Rz. 7
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Aufwendungen für die Strafverteidigung werden, wenn sie keine BA/WK sind (> Rz 5), dem Grunde nach nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen (AgB) anerkannt, wenn sie zwangsläufig entstehen; zum Grundsätzlichen > Rz 3. Prozesskosten sind nicht zwangsläufig, wenn sie wegen einer vorsätzlich schuldhaften Straftat entstehen (BFH 241, 355 = BStBl 2013 II, 806; BFH 245, 536 = BStBl 2014 II, 684).
Rz. 8
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Was idS bei einem Strafprozess ‚existenzgefährend’ ist (> Rz 3), wird im Einzelnen zu klären sein. UE gehört dazu – wie bisher – der Fall, dass der Stpfl in ein Strafverfahren hineingezogen wird, ohne dass ein staatlicher Strafanspruch besteht oder ein solcher gegen ihn durchgesetzt werden kann, also wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren eingestellt oder er freigesprochen wird. Dann entstehen ihm aber idR ohnehin keine unvermeidbaren Aufwendungen, weil er in diesen Fällen Kosten nur zu tragen hat, wenn sein schuldhaftes Verhalten für deren Entstehung ursächlich war (vgl § 467 StPO).
Rz. 8/1
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Keine AgB entstehen dem Stpfl bei einer Verurteilung, sondern nicht abziehbare Aufwendungen für die > Lebensführung (BFH 66, 267 = BStBl 1958 III, 105), weil die Prozesskosten aus der verübten Tat resultieren, die ihrerseits für den Stpfl nicht zwangsläufig war. Das gilt bei teilweiser Verurteilung auch dann, wenn der Stpfl wegen ein und derselben Handlung nach mehreren Vorschriften angeklagt worden ist (zB wegen Betrugs in Tateinheit mit Unterschlagung), er aber nur wegen Verstoßes gegen eine dieser Strafnormen verurteilt wird.
Rz. 8/2
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Keine AgB entstehen auch, wenn Eltern die Gerichtskosten für ihr verurteiltes Kind zahlen (BFH 113, 12 = BStBl 1974 II, 686). Aufwendungen von Eltern für die Strafverteidigung ihres volljährigen Kindes erwachsen regelmäßig nur dann aus sittlichen Gründen zwangsläufig, wenn es sich um ein innerlich noch nicht gefestigtes, erst heranwachsendes Kind handelt, dessen Verfehlung strafrechtlich noch nach dem Jugendstrafrecht geahndet werden kann (BFH 204, 113 = BStBl 2004 II, 267; Klarstellung zu BFH 161, 73 = BStBl 1990 II, 895). Ab dem VZ 2013 sind diese Aufwendungen nicht mehr als AgB zu berücksichtigen, weil die Rechtsänderung (> Rz 2/4) auch für Strafprozesse gilt (BFH vom 10.08.2022 – VI R 29/20, BFH/NV 2022, 1236). Bei Übernahme von Verfahrenskosten für entferntere Verwandte kommt eine Steuerermäßigung nicht in Betracht (BFH/NV 1992, 457), schon weil es an einer Bedrohung ihrer Existenzgrundlage fehlt. Übernimmt ein Kind Prozesskosten für einen Elternteil, mangelt es bereits an einer rechtlichen Verpflichtung.
Rz. 8/3
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Aufwendungen für die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens sind nicht zwangsläufig. Nach der strafrechtlichen Verurteilung steht es in der ungebundenen Entscheidung des Stpfl, das Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben; er wird in dieses Verfahren nicht wie in einen Strafprozess "hineingezogen" (BFH 176, 564 = BStBl 1995 II, 457; ablehnend auch BFH/NV 2002, 778 zum Wiederaufnahmeverfahren eines Verwandten). UE gibt es aber (seltene) Fälle, in denen eine Person objektiv zu Unrecht zu Haftstrafe oder Einweisung in eine psychiatrische Anstalt verurteilt worden ist und die Wiederaufnahme seines Verfahrens der Abwendung existenzieller Bedrohung dient.
Rz. 9
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Der Höhe nach können zwangläufig nur die nach den Vorschriften des Kostenrechts – vgl insbesondere das GKG und das RVG – erstattungsfähigen Aufwendungen sein. Auch die Vereinbarung eines über den Gebührensätzen des RVG liegenden Anwaltshonorars beruht regelmäßig auf dem freien Willen des Stpfl (BFH 219, 197 = BStBl 2008 II, 223). Bei einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs 2 StPO entstehen die Strafverteidigungskosten ebenfalls nicht zwangsläufig, weil der Stpfl aufgrund freier Entscheidung der Einstellung des Verfahrens zustimmt (BFH 179, 383 = BStBl 1996 II, 197).
Die Aufwendungen für eine Strafverteidigung in Steuersachen hat BFH 158, 356 = BStBl 1990 II, 20 nicht als > Steuerberatungskosten behandelt.