosten werden neben der Entfernungspauschale von (11 km × 0,30 EUR =) 3,30 EUR je Arbeitstag berücksichtigt.
Rz. 84/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Stellungnahme: Bei der zusätzlichen Berücksichtigung von Fährkosten neben der Entfernungspauschale ist die FinVerw uE recht großzügig. Weil eine Fähre ein öffentliches Verkehrsmittel ist, können die für sie aufgewandten tatsächlichen Aufwendungen neben der Entfernungspauschale eigentlich nur insoweit berücksichtigt werden, als sie den Höchstbetrag von 4 500 EUR übersteigen (vgl § 9 Abs 2 Satz 2 EStG, > Rz 80 ff). Andererseits sollte die maßgebende Entfernung unter Einschluss der Fährstrecke ermittelt werden, denn zumindest bei einer Autofähre kann die Fährstrecke als Teil der "Straßenverbindung" angesehen werden.
UE schließt diese Regelung überdies nicht aus, dass ein ArbN die Entfernungspauschale für die weitere Straßenverbindung ohne Benutzung der Fähre in Anspruch nimmt, wenn er diese tatsächlich benutzt.
Beispiel 2:
Der ArbN B wohnt ebenfalls an einem Fluss und hat seine erste Tätigkeitsstätte auf der anderen Flussseite. Die Entfernung betrage über die nächstgelegene Brücke 60 km und bei Benutzung einer Autofähre 20 km. An 150 Tagen im Kalenderjahr benutzt der ArbN die Fähre und an 50 Arbeitstagen fährt er die längere Wegstrecke über die nächstgelegene Brücke. Die Fährstrecke beträgt 0,6 km, die Fährkosten 650 EUR jährlich.
Da die Entfernungspauschale arbeitstagbezogen zu ermitteln ist, sind für die Fahrt mit dem PKW an 70 Tagen 60 Entfernungs-km und für die Fahrt mit der Fähre an 150 Tagen 19 Entfernungs-km anzusetzen.
Bei 20 Arbeitstagen ergibt sich für B eine Entfernungspauschale
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für die "Brücken-Tage" von (20 km × 0,30 EUR × 50 Tage = 300 EUR und 40 km × 0,38 EUR × 50 Tage = 760 EUR) insgesamt 1 060 EUR; |
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für die Fähr-Tage von (19 km × 0,30 EUR × 150 Tage =) 855 EUR. |
Zusätzlich kann B die von ihm nachgewiesenen Fährkosten von 650 EUR als WK abziehen.
Insgesamt ergeben sich abzugsfähige WK von 2 565 EUR.