Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbare Unrichtigkeit bei Übersehen eines Vordruckfeldes
Leitsatz (redaktionell)
- Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit in Form eines mechanischen Versehens liegt vor, wenn das Finanzamt bei der Gewährung von Eigenheimzulage für mehrere Anspruchsberechtigte abweichend von der eindeutigen Regelung des § 9 Abs. 2 S. 2 EigZulG einem Anspruchsberechtigten die volle Eigenheimzulage gewährt, obwohl aus dem Berechnungsbogen erkennbar ist, daß der Bearbeiter die tatsächlichen Verhältnisse zutreffend erkannt und rechtlich gewürdigt hat.
- Hat der Bedienstete bei der Bearbeitung eines Antrages im Anschluß an eine Eintragung eine weitere Eintragung nicht vorgenommen, obwohl die Vordruckgestaltung einen ausdrücklichen Verweis auf das Ausfüllen dieses Vordruckfeldes enthält, stellt dies bei Bestehen einer klaren Rechtslage regelmäßig eine offenbare Unrichtigkeit in Form des Übersehens eines Bearbeitungsvorgangs dar.
- Der Umstand, daß die Eigenheimzulage mehrmals gezahlt wurde, läßt keinen Rückschluß auf eine über die Bescheiderstellung hinausgehende, weitergehende Überprüfung der Tatbestandsmerkmale durch den Beklagten zu.
Normenkette
AO § 129 S. 1; EigZulG § 9 Abs. 2 S. 3
Streitjahr(e)
1996
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Änderungsmöglichkeit nach § 129 Abgabenordnung (AO) bezüglich eines Bescheides über Eigenheimzulage.
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 01.11.1996 einen 50%igen Miteigentumsanteil an dem im Jahre 1937 fertiggestellten Objekt ... in ... . Der Kaufpreis für das gesamte Objekt betrug ... DM. Der Übergang von Besitz, Nu.tzen und Lasten erfolgte am 01.12.1996.
Mit Antrag vom 03.01.1997 begehrte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahre 1996. Angesichts des bestehenden Miteigentums gab sie im Erklärungsvordruck den Anteil an der Bemessungsgrundlage mit ... DM an. Mit Schreiben vom 18.01.1997 teilte sie ergänzend mit, daß sie das Haus gemeinsam mit der Miterwerberin seit dem 01.12.1996 nutze.
Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 13.02.1997 die Eigenheimzulage für die Jahre 1996 bis 2003 auf jährlich 2.500 DM fest. Aus der zweiten Seite des Bescheides geht hervor, daß der Sachbearbeiter bei der Berechnung angesichts des 50%igen Miteigentumsanteils der Klägerin von einer Bemessungsgrundlage von ... DM (50% von ... DM) ausging.
Bei der Ermittlung des Fördergrundbetrages ermittelte der Sachbearbeiter zunächst zutreffend, daß 2,5% der Bemessungsgrundlage (... DM) einem Betrag von ... DM entspricht. Der sich rechts neben diesem Betrag befindliche Kasten weist auf den Höchstbetrag von 2.500 DM hin; ferner enthält er ein Feld, welches die vorzunehmende prozentuale Kürzung des Höchstbetrages von 2.500 DM bei Miteigentum betrifft. Das letztgenannte Feld wurde vom Sachbearbeiter nicht ausgefüllt. Rechts neben dem vorgenannten Kasten befindet sich ein weiterer Kasten, in dem der Sachbearbeiter als Ergebnis der Höchstbetragsberechnung einen Betrag von 2.500 DM einsetzte. Sämtliche Eintragungen auf dem Eigenheimzulagenbescheid erfolgten handschriftlich.
Anläßlich einer Aktenabgabe infolge Zuständigkeitswechsels innerhalb des Finanzamtes stellte dieses fest, daß im manuellen Berechnungsbogen zwar die Bemessungsgrundlage halbiert, aufgrund der unterlassenen Übertragung des Miteigentumsanteils zur Ermittlung der Eigenheimzulage diese jedoch statt mit 1.250 DM mit 2.500 DM festgesetzt worden war. Daraufhin erließ der Beklagte den nach § 129 AO berichtigten Bescheid über Eigenheimzulage ab 1996 vom 23.09.1998, wodurch für 1996 bis 2003 eine Eigenheimzulage in Höhe von jeweils 1.250 DM festgesetzt und ein Überzahlungsbetrag in Höhe von 3.750 DM zurückgefordert wurde.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung gemäß § 129 AO nicht vorlägen. Denn im Streitfall sei mehr als nur die theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Erstbescheides vom 13.02.1997 habe es keine gesicherte Auslegung der Vorschriften des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) gegeben. Der Sachbearbeiter des Finanzamtes sei daher auf seine eigene Gesetzesauslegung angewiesen gewesen. Dabei habe er mit Sicherheit auch die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 6 Satz 2 EigZulG gewürdigt. Zudem sei der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG bzgl. der sprachlichen Auslegung mißverständlich. Er lege die vom Sachbearbeiter im ursprünglichen Bescheid getroffene Auslegung nahe. Die jetzige Verwaltungsauslegung, wonach der Fördergrundbetrag von 2.500 DM ebenso wie die Anschaffungskosten des Hauses halbiert werden müsse, sei nicht zwingend. Diese Auslegung widerspreche sogar der Bestimmung des § 6 Abs. 2 Satz 1 EigZulG. Die im Bescheid vom 13.02.1997 festgesetzte Eigenheimzulage in Höhe von 2.500 DM sei rechtlich und rechnerisch zutreffend.
Die Klägerin beantragt,
den berichtigten Bescheid vom 23.09.1998 über die Eigenheimzulage 1996 bis 2003 in der Fassung der Einspruchsentsch...