Rz. 15
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Bei dem Wegfall der Leistung darf der Arbeitslohn nicht erhöht werden, weil dies ein Zeichen dafür wäre, dass keine zusätzliche Leistung gewollt war. Dieser Fall wird insbesondere dann relevant sein, wenn die zusätzliche Leistung bei der Begründung des Dienstverhältnisses vereinbart worden ist, denn anderenfalls dürfte bereits ein Fall der Herabsetzung von oder Anrechnung auf Arbeitslohn vorliegen.
Beispiel 2:
ArbN A beginnt ein Dienstverhältnis und vereinbart mit dem ArbG einen Arbeitslohn iHv 3 000 EUR und erhält aufgrund betrieblicher Übung zusätzlich 50 EUR für die Kindergartenbetreuung seines vier Jahre alten Kindes. Diese 50 EUR entfallen, sobald das Kind schulpflichtig ist. Würde der ArbG in diesem Zeitpunkt den Arbeitslohn um 50 EUR erhöhen, wäre dies ein Zeichen dafür, dass es sich nicht um zusätzlichen Arbeitslohn gehandelt hat.
Rz. 16
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
§ 8 Abs 4 Satz 1 Nr 4 EStG fordert jedoch nur, dass die Erhöhung des Arbeitslohns nicht bei Wegfall der Leistung erfolgen darf. Dies ist uE zu interpretieren als im zeitlichen Zusammenhang mit dem Wegfall, wobei ein Zeitraum von einigen Monaten denkbar ist.
Beispiel 3:
Wie im Beispiel 2 erhält der ArbN A einen Zuschuss zu den Aufwendungen für den Kindergarten, der wegfällt, als das Kind im August 2023 eingeschult wird. Zum 01.01.2024 erhöht der ArbG den Arbeitslohn für A, weil er die allgemeine Preissteigerung ausgleichen will. Auch wenn es sich um den gleichen Betrag handelt, liegt uE kein Fall des § 8 Abs 4 Satz 1 Nr 4 EStG vor.
Rz. 17
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Auch zufällige Arbeitslohnerhöhungen im Zeitpunkt des Wegfalls von zusätzlichen Leistungen des ArbG, zB eine allgemeine Erhöhung des Tariflohns, sollen uE von der Vorschrift nicht erfasst werden. Insofern hat die Formulierung "bei Wegfall" nicht nur eine zeitliche Komponente, sondern auch eine kausale. Schädlich ist eine Arbeitslohnerhöhung nur, wenn die vorgenommen wird, weil die zusätzliche Leistung entfallen ist.
Rz. 18
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Bei dem Arbeitslohn, der nicht erhöht werden darf, handelt es sich um den ohnehin zu zahlenden, also zweckfrei zu zahlenden Arbeitslohn. Dh beim Wegfall des begünstigten Arbeitslohns ist es unschädlich, wenn dafür ein anderer begünstigter Arbeitslohn gezahlt wird.
Beispiel 4:
Wie im Beispiel 3 erhält der ArbN A einen Zuschuss zu den Aufwendungen für den Kindergarten, der wegfällt, als das Kind im August 2023 eingeschult wird. Statt des Zuschusses für den Kindergarten zahlt der ArbG ihm ab 01.09.2023 einen Zuschuss zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Rz. 19
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Wird jedoch der nicht zweckgebundene Arbeitslohn erhöht, führt dies dazu, dass die zuvor begünstigten Leistungen des ArbG rückwirkend steuerpflichtig werden. Frühere Steuerfestsetzungen sind zu berichtigen (> Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten), sofern nicht die Festsetzungsverjährung (> Verjährung von Steueransprüchen Rz 5 ff) eingetreten ist. Wenn die Lohnerhöhung als rückwirkendes Ereignis iSv § 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu qualifizieren ist, beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Lohnerhöhung stattgefunden hat (vgl § 175 Abs 1 Satz 2 AO). Dadurch sind ArbG und ArbN im Zweifel erheblichen Risiken ausgesetzt.