Rz. 37
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
§ 46 Abs 2 Nr 1 EStG enthält zwei voneinander unabhängige Veranlagungstatbestände. Haben ArbN ein > Einkommen, das ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein LSt-Abzug vorgenommen worden ist (> Rz 25), so werden sie von Amts wegen veranlagt, wenn
Rz. 37/1
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oder
Rz. 37/2
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die positive Summe der Einkünfte und Leistungen, die dem > Progressionsvorbehalt unterliegen (§ 32b EStG; zu Einzelheiten > Rz 55), jeweils mehr als 410 EUR beträgt (§ 46 Abs 2 Nr 1 EStG). Zur Rechtsentwicklung > Rz 22. Die 410 EUR-Grenze wird bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern nicht verdoppelt; zu Einzelheiten > Rz 61 ff. |
Rz. 38
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Übersteigen die nicht dem LSt-Abzug unterliegenden steuerpflichtigen Einkünfte iSd > Rz 37/1 die (eine) > Freigrenze von 410 EUR oder übersteigen die steuerfreien, dem > Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte oder Leistungen iSd > Rz 37/2 die (andere) Freigrenze von 410 EUR, muss veranlagt werden.
Beispiel 1:
Der in Deutschland ansässige A ist Angestellter mit einem Jahresarbeitslohn von 35 000 EUR, der dem LSt-Abzug unterlegen hat. Außerdem hat A Einkünfte aus der Vermietung mehrerer Wohnhäuser in Höhe von 30 000 EUR und Einkünfte aus einer schriftstellerischen Tätigkeit in Höhe von 15 000 EUR. Da A Arbeitslohn bezogen hat, der dem LSt-Abzug unterlegen hat, und zusätzlich weitere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten von mehr als 410 EUR im VZ, wird A nach § 46 Abs 2 Nr 1 EStG zur ESt veranlagt.
Beispiel 2:
B ist in Bern (Schweiz) ansässig. Sie ist Geschäftsführerin mehrerer Unternehmen, von denen eines, eine GmbH, den Sitz in München hat. Um ihre Aufgaben besser vor Ort wahrnehmen zu können, hat sie ein Apartment in München angemietet und so einen (Neben-) Wohnsitz in Deutschland begründet. B ist deshalb hier unbeschränkt steuerpflichtig. Für ihre Bezüge als Geschäftsführerin, die sie von der GmbH erhält, hat Deutschland das Besteuerungsrecht (Art 15 Abs 4 DBA Schweiz); sie haben dem LSt-Abzug unterlegen. Ihre übrigen Einkünfte, die 410 EUR deutlich übersteigen, hat B in der Schweiz erzielt; sie unterliegen dem Progressionsvorbehalt (vgl § 32b Abs 1 Nr 3 EStG). Deshalb wird B vom FA in München nach § 46 Abs 2 Nr 1 EStG veranlagt.
Rz. 39
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Entsprechendes gilt selbstverständlich, wenn die Voraussetzungen beider Veranlagungstatbestände gegeben sind. Für die Prüfung der Voraussetzungen einer Veranlagung dürfen steuerpflichtige > Einkünfte nicht mit Einkünften oder Leistungen, die dem > Progressionsvorbehalt unterliegen, zusammengefasst werden. Die Regelung will die Veranlagung geringfügiger Nebeneinkünfte oder geringer, dem Progressionsvorbehalt unterliegender Bezüge vermeiden. Sie gilt unabhängig von der Höhe des > Einkommen.
Beispiel 3:
Dem in Dresden wohnenden ArbN C sind von dem ihm monatlich zufließenden Gehalt ordnungsgemäß die Steuerabzüge an LSt, KiSt und SolZ einbehalten worden. Als die Arbeit von C im Laufe des VZ die besondere Zufriedenheit eines Kunden gefunden hat, hat dieser ihm angeboten, eine kleine Zusatzarbeit auf eigene Rechnung zu übernehmen. Die Vergütung hat – nach Abzug um die beruflich veranlassten Aufwendungen – 380 EUR betragen. Außerdem hat C im VZ Krankengeld in Höhe von 300 EUR bezogen. Die gewerblichen Nebeneinkünfte sind nicht dem LSt-Abzug zu unterwerfen. Wegen dieser – unbesteuerten – Zusatzeinnahme muss C aber nicht zur ESt veranlagt werden, da die Nebeneinkünfte 410 EUR nicht übersteigen. Auch der Bezug des Krankengeldes, das dem Grunde nach dem Progressionsvorbehalt unterliegt, führt nicht zu einer Pflichtveranlagung, da auch insoweit die 410 EUR-Grenze nicht überschritten ist.
a) Steuerpflichtige Nebeneinkünfte
Rz. 40
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Die Summe der Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren, ist der Unterschiedsbetrag zwischen den positiven und negativen sog Nebeneinkünften.
Beispiel 4:
A, alleinstehend, hat im VZ folgende Einkünfte: |
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Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit |
30 000 EUR |
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit |
1 500 EUR |
Verlust aus Vermietung |
1 200 EUR |
Die Summe der Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren, beträgt (1 500 EUR – 1 200 EUR) |
300 EUR |
A wird nicht von Amts wegen veranlagt, weil die Summe ("der Saldo") der nicht der LSt zu unterwerfenden Nebeneinkünfte nicht mehr als 410 EUR beträgt.
A kann aber beim FA mit einer > Steuererklärung die Veranlagung nach § 46 Abs 2 Nr 8 EStG beantragen, damit seine > Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.
Rz. 41
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Der Betrag von 410 EUR ist eine > Freigrenze, kein Freibetrag. Übersteigt die...