Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Fahrtkosten Körperbehinderter als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Bestimmung eines angemessenen Rahmens für die Berücksichtigung von Fahrtkosten eines Körperbehinderten ist die jährliche Fahrleistung grundsätzlich auf 15.000 Kilometer zu begrenzen und mit den in den Lohnsteuerrichtlinien festgesetzten Pauschsätzen (hier: 0,52 DM pro Kilometer) anzusetzen.
2. Beträgt die nachgewiesenen Fahrleistung erheblich weniger als 15.000 km ist die Anerkennung eines über den Pauschsätzen liegenden Aufwands gerechtfertigt.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger unter anderem Fahrtkosten in Höhe von 11.659,60 DM für ihre behinderte Tochter als außergewöhnliche Belastungen steuerlich zu berücksichtigen. Daraus ergaben sich Kosten pro gefahrenem Kilometer von 2,91 DM.
Die Kläger legten ein Fahrtenbuch, wonach im Streitjahr mit dem Fahrzeug insgesamt 4.065 Kilometer gefahren worden sind. Die Kläger besitzen zwei Fahrzeuge, da der Kläger das andere Fahrzeug als Feuerwehrbeamter durch Schichtdienst und Alarmbereitschaft bedingt für berufliche Zweck benötigt. Das von der behinderten Tochter genutzte Fahrzeug ist aufgrund seiner Zweckbestimmung von der Kraftfahrzeugsteuer befreit.
Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 15.07.1999 die Fahrtkosten lediglich pro gefahrenem Kilometer mit 0,52 DM und legte 4.000 Fahrtkilometer zugrunde. Ein höher Aufwand als 0,52 DM je Kilometer sei unangemessen.
Hiergegen haben die Kläger zunächst Einspruch eingelegt und im Verlauf des Einspruchverfahrens die Gesamtkosten des von der behinderten Tochter genutzten Pkws durch Änderung der Abschreibung oder der Finanzierungskosten auf insgesamt 5.747,03 DM reduziert, wodurch sich die Kosten pro gefahrenem Kilometer nunmehr auf 1,41 DM beliefen. Der Beklagte hat in seiner Einspruchsentscheidung vom 06.01.2000 den Einspruch der Kläger als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben. Nach Auffassung der Klägerseite ist die Ansicht des Beklagten, dass ein höher Ansatz als 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer nicht angemessen sei, nicht im Einklang mit der Rechtslage. Der Beklagte stütze dabei seine Rechtsauffassung lediglich auf Verwaltungsvorschriften. Sofern jedoch - wie im Streitfall - eine deutlich unter der durchschnittlichen Fahrleistung aller Pkws liegende Jahreskilometerleistung vorliege, könne von einem angemessen Ansatz von 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer nicht mehr automatisch ausgegangen werden.
Der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil vom 26.03.1977 (III R 71/96) nicht ausgeschlossen, dass z. B. eine geringe Fahrleistung ein außergewöhnlicher Umstand sei, der eine Überschreitung des Pauschbetrages rechtfertigen könnte. Im vorliegenden Fall betrage die jährliche Kilometerleistung lediglich 27,1 % der von der Rechtsprechung als angemessen angesehen Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 18. April 2000 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 15.07.1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 06.01.2000 mit der Maßgabe zu ändern, dass Fahrtkosten für die Tochter der Kläger in Höhe von 1,41 DM pro gefahrenem Kilometer steuerlich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass entsprechend den bestehenden Verwaltungsanweisungen im Streitfall die Fahrtkosten lediglich mit einem Betrag von 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer berücksichtigt werden könnten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 18.05.2000 Bezug genommen.
Dem Gericht haben die einschlägigen Steuerakten des Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Pkw-Kosten für die behinderte Tochter der Kläger lediglich mit 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt (§ 33 des Einkommensteuergesetzes -EStG-). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Kfz-Kosten eines Körperbehinderten insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, als sie nicht außerhalb des Rahmens des Angemessenem liegen. Zu dessen Bestimmung ist grundsätzlich die als angemessen anzusehende jährliche Fahrleistung auf 15.000 Kilometer zu begrenzen. Darüber hinaus ist grundsätzlich auf die in den Lohnsteuerrichtlinien festgesetzten Pauschsätzen (hier: 0,52 DM pro Kilometer) zurückzugreifen.
Der Bundesfinanzhof hat jedoch in seinen Urteilen vom 22. Oktober 1996 (III R 203/94, Bundessteuerblatt II 1997, 384 ff.) und vom 26. März 1997 (III R 71/96, Bundessteuerblatt II 1997, 538) Umstände nicht ausgeschlossen, die eine Überschreitung der Pauschsätze im Einzelfall rechtfertigen können. Dazu zählt nach den obengenan...