Rz. 1
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Stößt ein FA – oder sein beauftragter Prüfer – auf steuerliche Verhältnisse von Personen, die eine Überprüfung durch ein anderes FA angezeigt erscheinen lassen, teilen sich die beteiligten FÄ ihre Erkenntnisse behördenintern im Wege von schriftlichen Hinweisen mit, die als Kontrollmitteilungen (KM) bezeichnet werden. KM entstehen idR anlässlich von Außenprüfungen, seltener im innerbehördlichen Betrieb. Zunehmend gewinnen auch KM an das > Bundeszentralamt für Steuern oder unmittelbar an Steuerbehörden von Staaten an Bedeutung, mit denen ein solcher Austausch vereinbart ist (> Doppelbesteuerung Rz 9; vgl AEAO zu § 194). Zu Besonderheiten bei Auslandsbezug > Spontanauskunft.
Rz. 2
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Bei der Prüfung eines Betriebs darf das FA grundsätzlich auch die steuerlichen Verhältnisse Dritter in die Prüfung einbeziehen. Das gilt zumindest insoweit, als der "Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen; und dies gilt auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Personen gegenüber geltend zu machen sind" (§ 194 Abs 1 Satz 4 AO). Darüber hinaus können Leistungen an Gesellschafter oder an Mitglieder eines Aufsichts- oder Verwaltungsrats geprüft werden, wenn dies zweckmäßig ist (vgl § 194 Abs 2 AO). Und schließlich können auch Feststellungen ausgewertet werden, die für die Besteuerung weiterer Personen von Bedeutung sind (vgl § 194 Abs 3 AO). Auch KM aus Anlass von Bankenprüfungen sind, wenn keine legitimationsgeprüften Konten oder Depots betroffen sind, nach § 194 Abs 3 AO grundsätzlich ohne besonderen Anlass zulässig. Aus § 30a Abs 1 AO ergibt sich keine weitergehende Auswertungsbeschränkung (BFH 224, 1 = BStBl 2009 II, 509). Auch bei der Prüfung eines Steuerberaters sind KM nicht unzulässig (EFG 2006, 1216 = DB 2006, 1985). Was § 194 AO im Blick auf die allgemeine Betriebsprüfung vorgibt, ist grundsätzlich auch für Sonderprüfungen wie die Lohnsteuer-Außenprüfung (vgl § 42 f EStG) und die > Lohnsteuer-Nachschau (vgl § 42g EStG) von Bedeutung. Hier steht allerdings – anders als bei der allgemeinen Bp – die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse Dritter im Vordergrund, nämlich der ArbN und solcher Personen, bei denen es streitig ist, ob sie überhaupt ArbN sind (vgl § 42 f Abs 2 Satz 3 EStG; > Außenprüfung Rz 2 ff).
Rz. 3
Stand: EL 106 – ET: 06/2015
Im Zuge der > Außenprüfung Rz 42 ff wird der Prüfer ihm vorliegende KM auswerten und ggf seinerseits KM für andere beteiligte FÄ fertigen. Mit der Übersendung von Prüfungsmitteilungen an ein Wohnsitz-FA eines ArbN ist kein Änderungsantrag für die jeweils betroffenen Steuerfestsetzungen verbunden (EFG 2006, 946; BFH/NV 2007, 1689). KM kommen vor allem in Betracht, wenn der Prüfer auf unversteuerte Einnahmen von ArbN stößt, die weder im > Lohnkonto noch in der > Lohnsteuerbescheinigung enthalten sind und für die die Steuerabzüge nicht im Wege der > Haftung für Lohnsteuer vom ArbG, sondern die ESt im Wege der Nachversteuerung durch das für den ArbN zuständige FA erhoben wird (zu Einzelheiten > Außenprüfung Rz 75 ff). Stellt der Prüfer Leistungen an den > Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften fest, die eine vGA sein können, muss er mit einer KM dem für die KSt der KapGes zuständigen FA die Auswertung überlassen. Eine KM kommt zB außerdem in Betracht, wenn der geprüfte Betrieb als Dritter Arbeitslohn an betriebsfremde ArbN gezahlt und davon LSt einbehalten hat oder Leistungen an ArbN anderer Unternehmen – ggf auch innerhalb eines Konzerns – erbracht hat, die Arbeitslohn sein können, ohne dem LSt-Abzug zu unterliegen (> Lohnzahlung durch Dritte). Auch in den Fällen der ArbN-Überlassung (> Arbeitnehmerüberlassung) kann es gerechtfertigt sein, zur Sicherung der Besteuerung KM an das Betriebsstätten-FA des Verleihers zu schicken. Entsprechendes gilt für Entgelte an andere Personen, bei denen unklar ist, ob sie steuerlich als Unternehmer veranlagt werden oder nicht doch ArbN-Status haben, zB weil sie mutmaßlich nur für einen "Kunden" tätig sind und unternehmertypische Merkmale fehlen (> Arbeitnehmer Rz 9 ff, Rz 17 ff). Eine KM setzt nicht voraus, dass ein konkreter Anhaltspunkt für ein Unterbleiben der Besteuerung oder gar eine Steuerverkürzung erkennbar ist (> Straf- und Bußgeldverfahren).