Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbrauch bei kurzfristiger Rückzahlung des Kaufpreises an den familienangehörigen Käufer
Leitsatz (redaktionell)
- Wird der Kaufpreis für ein Wohnhaus, den der Käufer (Sohn) an seinen Vater entrichtet hat, neun Monate später einschl. der bis dahin entstandenen Guthabenzinsen vom Vater an den Sohn zurückgeschenkt, liegt kein Anschaffungsvorgang vor, weil die vertragliche Gestaltung einen Rechtsmissbrauch i.S.d. § 42 AO darstellt.
- Auch Angehörigen steht es grds. frei, ihre Rechtsverhältnisse steuerlich möglichst günstig gestalten. Das Bestreben, Steuern zu sparen, führt für sich genommen nicht zu einer unangemessenen Gestaltung.
- Beruhten Hingabe des Kaufpreises und Schenkung (hier: Rückzahlung des Kaufpreises) auf einem Gesamtplan, so sind sie lediglich Teilschritte einer aus mehreren Komponenten bestehenden Transaktion, deren gewolltes Ergebnis die wirtschaftliche Neutralisierung der Rechtsgeschäfte war.
- Ein Zeitraum von neun Monaten zwischen Kaufpreiszahlung und Schenkung muss der Annahme eines Gesamtplans nicht entgegenstehen.
Normenkette
AO § 42; EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Eigenheimzulage für ein Wohnhaus in I.
Die Eltern des Klägers waren Eigentümer eines Hofes, den der Kläger als Pächter bewirtschaftete. Der Kläger lebte mit seiner Familie und seinen Eltern in dem Wohnhaus auf der Hofstelle.
Mit notariellem Vertrag vom 16. Februar 1996 übertrugen die Eltern den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Kläger. Dies erfolgte, weil der Kläger Investitionen in der Größenordnung von DM 500.000 tätigen wollte.
Das Wohnhaus wurde nicht unentgeltlich übertragen, sondern in demselben Vertrag zu einem „pauschalen” Kaufpreis in Höhe von DM 100.000 an den Kläger verkauft. Ein Wertgutachten wurde nicht erstellt. Der Verkehrswert des Wohnhauses war nach den Angaben des Klägers im Zeitpunkt der Veräußerung deutlich höher als der vereinbarte Kaufpreis. Die Kaufpreishöhe wurde auf Vorschlag des steuerlichen Beraters vereinbart und war nach den Angaben des Klägers stark von steuerlichen Gesichtspunkten geprägt.
Der Kaufpreis wurde mit der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung des Vertrages fällig, wovon der Notar die Parteien unterrichten sollte. Die Genehmigung erfolgte mit Beschluss vom 23. Mai 1996. Der Notar unterließ die Unterrichtung der Parteien. Nach einer vom Beklagten eingeholten Auskunft des Amtsgerichts wurden aber die Parteien direkt von dem Gericht über die Genehmigung informiert.
Der Kaufpreis wurde durch ein am 12. Dezember 1996 bei der Volksbank N aufgenommenes Darlehen in Höhe von DM 100.000 finanziert. Das Darlehen war mit 5,45 % p.a. zu verzinsen. Der Zinssatz war variabel. Das Darlehen sollte über einen Zeitraum von 34 Jahren getilgt werden.
Am 30. Dezember 1996 zahlte der Kläger den Kaufpreis an den Vater. Das Geld wurde von dem Vater als monatlich fälliges Termingeld angelegt. Am 8. Oktober 1997 löste der Vater das Festgeldkonto auf und schenkte dem Kläger den ehemaligen Kaufpreis zuzüglich der entstandenen Guthabenzinsen. Nach den Angaben des Klägers wollte der Vater ihm im Hinblick auf die großen Investitionen helfen. Im Zusammenhang mit der Schenkung an den Kläger hat der Bruder des Klägers von dem Vater kein Geld erhalten.
Der Kläger löste mit dem Geld noch am 8. Oktober 1997 das Darlehen ab. Wegen des vereinbarten variablen Zinssatzes wurde von der Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt.
Der Kläger beantragte ab 1996 Eigenheimzulage. Als Anschaffungskosten wurde der Kaufpreis in Höhe von DM 100.000,-- angegeben. Der Beklagte teilte den Kaufpreis anhand der Verkehrswerte des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und des Wohnhauses auf und ging von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 17.750 aus. Mit Bescheid vom 14. Oktober 1997 wurde die Eigenheimzulage entsprechend festgesetzt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger mit der Begründung Klage, dass eine Aufteilung des Kaufpreises nach den Wertverhältnissen des Betriebes und des Wohnhauses nicht zulässig sei. Mit dem Vertrag vom 16. Februar 1996 sei sowohl Betriebsvermögen als auch das im Privatvermögen befindliche Wohnhaus übertragen worden. Es sei kein Gesamtentgelt vereinbart worden. Vielmehr sei der Kaufpreis nach dem Willen der Beteiligten dem Vermögensbereich Privatvermögen direkt zugeordnet worden.
Auch ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor. Die Kaufpreiszahlung und die spätere Schenkung des Kaufpreises seien getrennt zu beurteilen. Die Bezahlung des Kaufpreises sei nicht mit der Auflage verbunden gewesen, den Kaufpreis später zurück zu schenken. Die Schenkung beruhe auf einer neuen Rechtsgrundlage.
Eine dauerhafte wirtschaftliche Belastung des Klägers sei nicht Voraussetzung für die Anerkennung von Anschaffungskosten. Es könne keinen Unterschied machen, ob zunächst Geld verschenkt...