Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Da die Steuerbelastung – besonders mit Ertragsteuern – in verschiedenen Ländern unterschiedlich hoch ist, besteht in Ländern mit freier Wirtschaftsverfassung die Tendenz, Einkommen in Länder mit niedriger Steuerbelastung zu verlagern. Dabei werden Staaten und Gebiete, die internationale Steuerstandards (zB zu einer etwaigen Mindestbesteuerung, zur > Amtshilfe oder zum Informationsaustausch; > Doppelbesteuerung Rz 103 ff) nicht erfüllen, als sog "Steueroasen" bezeichnet.
Bereits seit geraumer Zeit wurde und wird versucht, dem entgegenzuwirken, zB über das > Außensteuergesetz (noch immer instruktiv zur Thematik etwa der Sammelband Vogel/Ellis ua, Steueroasen und Außensteuergesetze, 1981) oder durch Regelungen in Artikelgesetzen wie dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz vom 29.07.2009 (BGBl 2009 I, 2302 = BStBl 2009 I, 826) oder dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23.06.2017 (BGBl 2017 I, 1682), ua durch erweiterte Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten oder Prüfungsbefugnisse (vgl zB §§ 90 Abs 3, 138b–c, 147a, 162 Abs 2 Satz 3, 193 Abs 2 Nr 3 AO).
Früher als Steueroasen geltende Staaten wie zB gar die > Schweiz haben sich zunehmend einer Kooperation geöffnet.
Auf Ebene der > Europäische Union haben sich die Mitgliedstaaten darauf verständigt, international verabredete Standards für Transparenz, faire Besteuerung und Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verschiebung (vgl BEPS-Projekt der > OECD; dazu zB > Doppelbesteuerung Rz 303) auch auf Hoheitsgebiete außerhalb der EU anzuwenden. Sofern ein Hoheitsgebiet diese Standards verfehlt und sich nicht zu entsprechenden Nachbesserungen verpflichtet hat, wird es auf die sog EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke gesetzt. Diese Liste ist erstmals im Dezember 2017 veröffentlicht worden und wird zweimal jährlich aktualisiert.
An eine Listung sind innerhalb der EU koordinierte Abwehrmaßnahmen geknüpft, die die nicht kooperativen Länder und Gebiete zur Einhaltung der festgelegten Standards bewegen sollen. Konkret wurde sich auf vier mögliche Maßnahmen verständigt: Versagung des Abzugs von > Betriebsausgaben, verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung, Quellenbesteuerung sowie Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen.
In Deutschland sind diese Abwehrmaßnahmen im Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb (Steueroasen-Abwehrgesetz – StAbwG) geregelt. Dieses nimmt über eine VO Bezug auf die vorgenannte Liste der EU.