Rz. 62
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Grundsätzlich wird typisierend davon ausgegangen, dass die kürzeste Straßenverbindung auch der tatsächlich regelmäßig benutzten Wegstrecke entspricht. Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann der Ermittlung der Entfernung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom ArbN regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 Satz 4 HS 2 EStG; zur > Beweislast des Stpfl vgl EFG 2013, 1100 = DStRE 2013, 1414). Eine mögliche verkehrsgünstige, aber vom Stpfl nicht tatsächlich benutzte Straßenverbindung bleibt unberücksichtigt (BFH 236, 57 = BStBl 2012 II, 470).
Rz. 63
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
,Verkehrsgünstiger’ ist die Straßenverbindung idR, wenn der ArbN trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen die > Erste Tätigkeitsstätte idR schneller und pünktlicher erreicht. Es soll im Grundsatz darauf abgestellt werden, welche Straßenverbindung im Rahmen des Zumutbaren für den Stpfl benutzbar ist. Die allgemeinen Verkehrsverhältnisse und die städtebaulichen Planungen zur Vermeidung von innerstädtischen Verkehrsstauungen sind mit zu berücksichtigen. Werden die zur Ableitung der Verkehrsströme kilometermäßig längeren, aber zeitlich günstigeren Verkehrsverbindungen durch Schnellstraßen, Ring- oder Umgehungsstraßen vom Stpfl genutzt, sind diese Verhältnisse zu berücksichtigen (BFH 236, 65 = BStBl 2012 II, 520; BFH 236, 57 = BStBl 2012 II, 470). Die Benutzung einer längeren Strecke muss also zur Verkürzung der Fahrzeit führen, zB weil auf der kürzeren Strecke eine Großbaustelle längere Zeit den Verkehr behindert. Bezüglich der Zeitersparnis gibt es aber keine konkreten Vorgaben; eine Verkürzung von unter 10 % der benötigten Fahrzeit ist für sich allein nicht ‚verkehrsgünstiger’; im Einzelfall kommt es darauf an, ob sich "auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte" (vgl Rz 12 in BFH 236, 65 = BStBl 2012 II, 520).
‚Pünktlicher’ erreicht der ArbN seine erste Tätigkeitsstätte, wenn die Häufigkeit unvorhersehbarer Verkehrsstörungen geringer ist. Auch bei Vorhandensein einer Fährverbindung kann eine andere Route offensichtlich verkehrsgünstiger sein, wenn Wartezeiten, technische Schwierigkeiten oder die Witterung dazu Anlass geben (BFH 237, 446 = BStBl 2012 II, 802).
Rz. 63/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
‚Offensichtlich verkehrsgünstiger’ kann auch die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels sein, das nicht über die kürzeste, sondern über die verkehrsgünstigere Straßenverbindung geführt wird, wenn damit die Fahrzeit verkürzt wird (vgl BMF vom 21.11.2021, Tz 1.4 = Rz 12, BStBl 2021 I, 2315, > Anh 2 Entfernungspauschale).
Beispiel:
Ein ArbN fährt regelmäßig mit der Straßenbahn zur ersten Tätigkeitsstätte. Einschließlich der Fußwege und der Bahnstrecke beträgt die zurückgelegte Entfernung 15 km. Die kürzeste Straßenverbindung beträgt 10 km.
Weil der ArbN die für ihn verkehrsgünstigere Straßenbahn regelmäßig benutzt, ist der Ermittlung der Entfernungspauschale eine Entfernung von 15 km zugrunde zu legen.
Rz. 63/2
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Entsprechendes gilt uE für Wegstrecken ohne Straßen, zB die Strecke vom Festland zu einer Insel, die mit einer Fähre oder einem Motorboot zurückgelegt wird (vgl BFH 195, 323 = BStBl 2001 II, 575). Zu Besonderheiten bei Benutzung einer Fähre > Rz 84 f.
Rz. 64
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Die längere Wegstrecke muss der ArbN regelmäßig benutzen. Ein gelegentlicher Umweg zB infolge einer Straßensperre, eines einmaligen Verkehrsstaus oder wegen Schneefalls wird nicht begünstigt (vgl EFG 2013, 1100). Ebenso nicht ein Umweg bei privaten Besorgungen auf dem Weg zur Arbeit und zurück (> Rz 35 f). ‚Regelmäßig’ bedeutet uE nicht unbedingt, dass der ArbN die verkehrsgünstigere Wegstrecke während des gesamten VZ oder gar für die Dauer des Dienstverhältnisses benutzen muss. UE reicht es aus, wenn der ArbN zB für die Dauer einer Großbaustelle ständig die längere Wegstrecke benutzt. Er muss sie aber länger als nur "gelegentlich" benutzen, also zB arbeitstäglich für drei Monate, nicht aber für drei Arbeitstage. Als Kriterien für die Abgrenzung kommen uE neben dem Zeitfaktor eine von vornherein geplante abweichende Wahl der Wegstrecke in Betracht, die sich von einem der aktuellen Verkehrslage folgenden spontanen Umweg unterscheidet.
Rz. 64/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Benutzt der ArbN einen Firmenwagen für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte, kann er ggf eine längere Wegstrecke der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde legen, und zwar auch dann, wenn der ArbG für die Bewertung des geldwerten Vorteils aus der > Kraftfahrzeuggestellung Rz 32 nach § 8 Abs 2 Satz 3 EStG die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt hat (OFD Frankfurt vom 27.06.2006, DB 2006, 2091). Zur Benutzung einer Umwegstrecke aus Sicherheitsgründen > Kraftfahrzeuggestellung Rz 69.
Rz. 64/2
Stand: EL 135 – E...