1. Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Rz. 80
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird grundsätzlich nur die Entfernungspauschale angesetzt, die durch den Höchstbetrag von 4 500 EUR begrenzt wird – das gilt auch bei Benutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel (EFG 2014, 1183 = DStRE 2016, 129). Höhere Aufwendungen werden aber abgezogen, soweit die tatsächlichen Aufwendungen den als Entfernungspauschale errechneten Betrag übersteigen (§ 9 Abs 2 Satz 2 EStG).
Zum Inhalt des Begriffs > Öffentliche Verkehrsmittel; zur Benutzung eines Flugzeugs > Rz 71. Auch für Schwerbehinderte gelten Besonderheiten (> Rz 105 ff).
Rz. 81
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Der WK-Abzug ist (bei Bahnfahrten) nicht auf die preiswerteste Beförderungsklasse beschränkt, ggf kann der ArbN die Fahrtkosten für die von ihm benutzte 1. Klasse ansetzen. Der abziehbare Betrag wird nicht deshalb gekürzt, weil der ArbN eine mögliche Tarifermäßigung nicht genutzt hat. So werden dem Abzug nicht die Kosten einer Zeitkarte (Monats- oder Jahresfahrkarte) zugrunde gelegt, wenn der ArbN nachweist oder glaubhaft macht (allgemein > Glaubhaftmachung), dass er Einzelfahrscheine gelöst hat. Umgekehrt kann ein ArbN, der regelmäßig längere Strecken – auch bei doppelter Haushaltsführung (> Rz 103) – zurücklegt, die Aufwendungen für eine > Jahresnetzkarte oder > BahnCard 100 der jeweiligen Verkehrsgesellschaft (zB > Deutsche Bahn) abziehen, wenn dies wirtschaftlicher ist als der Erwerb von Einzelfahrkarten. Nebennutzungen und uE auch etwaige Zusatzleistungen des Tickets sind unschädlich; deshalb kann der ArbN die für die Teilstrecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erforderliche Fahrkarte ohne Kürzung der WK auch an Sonn- und Feiertagen oder für weitere private Fahrten benutzen; insoweit wird die eher theoretische Anwendbarkeit von § 12 Nr 1 Satz 2 EStG aus Vereinfachungsgründen ausgeschlossen.
Rz. 82
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Die besondere Regelung in § 9 Abs 2 Satz 2 EStG kommt grundsätzlich für längere Wegstrecken in Betracht, wenn anstelle der auf den Höchstbetrag des § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4 Satz 2 HS 1 EStG begrenzten Entfernungspauschale höhere tatsächliche Aufwendungen entstehen. Aufgrund der derzeitigen Kosten für eine deutschlandweit gültige > BahnCard 100 iHv unter 4 500 EUR in der zweiten Klasse (2023: 4 339 EUR) ist die Überschreitung des Höchstbetrags bei Fernpendlern, die mit der Bahn fahren, vergleichsweise selten, insbesondere in der ersten Klasse aber möglich (> Rz 82/1 Beispiel 1). Die Möglichkeit zum Abzug tatsächlicher Kosten wird aber auch dann praktisch, wenn öffentliche Verkehrsmittel für Kurzstrecken benutzt werden (> Rz 82/1 Beispiel 2). Der ArbN muss seine tatsächlichen Aufwendungen allerdings nachweisen oder glaubhaft machen (> Glaubhaftmachung), zB durch Vorlage der Fahrscheine beim FA. Vgl dazu > Rz 68.
Rz. 82/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Maßstab dafür, inwieweit die tatsächlichen Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel berücksichtigt werden dürfen, ist ein auf den Arbeitstag bezogener Vergleich dieser Aufwendungen mit dem für die gesamte Wegstrecke als individuelle Entfernungspauschale ermittelten Betrag (vgl § 9 Abs 2 Satz 2 EStG). Auf die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke kommt es nicht allein an (so bereits BT-Drs 14/4631). Verglichen werden also die für die Gesamtstrecke errechnete und ggf durch den Höchstbetrag begrenzte Entfernungspauschale und der tatsächliche Aufwand für öffentliche Verkehrsmittel.
Beispiel 1:
Der ArbN A wohnt in unmittelbarer Nähe von Bonn-Hbf und hat sein Büro in Essen. Er fährt arbeitstäglich von seiner Wohnung aus mit der Bahn von Bonn-Hbf nach Essen-Hbf und hat dann noch einen viertelstündigen Fußmarsch zum Büro. Nach Büroschluss kehrt er auf die gleiche Weise zu seiner Wohnung zurück. Die maßgebende Wegstrecke – einfache Entfernung – betrage 100 km. Davon werden 98 km mit der Bahn und 2 km zu Fuß zurückgelegt. A hat an 200 Arbeitstagen seine erste Tätigkeitsstätte in Essen aufgesucht. Das Bahnticket (> BahnCard 100 1. Klasse) kostet im Jahr 2023 jährlich 7 356 EUR. Seine Werbungskosten berechnen sich so:
Für die 100 Entfernungs-km ergibt sich ein Betrag von (20 km × 0,30 EUR × 200 Tage = 1 200 EUR und 80 km × 0,38 EUR × 200 Tage = 6 080 EUR) insgesamt 7 280 EUR. Unter Beachtung des Höchstbetrags beträgt die Entfernungspauschale 4 500 EUR.
Seine tatsächlichen Aufwendungen haben aber 7 356 EUR betragen. Dieser Betrag übersteigt den Höchstbetrag und wird als WK berücksichtigt.
Beispiel 2:
Der ArbN B wohnt in Hamburg am Bahnhof Dammtor. Sein Arbeitsplatz liegt in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Sternschanze. Die kürzeste Straßenverbindung betrage 1,9 km – abgerundet 1 km. B fährt an 220 Tagen mit der S-Bahn zu seinem Arbeitsplatz. Seine WK berechnen sich so:
Die Entfernungspauschale beträgt (1 km × 0,30 EUR × 220 Tage =) 66 EUR. Die Aufwendungen für die Monatskarte sollen 45 EUR betragen. Das sind im VZ (12 Monate × 45 EUR =) 540 EUR. Die tatsächlichen Aufwendungen übersteigen also ...