Rz. 1
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Die steuerlichen Nebenleistungen dienen – anders als > Steuern – nicht der Erzielung staatlicher Einnahmen, sondern dazu, eine nach dem Gesetz geschuldete Steuer festzusetzen und rechtzeitig zu erheben bzw im Falle der Zinsen, einen Ausgleich zu schaffen für verspätete Zahlungen oder Rückzahlungen. Sie sind in § 3 Abs 4 AO abschließend aufgezählt. Danach unterscheidet die AO ebenda die folgenden Nebenleistungen:
- Nr 1: Verzögerungsgelder (> Rz 2 ff),
- Nr 2: Verspätungszuschläge (> Verspätungszuschlag),
- Nr 3: Schätzungszuschläge (> Rz 9),
- Nr 3a: zu § 200a AO (Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen im Zuge der steuerlichen > Außenprüfung), konkret Mitwirkungsverzögerungsgelder nach dortigem Abs 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach Abs 3,
- Nr 4 und 8: Zinsen (> Rz 10),
- Nr 5: > Säumniszuschläge,
- Nr 6: Zwangsgelder (> Rz 11 ff und > Zwangsgeld),
- Nr 7: Kosten (> Rz 16),
- Nr 9: Verspätungsgelder (> Rz 17) und
- Nr 10: Kosten nach § 10 Abs 5 (Auskunftsantrag) und § 11 Abs 7 (Freistellungsantrag) des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes (Nr 10 hier insgesamt nicht kommentiert).
Rz. 2
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Das Verzögerungsgeld ist durch das JStG 2009 (BGBl 2008 I, 2794 = BStBl 2009 I, 74) neu eingeführt worden. Es ist eine Sanktion, die im Rahmen einer > Außenprüfung ua dann verhängt werden kann, wenn ein Stpfl seine Buchführung unzulässig ins > Ausland Rz 1 verlagert, seine Pflichten zur Einräumung eines Datenzugriffs (> Digitaler Datenzugriff) verletzt oder seinen > Mitwirkungspflichten nicht in angemessener Frist nachkommt. Im Rahmen einer > Lohnsteuer-Nachschau darf ein Verzögerungsgeld nicht festgesetzt werden. Das Verzögerungsgeld kann in Höhe von 2 500 EUR bis 250 000 EUR festgesetzt werden (vgl § 146 Abs 2c AO). Anders als beim > Zwangsgeld (> Rz 11) wird ein festgesetztes Verzögerungsgeld auch dann noch erhoben, wenn die verlangte Mitwirkung erbracht wird, denn es soll den Stpfl nicht nur zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten, sondern auch eine Pflichtverletzung sanktionieren (vgl BT-Drs 16/10189, S. 81).
Rz. 3
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> Mitwirkungspflichten des Stpfl bestehen grundsätzlich auch nach der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, diese dürfen aber nicht erzwungen werden. Deshalb muss auch die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes unterbleiben, wenn der Stpfl sich durch die geforderte Handlung selbst belasten würde (vgl FinMin SH vom 28.10.2010, HaufeIndex 2 646 328; "Nemo tenetur"-Grundsatz).
Rz. 4
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Vor der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes muss die FinBeh ihr > Ermessen dahingehend ausüben, ob es überhaupt und ggf in welche Höhe es angemessen ist, ein Verzögerungsgeld festzusetzen. Dabei darf das FA nicht davon ausgehen, dass jede Verletzung der > Mitwirkungspflichten – unabhängig davon, ob den Stpf ein > Verschulden trifft – stets zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds berechtigt (vgl BFH 239, 1 = BStBl 2013 II, 266). Zwar ist für die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes kein Verschulden erforderlich, § 146 Abs 2c AO bestimmt jedoch nicht, dass ein Verzögerungsgeld festzusetzen "ist" oder festgesetzt werden "sollte", sondern lässt dies nur zu ("kann festgesetzt werden"), legt es somit in das Ermessen der FinVerw.
Zu berücksichtigen ist bei der Ausübung des Ermessens zudem, ob der Stpfl, wenn auch verspätet, seinen Mitwirkungspflichten letztlich ganz oder teilweise nachgekommen ist (vgl EFG 2014, 698). Das Verhalten des Stpfl ist aber nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich auf die geforderte Mitwirkung seit dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Mitwirkung bezieht, ein früheres Verhalten, zB zur Verzögerung der > Außenprüfung hat außen vor zu bleiben. Andererseits ist in das Ermessen einzubeziehen, wenn über einen Antrag auf > Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung noch nicht bzw erst nach der Aufforderung zur Mitwirkung entschieden worden ist (vgl BFH 245, 499 = BStBl 2014 II, 819). Auch das mögliche Verhalten in der Zukunft, zB eine befürchtete Wiederholungsgefahr, darf die Ermessensentscheidung nicht beeinflussen (EFG 2019, 489).
Rz. 5
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Wird eine Mitwirkungspflicht auch nach der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes weiterhin nicht erfüllt, darf nicht erneut ein Verzögerungsgeld wegen desselben Sachverhalts festgesetzt werden (vgl AEAO zu § 146 Abs 2c).
Rz. 6
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes muss – anders als beim Zwangsgeld (> Rz 11) – nicht zuvor angedroht worden sein. Es ist auch nicht erforderlich, die verlangte Mitwirkung schriftlich einzufordern, wenngleich dies zur Verfahrensklarheit anzuraten ist.
Rz. 7
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Die Höhe des Verzögerungsgeldes mit dem Höchstbetrag von 250 000 EUR bezieht sich auf die jeweilige > Außenprüfung und nicht auf die einzelne (eingeforderte) Mitwirkungspflicht (EFG 2012, 898 = DStRE 2012, 706 als Erstinstanz zu BFH 239, 1 = BStBl 2013 II, 266).
Rz. 8
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Zuständig für die Fes...