Rz. 30
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Der III. Abschnitt des 8. Teils der AO enthält die Strafverfahrensvorschriften. Für das Strafverfahren wegen Steuerstraftaten gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrensrechts, vor allem die StPO, das GVG und das JGG.
Rz. 31
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Die Zuständigkeit der Finanzbehörden bei Steuerstraftaten regelt § 386 AO. Danach ermitteln die FinBeh (FA, BZSt, Familienkasse) bei Verdacht einer Steuerstraftat den Sachverhalt. Sie führen das Ermittlungsverfahren in den Grenzen des § 399 Abs 1 AO und der §§ 400, 401 AO selbständig durch, wenn die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat darstellt oder zugleich andere Strafgesetze verletzt und deren Verletzung Kirchensteuern oder andere öffentlich-rechtliche Abgaben betrifft, die an Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen; wegen der Kirchensteuer vgl aber > Rz 3. Die Weitergabe von Daten im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gegen einen Beamten an seinen Dienstherrn zur Prüfung disziplinarrechtlicher Maßnahmen ist möglich, auch wenn eine strafrechtliche Verfolgung wegen Eintritts der Verjährung oder einer wirksamen Selbstanzeige nicht eintritt (BFH/NV 2008, 636). Dem > Bundeszentralamt für Steuern obliegt die Unterstützung der FinBeh bei der Verhütung und Verfolgung von Steuerstraftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung sowie bei Anzeigen nach § 116 AO (vgl § 5 Abs 1 Nr 28 FinVerwG). Zur zwischenstaatlichen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen vgl BMF vom 16.11.2006, BStBl 2006 I, 698, sowie die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren – AStBV (St) 2016 (> Rz 2).
Rz. 32
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Zu den Aufgaben und Befugnissen der Steuerfahndung bei der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten vgl Küster, BB 1980, 1371; Wolter, BB 1981, 236; Zeller, DStZ 1982, 243; 293. Die Steuerfahndung kann sowohl im Steuerstraf- als auch im Besteuerungsverfahren tätig werden (BFH 147, 492 = BStBl 1987 II, 440). Andererseits darf auch eine > Außenprüfung ausschließlich zu dem Zweck angeordnet werden festzustellen, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind. Eine sich insoweit gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung besteht nicht (BFH 151, 324 = BStBl 1988 II, 113). Die Tatsache, dass gegen einen Stpfl ein Strafverfahren anhängig ist, steht der Durchführung einer Außenprüfung nicht entgegen. Zum Verhältnis von Steuer- und Strafverfahren vgl § 393 AO und BFH/NV 2010, 4. Zu den wesentlichen Rechten und Pflichten des Stpfl bei der Außenprüfung vgl Merkblatt der FinVerw, BStBl 2013 I, 1264.
Rz. 33
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Das Verfahren der FinBeh bei Steuerstraftaten regeln die §§ 399–401 AO. Führen die FinBeh das Ermittlungsverfahren gemäß § 386 Abs 2 AO selbständig durch, so nehmen sie die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren wahr. Das bedeutet, sie unterliegen dem Legalitätsprinzip und müssen wegen aller Steuerstraftaten einschreiten und den Sachverhalt erforschen, sobald sie vom Verdacht einer Steuerstraftat Kenntnis erhalten. Zur Behandlung von Ordnungswidrigkeiten > Rz 20 ff und > Rz 40, 41. Zu ausführlichen Einzelheiten vgl die AStBV (St) (> Rz 2).
Rz. 34
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Bei Verdacht einer Steuerstraftat (> Rz 5 ff) müssen die FinBeh das Strafverfahren einleiten. "Einleitung des Strafverfahrens" ist jede von der FinBeh, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, einer ihrer Hilfsbeamten oder von einem Strafrichter getroffene Maßnahme, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen (§ 397 AO). Stellt sich im Verlauf der Ermittlungen heraus, dass nur eine geringwertige Steuerverkürzung eingetreten ist, dh die Schuld des Täters gering ist, und besteht kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, so kann das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden (§ 398 AO). Ist das nicht möglich, kann bei Gericht ein Strafbefehl beantragt oder die Sache an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden (vgl § 400 AO).
Rz. 35
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Das gerichtliche Steuerstrafverfahren regeln die §§ 406, 407 AO. Haben die FinBeh den Erlass eines Strafbefehls beantragt, so nehmen sie nach § 406 AO die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft wahr, solange nicht nach § 408 Abs 2 StPO die Hauptverhandlung anberaumt oder ein Einspruch gegen den Strafbefehl erhoben ist. Für die Beteiligung der FinBeh in anderen Fällen bestimmt § 407 AO, dass das Gericht den FinBeh Gelegenheit gibt, die Gesichtspunkte vorzubringen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Das gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Verfahren einzustellen.
Rz. 36
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Eine Pflicht zur Bestellung eines Verteidigers im Steuerstrafverfahren besteht nicht. Als Wahlverteidiger kann anstatt eines Rechtsanwalts auch ein > Steuerberater oder ein anderer Angehöriger ...