Rz. 60
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
War zunächst eine begünstigte unentgeltliche Vermögensübergabe gegeben, so endet grundsätzlich der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der Vermögensübergabe, wenn der Stpfl zu einem späteren Zeitpunkt das übernommene Vermögen veräußert. Die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen des Stpfl dürfen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als dauernde Lasten abgezogen werden (BFH 181, 72 = BStBl 1997 II, 315; BFH 186, 280 = BStBl 2002 II, 646; BFH/NV 2015, 174 = HFR 2015, 224 mwN; BMF vom 11.03.2010, Rz 37 ff, BStBl 2010 I, 227). Für Vermögensübertragungen vor 2008 gilt eine Ausnahme (vgl BMF aaO, Rz 88 sowie BFH 229, 163 = BStBl 2011 II, 622), allerdings müssen mit dem Reinvestitionsgut genügend Nettoerträge erwirtschaftet werden, um die Versorgungsleistungen zu decken (BFH 229, 163 = BStBl 2011 II, 622; BFH 231, 510 = BStBl 2011 II 633; FG SH vom 29.11.2018 – 4 K 44/17, HaufeIndex 12 482 156).
Nicht mehr abziehbare Leistungen gehören beim Übergeber auch nicht mehr zu den wiederkehrenden Bezügen iSv § 22 Nr 1b EStG (Gedanke der Korrespondenz; siehe auch > Rz 73, 108 ff [110]); sie werden ab diesem Zeitpunkt als nicht abziehbarer Unterhalt iSv § 12 Nr 2 EStG behandelt (BFH 205, 285 = BStBl 2004 II, 830, 881; vgl Paus, DStZ 2005, 31).
Beispiel 1:
Der Vater (V) hält in seinem Vermögen eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit iSv §§ 13, 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 oder des § 18 Abs 1 EStG ausübt (> Rz 35 ff). Er überträgt seinen drei Töchtern jeweils ein Drittel an dieser Beteiligung. Die Töchter sagen ihrem Vater auf dessen Lebenszeit die Zahlung von wertgesicherten Unterhaltsleistungen iHv monatlich 1 500 EUR zu. Bald nach der Übertragung verkaufen die Töchter ihre Beteiligung. Den Veräußerungserlös verwenden sie zur Rückführung von Verbindlichkeiten, den Rest des Geldes belassen sie erst einmal auf ihrem Bankkonto, weil die Anschaffung eines neuen PKW oder anderer Konsumgüter oder eine aufwendige Instandhaltung der Wohnung ansteht.
Die Anlage auf dem Bankkonto ist keine begünstigte existenzsichernde Wirtschaftseinheit (> Rz 35 ff, 46), sodass zwischen Vermögensübergabe und den wiederkehrenden Leistungen kein sachlicher Zusammenhang mehr besteht. Die wiederkehrenden Leistungen sind keine SA, weil die Wirtschaftseinheit nicht beibehalten wird. Die Leistungen sind nicht abziehbare Zuwendungen (§ 12 Nr 2 EStG); bei V werden sie nicht als wiederkehrende Bezüge besteuert.
Rz. 61
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Die wiederkehrenden Leistungen bleiben hingegen begünstigt, wenn der Stpfl die übernommenen begünstigten Vermögensteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weiter überträgt – unabhängig davon, ob daneben noch Leistungen vereinbart werden, die zu Anschaffungskosten oder zu einem Veräußerungserlös führen (vgl BMF vom 11.03.2010, Rz 38, BStBl 2010 I, 227; > Rz 25).
Beispiel 2:
Der Vater (V) übergab im Jahre 2000 seinen bislang als Einzelunternehmen geführten Betrieb aus Altersgründen an seinen Sohn (S). S hat sich verpflichtet, V lebenslänglich eine Versorgung in Höhe von monatlich 5 000 EUR zu zahlen. S überträgt im Jahre 2021 das Einzelunternehmen im Hinblick auf die Generationennachfolge an seinen Sohn, den Enkel E des V; S soll hierfür von E lebenslang monatlich 8 000 EUR erhalten. S bleibt weiterhin mit der Verpflichtung zur Versorgung seines inzwischen 86jährigen Vaters verpflichtet, die zwischenzeitlich in steuerlich anzuerkennender Weise auf 8 000 EUR monatlich angepasst worden ist.
Die monatliche Versorgung von V bleibt für S auch nach ihrer Anpassung in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar. Damit korrespondierend muss V die von S erhaltenen monatlichen Leistungen als > Sonstige Einkünfte versteuern; S muss seinerseits die ihm von E gezahlten Versorgungsleistungen entsprechend versteuern.
Ebenso wird verfahren, wenn Teile des übernommenen Vermögens auf Dritte übertragen werden, dem Stpfl aber eine ausreichend Ertrag bringende Wirtschaftseinheit verbleibt (BMF aaO, Rz 40).
Rz. 62
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Erwirbt der Stpfl nach Veräußerung der ihm übertragenen Wirtschaftseinheit mit dem Erlös zeitnah eine andere existenzsichernde und ausreichend Ertrag bringende begünstigte Wirtschaftseinheit oder stellt er eine solche her, bleiben die wiederkehrenden Leistungen an den Übergeber ebenfalls weiterhin begünstigte Versorgungsleistungen. Dies gilt auch, wenn nicht der gesamte Erlös wieder investiert wird, die Versorgungsleistungen aber durch die Erträge aus der neuen Wirtschaftseinheit abgedeckt werden. Reicht der gesamte Veräußerungserlös zur Anschaffung oder Herstellung der neuen Wirtschaftseinheit nicht aus und müssen zusätzlich eigene Mittel investiert werden, bleiben die wiederkehrenden Leistungen weiterhin begünstigt, wenn der auf den reinvestierten Veräußerungserlös entfallende Anteil an den Erträgen die vereinbarten Versorgungsleistungen abdeckt (vgl BMF aaO, Rz 41).
Rz. 63, 64
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Randziffern einstweilen frei.