Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsverjährung bei Nachholung einer Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Ist Festsetzungsverjährung bezüglich der nachzuholenden, aufzuhebenden oder zu ändernden Steuerfestsetzung i.S.v. § 174 Abs. 3 AO eingetreten, steht dies der Anwendung dieser Norm nicht entgegen. Maßgebend ist allein der Eintritt der Festsetzungsverjährung hinsichtlich der „anderen” Steuerfestsetzung (§ 174 Abs. 3 S. 2 AO).
- Bei Verkauf einer Sammlung ist eine unternehmerische Tätigkeit regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn sich der Sammler bereits beim Aufbau der Sammlung wie ein Händler verhalten hat.
- Der Ankauf und die Einlagerung von Kraftfahrzeugen zum Zwecke der Wertsteigerung und des späteren Weiterverkaufs ist als umsatzsteuerpflichtige nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen anzusehen, wenn die Erzielung von Wertsteigerungen nach den Gesamtumständen objektiv möglich und nicht gänzlich fernliegend ist.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3; UStG § 2
Streitjahr(e)
1986, 1987, 1988, 1989, 1990, 1991
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Gewährung des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung verschiedener Kraftfahrzeuge sowie aus Eingangsleistungen für die beabsichtigte Entwicklung eines Kfz. Der Kläger begehrt für die Streitjahre den Erlass erstmaliger Umsatzsteuerjahresbescheide.
Mit notariellem Vertrag vom 23.04.1986 wurde die A (im Folgenden: die ,Gesellschaft') gegründet und mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22.12.2000 aufgelöst. Am 14.01.2005 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt, der den Rechtsstreit fortführt. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist laut Gesellschaftsvertrag der Ankauf von Kraftfahrzeugen aller Art, insbesondere auch von klassischen Fahrzeugen und Oldtimern, deren Einlagerung zum Zwecke der Wertsteigerung sowie der Weiterverkauf. Gesellschafter waren in den Streitjahren die Firma B mit 60% sowie C und D mit je 20% der Geschäftsanteile. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war E, wobei in der Zeit vom 11.12.1987 bis zum 22.09.1989 der Verkaufsingenieur F als weiterer, zusammen mit E vertretungsberechtigter Geschäftsführer bestellt war.
Am 28.08.1986 schloss die Gesellschaft mit der B einen Ergebnisabführungsvertrag, der zum 13.08.1986 beginnen und zwischen der Gesellschaft und der B eine körperschaft-, gewerbesteuer- und umsatzsteuerliche Organschaft mit der Gesellschaft als eingegliederter Organgesellschaft begründen sollte. Die B war in den Streitjahren im Immobilien- und Speditionsgeschäft tätig. Gesellschafter der B waren in den Streitjahren E als Komplementär mit einem Kapitaleinteil von ca. 99% sowie seine Kinder C und D als Kommanditisten. Für die Streitjahre gab die Gesellschaft keine Umsatzsteuererklärungen ab. Stattdessen erklärte die B die streitgegenständlichen und aus Geschäftsvorfällen der Gesellschaft herrührenden Vorsteuerbeträge sowie die (in den Streitjahren geringfügigen) Ausgangsumsätze der Gesellschaft in ihren Umsatzsteuererklärungen. Bei den Eingangsumsätzen der Gesellschaft handelte es sich um die Anschaffung verschiedener Kraftfahrzeuge sowie um Dienstleistungen für die Entwicklung eines Kfz. Wegen der Art der Eingangsleistungen und der Höhe der hieraus geltend gemachten Vorsteuerbeträge wird auf die Aufstellung des Klägers vom 27.07.2007 (Bl. 131 bis 137 der Klageakten) Bezug genommen.
Gemäß den durchgeführten Inventuren erwarb die Gesellschaft in den Streitjahren insgesamt 126 Fahrzeuge. Die Anschaffungen wurden zunächst durch verzinsliche Kontokorrentkredite der Gesellschafter und ab 1990 durch die G Bank fremdfinanziert, wobei der Fahrzeugbestand mit Vertrag vom 14.08.1990 als Sicherheit für einen Kredit in Höhe von 5 Mio. DM an die Bank sicherungsübereignet wurde. Der Sicherungsübereignungsvertrag benannte als Vertragspartner „Fa. A und Eheleute E und / oder Herrn E und / oder Frau E”. Der Kredit sollte aus späteren Verkaufserlösen der Gesellschaft getilgt werden. Die Gesellschaft lagerte die Fahrzeuge in einer von der B angemieteten und auf Kosten der Gesellschaft gestalteten Tiefgarage ein. Außerhalb der Lagerräume befand sich kein Firmenschild. Hinweise und Wegweiser zur Firma der Gesellschaft waren in der Umgebung nicht vorhanden. Die Ausstattung der Räume bestand aus schwarzen Decken mit Strahlern sowie weißen, rau verputzten Wänden. Die Fahrzeuge lagerten auf aufgeschütteten Kiesbetten und waren auf schwarzen Holzböcken aufgebockt. Die Zwischengänge waren mit einem roten Belag überzogen. An den Wänden befanden sich verschiedene deutsche und US-amerikanische Nummernschilder, von denen einige die persönlichen Initialen des E trugen. Auf Bl. 145 bis 158 des Sonderbandes Betriebsprüfung (Fotografien der Lagerräume) wird Bezug genommen. In den Jahren 1989 und 1991 veräußerte die Gesellschaft jeweils ein Fahrzeug. Die zum 31.12.1991 n...