Rz. 43
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Dem SA-Abzug von Versorgungsrenten liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt von Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen (vgl BFH 165, 225 = BStBl 1992 II, 78 mwN). Deshalb muss dem Stpfl eine existenzsichernde und Ertrag bringende Wirtschaftseinheit (> Rz 35 ff) übertragen worden sein, deren Erträge ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen (> Rz 52 ff). Es genügt nicht, wenn das übergebene Vermögen lediglich seiner Art nach existenzsichernd und Ertrag bringend sein kann, die tatsächlich erzielbaren laufenden Nettoerträge des übergebenen Vermögens jedoch die vereinbarten Geld- oder Sachleistungen nicht abdecken (BFH 202, 464 = BStBl 2004 II, 95 [GrS 1/00]). Auch der Verzicht eines Pflichtteilsberechtigten auf diesen Anspruch gegen Versorgungsleistungen ist nicht ausreichend (BFH/NV 2021, 304 = HFR 2021, 266). Ist dem Verpflichteten eine ausreichende Wirtschaftseinheit zu Lebzeiten übergeben worden, steht es dem SA-Abzug nicht entgegen, wenn der Begünstigte weiteres Vermögen des Übertragenden erbt (BFH 219, 160 = BStBl 2008 II, 123). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine vereinbarte Versorgungsrente aus den erzielbaren Nettoerträgen geleistet werden kann, sind uU mehrere zum selben Stichtag geschlossene Übergabeverträge als Einheit zu betrachten (BFH/NV 2017, 1453).
Rz. 44
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Existenzsichernd ist eine Wirtschaftseinheit, die grundsätzlich für eine generationsübergreifende dauerhafte Anlage geeignet und bestimmt ist und die Existenz der weichenden Generation wenigstens teilweise sichert (BFH 167, 375 = BStBl 1992 II, 609; BMF vom 11.03.2010, Rz 26 ff, BStBl 2010 I, 227); seit dem VZ 2008 kommen für Neuverträge allerdings nur die in § 10 Abs 1 Nr 1a Satz 2 und 3 EStG beschriebenen Wirtschaftseinheiten in Betracht. Zu Einzelheiten > Rz 35 ff; zur Übergangsregelung für Altverträge > Rz 80 ff. Die Übertragung des gesamten Vermögens ist nicht erforderlich (BFH/NV 1992, 513). Wirtschaftsüberlassungsverträge erfüllen nicht die Voraussetzungen von § 10 Abs 1a Nr 2 EStG, auch wenn sie als Vorstufe zur Hof- und Betriebsübertragung vereinbart werden (vgl BFH 246, 172 = BStBl 2014 II, 889). Die Zahlungen können in diesem Fall jedoch als > Betriebsausgaben berücksichtigt werden, wenn sie nicht oder nur in unbedeutendem Umfang auf privaten Umständen beruhen (vgl "Aufteilungsbeschluss" vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BFH 227,1 = BStBl 2010 II, 672). Bei Überlassungsverträgen zwischen Familienangehörigen ist durch Fremdvergleich zu klären, in welchem Umfang die Zahlungen wirtschaftlich durch den Betrieb veranlasst sind (BFH/NV 2015, 1572). Sind einzelne Vereinbarungen unter Fremden unüblich, führt dies nur dann dazu, den gesamten Vertrag steuerlich nicht anzuerkennen, wenn dies unter Berücksichtigung des Gesamtbildes geboten ist, weil die dem Fremdvergleich nicht standhaltenden vertraglichen Regelungen ein derartiges Gewicht zukommt (vgl BFH 242, 209 = BStBl 2013 II, 1015). Das ist nicht der Fall, wenn die Übernahme der Lebenshaltungskosten abgespalten und der Privatsphäre zugeordnet werden kann, ohne dass sich daraus Konsequenzen für die übrigen Regelungen ergeben. Die fremdüblichen Leistungen sind steuerlich zu berücksichtigen, sofern sie nicht so niedrig sind, dass sie nicht mehr als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung angesehen werden können (BFH 258, 444 = BStBl 2018 II, 461 und – im Wesentlichen inhaltsgleich – BFH/NV 2017, 1429).
Beispiel 1:
Der Vater (V) hat bisher einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt, der einen Verkehrswert von 250 000 EUR hat. Er überträgt diesen Betrieb auf seinen Sohn (S). S verpflichtet sich, an V auf dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen von monatlich 500 EUR zu zahlen. Die durchschnittlichen Erträge aus dem Betrieb belaufen sich auf 8 000 EUR im Jahr.
Das Vermögen wird innerhalb des gesetzlich erbberechtigten Personenkreises übertragen und der Betrieb ist eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit. Die vertragliche Vereinbarung zwischen V und S ist deshalb ein besonderer Verpflichtungsgrund (> Rz 20) iSv § 10 Abs 1a Nr 2 Satz 1 EStG. Da die Wirtschaftseinheit auch ausreichend Ertrag bringend ist, denn die Versorgungsleistungen (6 000 EUR) können in vollem Umfang aus den erwirtschafteten Erträgen (8 000 EUR) erbracht werden (> Rz 53), sind die wiederkehrenden Leistungen für S in vollem Umfang als SA abziehbar. V muss die erhaltenen Beträge in voller Höhe als wiederkehrende Versorgungsleistungen versteuern.
Rz. 45
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Nicht existenzsichernd ist dagegen ein Vermögensteil, das dem Übernehmer nicht zur Fortsetzung des Wirtschaftens überlassen wird. Hierzu gehören ertraglose Wirtschaftseinheiten. Deshalb waren bereits vor 2008 Vermögensgegenstände wie zB Bargeld, Hausrat, ein wertvoller Gebrauchsgegenstand, Kunstgegenstände, Sammlungen und unbebaute Grundst...