Rz. 19
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Ein Trinkgeld muss "anlässlich" einer Arbeitsleistung gegeben werden, die der ArbN für den Dritten/Kunden erbringt. Es bezweckt idR eine besondere Anerkennung einer Dienstleistung in der Form eines kleineren Geldgeschenks als Ausdruck der Zufriedenheit des Kunden. Das setzt grundsätzlich ein Mindestmaß an persönlicher Beziehung zwischen Trinkgeldgeber und Trinkgeldnehmer voraus (BFH/NV 2009, 382).
Anlässlich bedeutet, dass der Dritte/Kunde mit der ihm gegenüber erbrachten Arbeits- oder Dienstleistung zufrieden ist und dies Anlass für das Geldgeschenk ist. Damit entsteht zwischen Dienstleister und Dritten faktisch eine persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung (BFH 224, 103 = BStBl 2009 II, 820). Die eigentliche – vom Anlass zu unterscheidende – Ursache für die vom ArbN zu erbringende Dienstleistung bleibt das zum ArbG bestehende Dienstverhältnis (> Rz 20).
Rz. 19/1
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Diese Arbeitsleistung muss aber nicht unbedingt der mit dem Kunden in persönlichen Kontakt tretende und das Trinkgeld in Empfang nehmende ArbN selbst erbracht haben. Die Empfänger müssen aber an einer bestimmten Arbeitsleistung beteiligte ArbN sein. So erbringt zB in einem Restaurant nicht nur das den Gast unmittelbar bedienende, sondern ggf auch das an der Zubereitung der Speisen beteiligte Küchenpersonal die Arbeitsleistung.
Beispiel 1:
Die ArbN eines Restaurationsbetriebs haben untereinander vereinbart, alle einkommenden Trinkgelder in eine gemeinsame Kasse abzuführen und deren Inhalt nach Absprache gemeinsam zu verwenden ("Freud- und Leidkasse") oder untereinander zu verteilen. Das Trinkgeld bleibt steuerfrei nach § 3 Nr 51 EStG.
Rz. 20
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Die Arbeitsleistung muss der ArbN – im Auftrag seines ArbG – für den Dritten erbringen. Ist ein Dritter nur mittelbar Nutznießer einer Arbeitsleistung, ist § 3 Nr 51 EStG uE nicht anwendbar.
Beispiel 2:
Die Eigner eines bisher als Familienunternehmen geführten Betriebs haben ihre Anteile mit erheblichem Gewinn verkauft und wollen sich mit einem an die Belegschaft zu verteilenden namhaften Betrag für den von den ArbN geschaffenen Wertzuwachs bedanken. § 3 Nr 51 EStG ist nicht anwendbar. Hier ist zudem zweifelhaft, ob es sich um der LSt unterliegenden Arbeitslohn oder eine der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung handelt. Ergänzend > Rz 14 ff.
Beispiel 3:
Dem Vorstandsmitglied einer AG ist es bei einem Übernahmeversuch einer anderen AG gelungen, durch geschicktes Vorgehen den Wert des Unternehmens zu steigern. Damit wird einem Großaktionär unerwartet Gelegenheit gegeben, seine Anteile mit erheblichem Gewinn zu veräußern. Aus Dankbarkeit will er demjenigen, dem er diesen Gewinn verdankt, mit einer zB als Bonus bezeichneten Sondervergütung in Höhe mehrerer Millionen Euro belohnen. Der Empfänger ist zwar ArbN der AG und erhält den Bonus als Vergütung für eine Beschäftigung iSv § 19 EStG (Arbeitslohn) von einem Dritten. Ein steuerfreies Trinkgeld ist dieser Bonus aber schon deshalb nicht, weil der Großaktionär von der gegenüber dem ArbG (der AG) erbrachten Leistung nur mittelbar profitiert hat.
Beispiel 4:
Auch eine freiwillige Sondervergütung von zwei Monatsgehältern, die eine Konzernmutter nach der Veräußerung ihrer Tochtergesellschaft deren ArbN zahlt, ist kein steuerfreies Trinkgeld iSv § 3 Nr 51 EStG (BFH 218, 122 = BStBl 2007 II, 712).
In diesen Beispielen kommt hinzu, dass die Zuwendungen nicht "zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist" (> Rz 21). Zum Beispiel 3 vgl auch > Rz 22.