Entscheidungsstichwort (Thema)
Gutglaubensschutz bei innergemeinschaftlichen Fahrzeuglieferungen – Anforderungen an die Heilung eines fehlerhaften belegten Nachweises
Leitsatz (redaktionell)
- Die ordnungswidrige Benutzung roter Kennzeichen eines anderen Händlers führt aufgrund der Branchenüblichkeit bei einem ordentlichen Kaufmann nicht zu Zweifeln an den zu der Lieferung gemachten Angaben.
- Die Verwendung roter Kennzeichen zur Abholung von Fahrzeugen steht der Versagung des Gutglaubensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG nicht entgegen, wenn der Händler bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, dass die gelieferten Fahrzeuge nicht nach Österreichs sondern in ein anderes Mitgliedsland verbracht wurden.
- Bei Tätigwerden einer Person im Zusammenhang mit dem Kauf und mit der Versendung eines Fahrzeugs nach Spanien steht die von § 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG geforderte Identität zwischen Abnehmer und Versender fest, ohne dass es darauf ankommt, ob die handelnde Person mit wirksamer Bevollmächtigung oder persönlich tätig geworden ist.
- Für den Belegnachweis nach § 17a. UStDV ist der Bestimmungsort genau zu bezeichnen, die Ortsangabe in einem anderen Mitgliedstaat genügt nicht.
- Ein Belegnachweis entspricht nicht den Anforderungen des § 17a UStDV, wenn die Vollmacht des seinen Unternehmenssitz in Rom habenden Abnehmers eines Fahrzeugs die Bevollmächtigung zur Überführung nach Rom, der CMR-Frachtbrief als Lieferort jedoch einen 500 km entfernt liegenden italienischen Ort ausweist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 1b, § 6a Abs. 1, 4; UStDV §§ 17a, 17c
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerfreiheit mehrerer Fahrzeuglieferungen.
Die Klägerin betreibt einen Handel mit hochwertigen Kraftfahrzeugen. Im Streitjahr erfolgten durch sie ausweislich der vorliegenden Rechnungen u.a. fünf Fahrzeuglieferungen, welche von ihr als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach Österreich, Spanien und Italien behandelt wurden, deren Steuerfreiheit der Beklagte (das Finanzamt, FA) jedoch nicht anerkannte.
Mit Datum vom 01.02.2006 und 20.02.2006 stellte die Klägerin der A-Automobile ), in XX (Österreich) jeweils die Lieferung eines Ferrari (nachfolgend: A F430F1 zum Preis von 159.000 € in Rechnung. Die Rechnungen enthielten keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferungen. Ihnen beigefügt war je ein mit „Anlage zur Rechnung” überschriebenes Dokument, auf dem die Übergabe am 01. bzw. 20.02.2006 in XXXX vom Abnehmer C bestätigt sowie von diesem versichert worden war, das Fahrzeug nach Österreich zu befördern.
Auf einem weiteren Dokument, das zusammen mit den vorgenannten in der Buchführung der Klägerin aufbewahrt wurde, hatte Herr C unter der Über-schrift „Verbringungsnachweiß” mit seiner Unterschrift bestätigt, dass ein umsatzsteuerfreies innergemeinschaftliches Warengeschäft getätigt worden sei, und sich zugleich verpflichtet, die näher bezeichnete Ware nach Österreich zu verbringen und dort der Mehrwertsteuer zuzuführen. Auf allen Dokumenten ist die Adresse der A in XX angegeben.
Des Weiteren liegen zu den beiden genannten Lieferungen Auskünfte des Bundeszentralamtes für Steuern im Bestätigungsverfahren gemäß § 18e Nr. 1 UStG, Übernahmeprotokolle, die Kopie eines Gewerberegisterauszugs vom 08.08.2005 sowie Kopien des Deutschen Bundespersonalausweises von Herrn C vor. Unter den Ausweiskopien hatte dieser jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt, als Bevollmächtigter der A zu handeln und am 01. bzw. 20.02.2006 einen Betrag von 159.000 € in bar an die Klägerin bezahlt zu haben. Wegen des übrigen Inhalts aller genannten Dokumente wird auf Bl. 9 bis 27 der Klageakten verwiesen.
In einer schriftlichen Äußerung im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Steuerstrafverfahrens machte Herr C u.a. auch Angaben zu den beiden Fahrzeuglieferungen der Klägerin an ihn. Bei Abholung habe er Verbringungsbescheinigungen für die gekauften Fahrzeuge unterschrieben. Tatsächlich nach Österreich verbracht habe er diese nicht, was Herrn B jedoch nicht bekannt gewesen sei. Die von ihm zur Überführung an den Fahrzeugen angebrachten roten Kennzeichen seien von der Fa. D gewesen. Die Anbringung der Kennzeichen hätten sowohl Herr B senior als auch Herr B junior gesehen. Auf deren Frage nach der Herkunft der Kennzeichen habe er geantwortet, diese seien von einem befreundeten Fahrzeughändler. Wegen der übrigen von Herrn C gemachten Angaben wird auf Bl. 50 bis 55 der Klageakten verwiesen.
Mit Datum vom 21.04.2006 stellte die Klägerin der E. (nachfolgend: E), in X (Spanien) die Lieferung eines Mercedes-Benz ML 280 CDI zum Preis von 51.000 € in Rechnung. Nach einer durch das Gericht eingeholten Auskunft aus der zentralen Datenbank von Mercedes-Benz handelte sich um ein Neufahrzeug, das am 09.05.2006 erstmalig zugelassen wurde.
Die Rechnung enthielt keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung. Ihr b...