Rz. 88
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Eine Erstattung (> Rz 80) kommt in Betracht, wenn ein Sozialleistungsträger nur nachrangig zur Leistung verpflichtet ist und an den Berechtigten oder unmittelbar an das Kind Leistungen ohne Anrechnung des KiGs erbracht hat. § 74 Abs 2 EStG verweist auf die entsprechende Anwendung der §§ 102 bis 109, 111 bis 113 SGB X. Voraussetzung ist außerdem, dass die gewährten Leistungen mit dem KiG gleichartig sind, dh dieselbe Zweckbestimmung haben (vgl V 34.2 Abs 1 Satz 6ff DA-KG [> Rz 9/3]; BFH 204, 454 = BStBl 2004 II, 588; BFH/NV 2011, 1326; BFH 237, 145 = BStBl 2013 II, 19). Das KiG dient dazu, die allgemeinen Lebenshaltungskosten zu mindern und ist deshalb eine gleichartige Leistung wie die Hilfe zum Lebensunterhalt, das Bürgergeld nach § 19 SGB II und das Sozialgeld nach § 28 SGB II (BFH 238, 315 = BStBl 2013 II, 26). Das gilt auch für Leistungen nach dem AsylbLG (BFH 246, 298 = BStBl 2015 II, 145). Eine Erstattungspflicht besteht auch dann, wenn der Berechtigte Sozialleistungen bezogen hat, die nicht um das KiG gemindert worden sind (> Rz 89; BFH 239, 351 = BStBl 2014 II, 32, VerfB nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 16.07.2015 – 2 BvR 934/13). Keine Gleichartigkeit ist gegeben bei der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe für > Menschen mit Behinderungen.
Rz. 89
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Eine Erstattung nach § 74 Abs 2 EStG ist nur für Zeiträume in der Vergangenheit zulässig. Für aktuelle Anspruchszeiträume ist sie ausgeschlossen, weil der Leistungsträger das KiG unmittelbar auf seine Leistungen anrechnen kann. Hat nur eines von mehreren Kindern des Berechtigten Sozialleistungen erhalten, besteht der Erstattungsanspruch nur hinsichtlich des KiGs, das auf dieses Kind anteilig entfällt (Aufteilung nach Köpfen – EFG 2000, 1393; 2002, 1462). Wird aber KiG nach unterschiedlichen Vorschriften gezahlt, zB nach § 66 EStG und dem deutsch-türkischen Abkommen (> Rz 14/7, 42), ist dasjenige KiG maßgeblich, das für das Kind gezahlt wird, auf das sich der Erstattungsanspruch bezieht (BFH 231, 39 = BStBl 2013 II, 580).
Rz. 90
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Eine Erstattung nach § 74 Abs 2 EStG kommt ferner in Betracht, wenn einem Sozialleistungsträger oder einem Träger der Jugendhilfe ein Kostenbeitrag oder Aufwendungsersatz zusteht. Die Familienkasse hat in diesen Fällen kein > Ermessen (BFH/NV 2013, 921). In diesen Fällen kommt es weder auf die Nachrangigkeit noch die Gleichartigkeit der Leistungen an. In der Höhe ist der Anspruch begrenzt auf den Betrag, der gegenüber dem Berechtigten durch Bescheid als Kostenbeitrag festgesetzt worden ist (BFH 230, 299 = BStBl 2010 II, 1014). Zu Erstattungsansprüchen der Träger der Kriegsopferversorgung vgl V 34.2 Abs 2 Sätze 2f DA-KG (> Rz 9/3).