Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbringung einer sonstigen Leistung im Inland nach § 3a UStG
Leitsatz (redaktionell)
- Ob eine sonstige Leistung im Inland erbracht wurde, ergibt sich aus § 3a UStG. Danach werden sonstige Leistungen grds. an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.
- Gibt es hinsichtlich der Anwendbarkeit der Sonderregelungen für den Leistungsort Unsicherheit, bestimmt sich dieser nach § 3a Abs. 1 UStG. Diese Regelung ist der Auffangtatbestand für die Fälle, die nicht gesondert geregelt sind.
Normenkette
UStG § 3a; AO § 90 Abs. 2
Streitjahr(e)
2009, 2010, 2011, 2012
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erbrachte in den Streitjahren neben seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler Internetdienstleistungen an diverse Firmen. Der Kontakt hierfür kam über den mit ihm befreundeten Herrn W zustande, der ab 2011 als sogenannter Sales Director unter anderem für die Firma M Germany GmbH in Hamburg tätig war, deren Geschäftsführer zunächst Herr W und später Herr P war.
Anlässlich einer Außenprüfung beim Kläger stellte der Prüfer fest, dass dieser Leistungen an die M GmbH mit Umsatzsteuer abgerechnet hatte, weitere Leistungen an mit der M GmbH verbundene Unternehmen bzw. Firmen des Unternehmensverbundes des Herrn T (N B.V., Rotterdam; F Ltd., Gibraltar und C Ltd., Zypern) jedoch von ihm als nicht steuerbar eingestuft worden waren. Die Firmen betrieben Webseiten in den Bereichen Erwachsenenunterhaltung/Pornographie, unter anderem die Seiten mydirtyhobby.com, privatamateure.com und privatakt.com. Der Kläger war für die Webmaster bei der Behebung technischer Probleme und bei der Beratung von Kunden tätig. Der Prüfer vertrat die Ansicht, dass es sich bei den genannten Firmen nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln um sogenannte Domizilgesellschaften gehandelt habe. Die Internetportale seien vom Inland aus betrieben worden, wobei der Geschäftssitz sich in Aachen befunden habe. Die vom Kläger erbrachten Leistungen seien daher im Inland steuerbar und steuerpflichtig gewesen. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), erließ am 12. Dezember 2014 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide und wies die Einsprüche hiergegen mit Bescheid vom 18. August 2015 als unbegründet zurück.
Sämtliche Aktivitäten oben genannter Firmen seien von Herrn T vom Inland aus persönlich gesteuert worden. Der laufende Geschäftsbetrieb sei über die M GmbH in Hamburg abgewickelt worden, die wesentlichen Geschäfte seien stets von der persönlichen Zustimmung des Herrn T abhängig gewesen. Der Zahlungsverkehr sei über inländische Bankkonten abgewickelt worden, auf die Herr T bzw. die Geschäftsleitung der M GmbH in dessen Auftrag direkten Zugriff gehabt hätten. Der Kläger habe in direktem Kontakt mit Herrn T gestanden. Auf direkte Anweisung durch die Geschäftsleitung der M GmbH habe er seine Rechnungen z.B. an die C Ltd., Zypern erstellt, diese Rechnungen jedoch im Inland einem Herrn P bzw. Herr W übermittelt. Die Zahlungen seien ebenfalls im Inland erfolgt. Die Firma N B.V. Niederlande habe unter der angegebenen Adresse lediglich einen Raum mit Telefon- und Faxverbindung gemietet, die jedoch dem Gebäudeeigentümer gehört habe. Eingehende Post sei durch einen Rezeptionisten lediglich eingescannt und an einen Empfänger in Deutschland weitergeleitet worden. Somit sei in den Niederlanden keine aktive wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt worden. Über das inländische Konto der N, über das die Geschäfte des Portals mydirtyhobby.com abgewickelt worden seien, habe Herr T verfügt.
Nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern handele es sich bei der F Group Ltd., Gibraltar ebenfalls um eine zwar rechtlich existente, aber wirtschaftlich inaktive Briefkastenfirma ohne eigenen Geschäftsbetrieb. Über das inländische Konto, über das der Zahlungsverkehr mit Kunden und Darstellern abgewickelt worden sei, habe ebenfalls Herr T verfügt.
Die Firma C Holding Ltd, Zypern habe unter der angegebenen Adresse ebenfalls keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalten und sei in Zypern im streitigen Zeitraum auch nicht umsatzsteuerlich geführt worden.
An der Tatsache, dass es sich bei den genannten Firmen um sogenannte Briefkastenfirmen handele, bestünden aufgrund der umfassenden Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle Aachen bzw. der Staatsanwaltschaft Koblenz keine Zweifel. Diese Feststellungen seien für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen des Herrn T im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung von diesem akzeptiert worden. Auch wenn diese tatsächliche Verständigung grundsätzlich nur die beteiligten Personen binde, so sei sie doch als Indiz im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen.
Es sei auch nicht anzunehmen, dass der Kläger gutgläubig von ausländischen Leistungsempfängern ausgegangen sei. Im Rahmen der Ermittlungsmaßnahmen sei E-Mail-Verkehr mit Herrn T bzw. Frau W (Assistenz der Geschäftsleitung) bei der Auftragsgeberfirma M GmbH sichergestellt worden. Danach habe der Kläger seine Rechn...