Rz. 6

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Die ‚Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen’ hat eine lange Historie (zu Einzelheiten vgl BFH 165, 225 = BStBl 1992 II, 78; Spiegelberger, DStR 2007, 1277 mwN). Sie geht zurück auf eine langjährige Rechtsprechung, die es für geboten hielt, bei einer vorweggenommenen Erbfolge die finanzielle Absicherung der weichenden Generation bei Übergabe von Vermögen ‚mit warmen Händen’ innerhalb einer Familie mit steuerlichen Maßnahmen zu ermöglichen. Die Regelung steht insoweit in einem Spannungsverhältnis zu schenkungssteuerlichen Vorgängen (vgl Röder, DB 2008, 146). Entscheidend hat der BFH GrS mit diesbezüglichen Beschlüssen zur Ausgestaltung des Rechtsinstituts Versorgungsleistungen aus einer Vermögensübertragung (Versorgungsrente) beigetragen (vgl BFH 161, 317 = BStBl 1990 II, 847 [GrS 4–6/89]; BFH 202, 464 = BStBl 2004 II, 95 [GrS 1/00]). Die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze hat die FinVerw im sog Rentenerlass aufgearbeitet (vgl BMF vom 16.09.2004, BStBl 2004 I, 922; aktuelle Fassung > Rz 5 aE).

 

Rz. 7

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Mit dem JStG 2008 vom 20.12.2007 (BGBl 2007 I, 3150 = BStBl 2008 I, 218) hat der Gesetzgeber – einer Anregung des BRH folgend – das Rechtsinstitut der Versorgungsrente auf seinen Kernbereich zurückgeführt, nämlich die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen und anderen Betrieben (vgl Knebel/Spahn/Plenker, DB 2007, 2733 unter IV; Neufang, Stbg 2007, 592; Spiegelberger, DB 2008, 1063; Wälzholz, DStR 2008, 273). Ursächlich dafür war eine von der Rechtsprechung zugelassene, vom Gesetzgeber jedoch nicht gewollte Erweiterung ihres Anwendungsbereichs auf die Übertragung von Geldvermögen, Wertpapieren, typischen stillen Beteiligungen und selbst genutztem Wohneigentum (vgl BFH 202, 464 aaO; BFH 209, 302 = BStBl 2007 II, 103 – dazu > Nichtanwendungserlass vom 19.01.2007, BStBl 2007 I, 188). Die Auslegung durch die Rechtsprechung ging dem Gesetzgeber zu weit, weil er nur die Erhaltung und Sicherung von familiär geführten Betrieben als Garanten von Arbeitsplätzen fördern will (BR-Drs 544/07). Mit dem neugefassten § 10 Abs 1 Nr 1a EStG idF des JStG 2008 wurde der richterrechtlich geprägte Begriff der Versorgungsrente, also deren tatbestandliche Voraussetzungen, selbst nicht gesetzlich geregelt, wohl aber die Rechtsfolgen, nämlich der Umfang des Abzugs als SA. Der Anwendungsbereich wurde deutlich eingeschränkt. Zu Einzelheiten > Rz 35 ff.

 

Rz. 8

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Zugleich hat der Gesetzgeber zur Steuervereinfachung beigetragen, indem er die Unterscheidung ‚Renten’ und ‚Dauernde Lasten’ aufgab (zur Abgrenzung > Rz 90 ff). Seitdem werden die Leistungen des Verpflichteten nach § 10 Abs 1 Nr 1a EStG (aF) in vollem Umfang als > Sonderausgaben abgezogen und beim Empfänger gemäß § 22 Satz 3 Nr 1b EStG (aF) als lebenslang wiederkehrende > Einkünfte aus ‚Versorgungsleistungen’ (> Sonstige Einkünfte) korrespondierend in vollem Umfang – und nicht (nur) mit einem Ertragsanteil – besteuert (> Renteneinkünfte Rz 70 ff [72]). Im Übrigen sind aber die Voraussetzungen für den SA-Abzug nahezu unverändert geblieben. Das betrifft ua das Gedankenmodell der unentgeltlichen Übergabe der Vermögenswerte gegen lebenslange Versorgungsleistungen (> Rz 18), den Generationenverbund (> Rz 15) und die Anknüpfung an eine Ertrag bringende Wirtschaftseinheit (> Rz 25 ff).

 

Rz. 9

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Übergangsregelung: Die einschränkende Regelung durch das JStG 2008 gilt für Vereinbarungen, die nach dem 31.12.2007 abgeschlossen worden sind (vgl § 52 Abs 18 Satz 1 EStG). Für Vereinbarungen, die vor dem 01.01.2008 abgeschlossen sind (Altverträge), gilt grundsätzlich Bestandsschutz, und zwar grundsätzlich für die volle Laufzeit der Altverträge (vgl > Rz 80 ff). Die Vermögenswerte selbst können auch nach diesem Stichtag übertragen worden sein; das gilt ebenso, wenn der Übergebende nach Vertragsabschluss aber vor Übergabe verstorben ist (glA Wälzholz, DStR 2009, 273). Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Rahmenbedingungen werden damit für Altverträge fortgeführt. BMF vom 16.09.2004, BStBl 2004 I, 922, ist weiter anwendbar. Dies gilt auch für vor dem 2008 geschlossene Wirtschaftsüberlassungsverträge und Pachtverträge, die als Wirtschaftsüberlassungsverträge anzusehen sind (BMF vom 11.03.2010, Rz 81, BStBl 2010 I, 227).

 

Rz. 10

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Ausgenommen vom Bestandsschutz sind allerdings Altverträge, wenn das übertragene Vermögen nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen (besonders eine Nettomiete oder Schuldzinsen) mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden (vgl BFH 202, 464 = BStBl 2004 II, 95 [GrS 1/00]); diese Fälle hatte bereits BMF vom 16.09.2004, Rz 21, BStBl 2004 I, 922, und BMF vom 19.01.2007, BStBl 2007 I, 188, ausgeschlossen (vgl § 52 Abs 18 Satz 2 EStG sowie BMF vom 11.03.2010, Rz 82, BStBl 2010 I,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge