1. Bedürftigkeit – Ermittlungsschema
Rz. 105
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Zur gesetzlichen Unterhaltspflicht iSv § 33a Abs 1 EStG gehört die ‚Bedürftigkeit’. Unterhaltsberechtigt ist nämlich nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (vgl § 1602 Abs 1 BGB). Auf der ‚Bedürftigkeit’ beruht wiederum die ‚Zwangsläufigkeit’, die seine Zuwendungen für den Stpfl nur in notwendigem und angemessenem Umfang zu AgB machen (vgl § 33 Abs 2 EStG; > Außergewöhnliche Belastungen Rz 40 ff).
Welcher Unterhaltsempfänger bedürftig ist, regelt § 33a Abs 1 EStG abschließend (BFH 214, 129 = BStBl 2007 II, 108 mwN): Das ist eine Person, der weniger als das > Existenzminimum zur Verfügung steht. § 33a EStG bemisst dieses typisierend mit dem Höchstbetrag (> Rz 110).
Rz. 106
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Auch Menschen in prekären Lebensumständen verfügen aber meist über zumindest geringe eigene Mittel. Diese vermindern – individuell – die Höchstbeträge. Wer mehr als nur geringe eigene Einkünfte erzielt oder wem Bezüge zufließen, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind (> Rz 115 ff), oder wer wenigstens ein geringes Vermögen hat (> Rz 140 ff), ist nicht oder nicht in vollem Umfang bedürftig. Deshalb werden die daraus zur Verfügung stehenden Beträge – bis auf einen anrechnungsfreien Betrag von 624 EUR – auf den Höchstbetrag angerechnet. Der Höchstbetrag und der anrechnungsfreie Betrag sind verfassungsgemäß (BFH 212, 195 = BStBl 2008 II, 16).
Rz. 107
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Ermittlungsschema für den individuellen – den maßgebenden – Höchstbetrag:
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Auszugehen ist von einem festen Höchstbetrag. Er wird um die individuellen Beiträge zur GKV/GPflV, soweit sie nicht als SA berücksichtigt werden, erhöht (> Rz 110 ff). |
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Der (erweiterte) Höchstbetrag ist individuell zu mindern um die eigenen Einkünfte und Bezüge – bis auf den anrechnungsfreien Betrag von 624 EUR (> Rz 119). Sind die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person mindestens so hoch wie der anrechnungsfreie Betrag und der Höchstbetrag (> Rz 110–112) zusammen (= Existenzminimum iSd § 33a Abs 1 EStG), so entfällt eine Steuerermäßigung. |
Beispiel 1:
Für das Kalenderjahr 2023 schließen eigene Einkünfte und Bezüge von (624 EUR anrechnungsfreier Betrag + 10 908 EUR Höchstbetrag =) 11 532 EUR – ggf zuzüglich der individuellen Beiträge zur GKV/GPflV des Unterstützten (> Rz 112) – eine Steuerermäßigung nach § 33a Abs 1 EStG aus;
für Kalenderjahre ab 2024 gilt dies für Einkünfte und Bezüge von (624 EUR anrechnungsfreier Betrag + 11 604 EUR Höchstbetrag =) 12 228 EUR – ggf zuzüglich der individuellen Beiträge zur GKV/GPflV des Unterstützten (> Rz 112).
Das gilt selbst dann, wenn der Stpfl zivilrechtlich zu höheren Unterhaltsleistungen verpflichtet ist (vgl BFH/NV 1997, 398).
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Der Höchstbetrag ist ggf außerdem zu mindern um anzurechnende Vermögenswerte (> Rz 140 ff). |
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Weiter ist zu berücksichtigen, ob der Stpfl das ganze Jahr hindurch Unterhalt geleistet hat oder nur für einzelne Monate (zeitanteilige Aufteilung der Beträge; > Rz 145 ff), sowie ob mehrere Stpfl den Empfänger unterstützt haben (Aufteilung nach Köpfen; > Rz 155 ff). |
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Schließlich wird der Abzug als AgB durch die Größe begrenzt, bis zu der der leistende Stpfl der Höhe nach zum Unterhalt verpflichtet ist. Zur Opfergrenze > Rz 160 ff. |
Beispiel 2:
Der nicht unvermögende Rentner R unterstützt 2023 seine 42 Jahre alte geschiedene Tochter T jeden Monat mit 200 EUR, also 2 400 EUR im VZ. T hat eine Teilzeitbeschäftigung mit einem Bruttolohn von 1 400 EUR monatlich, von dem an LSt 15,00 EUR sowie an Sozialabgaben 246,37 EUR – davon GKV 86,81 EUR + Zusatzbeitrag 10,70 EUR, GPflV 22,81 EUR – abgehen (Nettolohn 1 138,63 EUR). Außerdem erhält sie von ihrem früheren Ehegatten aufgrund einer Scheidungsfolgeregelung (> Ehescheidung) einen nicht besteuerbaren Betrag von monatlich 150 EUR. Der bei R zu berücksichtigende Betrag errechnet sich wie folgt:
Unterhaltsleistungen von R |
2 400,00 EUR |
Ungekürzter Höchstbetrag |
10 908,00 EUR |
erhöht um Beiträge zur GKV |
97,51 EUR |
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erhöht um Beiträge zur GPflV |
22,81 EUR |
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Zwischensumme |
120,32 EUR |
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Erhöhungsbetrag (12 × 120,32 EUR =) |
1 443,84 EUR |
maßgebender Höchstbetrag |
12 351,84 EUR |
Berechnung der Einkünfte von T |
16 800,00 EUR |
abzgl ArbN-Pauschbetrag |
1 230,00 EUR |
ergeben Einkünfte von insgesamt |
15 570,00 EUR |
Der Scheidungsausgleich führt zu Bezügen von |
1 800,00 EUR |
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abzgl Kostenpauschale |
180,00 EUR |
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ergeben Bezüge von insgesamt |
1 620,00 EUR |
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Summe Einkünfte und Bezüge |
17 190,00 EUR |
abzgl anrechnungsfreier Betrag |
624,00 EUR |
auf den Höchstbetrag anzurechnen |
16 566,00 EUR |
Der anzurechnende Betrag übersteigt den Höchstbetrag um |
4 214,16 EUR |
Die eigenen Mittel der T übersteigen das Existenzminimum und schließen eine Bedürftigkeit iSv § 33a EStG aus. Unterhaltsleistungen von R werden deshalb nicht nach § 33a EStG berücksichtigt. Zu einem weiteren Beispiel vgl H 33a EStH.
Rz. 108
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Stellungnahme: Diese Art der Trennung der Bedürftigen von den iSv § 33a EStG nicht Bedürftigen erscheint sehr...