Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbare Unrichtigkeit bei unvollständiger Ausfüllung des Eingabewertbogens
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO.
- Ob Fehler bei Eintragungen in Eingabewertbögen für die automatische Datenverarbeitung rein mechanische Versehen sind oder auf einem Rechts- oder Tatsachenirrtum beruhen können, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
- Fehler, die auf Irrtümern über den Ablauf des maschinellen Verfahrens, auf der Verwendung falscher Schlüsselzahlen oder auf dem Übersehen notwendiger Eintragungen beruhen, sind als mechanische Versehen zu beurteilen.
Normenkette
AO § 129
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Bescheid über Eigenheimzulage wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt werden durfte.
Die Kläger sind je zur ideellen Hälfte Miteigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in A. Aufgrund eines am 23. März 1999 gestellten Bauantrages erweiterten sie das Gebäude im Jahr 2000 mit einem Kostenaufwand von 38.645 DM. Seit dem 1. Dezember 2000 wird der Ausbau von ihnen zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
Mit einem am 26. Januar 2001 bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingegangenen Antrag beantragten sie für diese Erweiterung die Gewährung von Eigenheimzulage. Aus den Angaben auf Seite 2, Zeile 42, des Antragsvordrucks (Blatt 8 Rückseite der Heftung „Eigenheimzulage”) sowie dem in Ablichtung beigefügten Bauantrag (Bl. 1 bis 4 der Heftung „Eigenheimzulage”) geht hervor, dass die Zulage für die Erweiterung einer eigengenutzten Wohnung beantragt wird. Durch Bescheid vom 15. Februar 2001 setzte das FA Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage in Höhe von 4.933,00 DM für die Jahre 2000 bis 2006 und in Höhe von 4.114,00 DM für das Jahr 2007 fest. Die Eigenheimzulage wurde in der für Neubauten geltenden Höhe von 5 v.H. der Bemessungsgrundlage gewährt, weil es der Sachbearbeiter versäumt hatte, die für Ausbauten/Erweiterungen bei der Kennzahl 20.32 des Eingabewertbogens erforderliche Angabe (1 = Ausbau) vorzunehmen. Nachdem dieser Fehler durch einen Hinweis der Oberfinanzdirektion entdeckt worden war, erließ das FA am 4. Oktober 2004 einen nach § 129 der Abgabenordnung (AO) berichtigten Bescheid, durch den es die Eigenheimzulage für die Jahre 2000 bis 2003 auf 2.028,29 EUR (entsprechend 3.967 DM), für das Jahr 2004 auf 1.766,51 EUR (entsprechend 3.455 DM) und ab 2005 auf 0 EUR festsetzte. Den dagegen eingelegten Einspruch vom 11. Oktober 2004 wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 19. November 2004 als unbegründet zurück. Es vertrat die Ansicht, dass die Unterlassung der zur Kennzahl 20.32 erforderlichen Angabe nach den Umständen des Streitfalles nur auf einem mechanischen Versehen beruht haben könne. Die Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums sei auszuschließen.
Hiergegen richtet sich die am 20. Dezember 2004 erhobene Klage. Die Kläger machen geltend, dass sie im Antrag auf Eigenheimzulage zutreffende Angaben gemacht hätten und daher auf die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung hätten vertrauen dürfen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO lägen nicht vor. Aus der Begründung des FA ergebe sich nicht, dass die Möglichkeit eines Rechtsirrtums des Bearbeiters praktisch ausgeschlossen sei.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über Eigenheimzulage vom 4. Oktober 2004 und den dazu ergangenen Einspruchsbescheid vom 19. November 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der seinem Einspruchsbescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Kläger vom 25. Januar 2005 – Bl. 15 der FG-Akte – und des FA vom 17. Januar 2005 – Bl. 14 der FG-Akte –).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Das FA hat die Festsetzung der Eigenheimzulage zu Recht berichtigt.
Nach § 129 Satz 1 AO – der auch für Bescheide über Eigenheimzulage gilt (§ 15 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes – EigZulG –) – kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlaß eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. „Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten” sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen. Ist die mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums gegeben, liegt keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO vor (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –: vgl. z.B. Urteile vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BStBl. II 1984, 785; vom 28. November 1985 IV R 178/83, BStBl. II 1986, 293; vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BStBl. II 1998, 535).
Ob Fehler bei Eintragungen in Eingabewertbögen für die automatische Datenverarbeitung rein mechanische Versehen sind oder auf einem Rechts- oder Tatsachenirrtum beruhen können, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (BFH-Urteile vom 4. Juni 1986 IX ...