Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft und Zurechnung von Umätzen aus Leistungen der Prostitution – Unwirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des Unternehmers i. S. des § 2 Abs. 1 UStG.
- Umsätze sind demjenigen zuzurechnen, der nach außen hin als Erbringer sämtlicher Dienstleistungen auftritt.
- Betreibt ein Stpfl. einen Club, in dem häufig wechselnde Prostituierte, die der Stpfl. mit Zeitungsannoncen wirbt, ihre Leistungen anbieten, und wirbt der Stpfl. nach außen hin mit einschlägigen Zeitungsanzeigen, die keinen Hinweis auf einzelne Prostituierte enthalten, so ist davon auszugehen, dass die Leistungen vom Inhaber des Clubs erbracht werden. Damit sind dem Stpfl. auch die Umsätze aus den Prostituiertenleistungen zuzurechnen.
Normenkette
UStG § 2
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betrieb seit dem 01.07.1999 den „XL” in B. In dem Club wurde unter anderem die Prostitution ausgeübt.
Der Kläger warb in der Zeitschrift „K” in Annoncen mit dem Text: „XL” unter Angabe der Anschrift und Telefonnummer. Bei dem Club handelte es sich um ein freistehendes zweistöckiges Gebäude, bei dem über dem Eingang ein Schild mit der Aufschrift „XL” angebracht war. Im Eingangsbereich befand sich ein Tresen, an dem Getränke erworben werden konnten. Im Übrigen handelte es sich um einen barähnlichen Raum mit verschiedenen Sitzgelegenheiten und Tischen. Ferner waren in dem Gebäude sechs Einzelzimmer mit Nasszellen, ein Anbau mit Whirlpool und Sitzgelegenheiten vorhanden, in dem auch Getränke eingenommen werden konnten, sowie Toiletten und ein privat genutzter Raum. Die Reinigung der Zimmer erfolgte durch eine vom Kläger angestellte Putzfrau. Im Barbereich waren zumindest zeitweise zwei weitere Angestellte des Klägers tätig.
Im Eingangsbereich hielten sich verschiedene Prostituierte auf, mit denen der Geschlechtsverkehr auf den Zimmern ausgeübt werden konnte. Die Prostituierten wurden von dem Kläger mit Zeitungsannoncen, auf die verwiesen wird, geworben und wechselten häufiger. Den Lohn für die Prostituiertenleistungen handelten die Prostituierten mit den Freiern selbständig aus und vereinnahmten ihn. Für die Nutzung der Zimmer mussten sie an dem Kläger für eine Viertelstunde, eine halbe Stunde oder für eine längere Zeit ein zeitabhängiges feststehendes Entgelt entrichten. Wenn Kunden Bargeld benötigten erhielten sie vom Kläger 90 % eines Kreditbetrages ausgezahlt, den er sich über ein im Eingangsbereich befindliches Kreditkartengerät durch Einzug über die Kreditkarten der Kunden auf seinem Konto gutschreiben ließ. Die Differenz von 10 % der Kreditsumme behielt der Kläger als Provision ein. Die Kreditbeträge entsprachen teilweise dem Bedarf für den Prostituiertenlohn.
Der Kläger erklärte in seinen Umsatzsteuererklärungen lediglich Erlöse aus Getränkeverkauf, Zimmervermietung und Kreditprovisionen, nicht aber Umsätze aus den Leistungen der Prostituierten. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Buchführung des Klägers u.a. wegen nicht vollständiger Kassenaufzeichnungen nicht ordnungsgemäß war. Abweichend vom Kläger ging die Außenprüfung ferner davon aus, dass ihm auch die Umsätze aus den Prostituiertenleistungen zuzurechnen seien. Die Höhe der Prostituiertenumsätze schätzte die Außenprüfung, in dem sie die Erlöse aus Kreditkartenauszahlung auf 100 % hochrechnete und, unter der Annahme, dass die Hälfte der Leistungen bar bezahlt wurde, verdoppelte. Unter Berücksichtigung weiterer kleinerer unstreitiger Umsätze setzte der Beklagte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren verminderte der Beklagte die Hinzuschätzungen, indem er hiervon lediglich 40 % als Bemessungsgrundlage in Ansatz brachte und setzte die Umsatzsteuer mit Einspruchsbescheiden entsprechend niedriger fest. Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm seien keine Umsätze aus Prostituiertenleistungen zuzurechnen. Hierfür seien allein die Prostituierten verantwortlich. Sie seien von ihm nicht angestellt gewesen, sondern spontan in dem Club erschienen und selbständig als Prostituierte tätig geworden. Sie hätten in eigener Verantwortung mit den Freiern Leistungen vereinbart, abgerechnet und den vollen Prostituiertenlohn vereinnahmt. Er sei auch nicht anteilsmäßig an dem Lohn beteiligt worden. Für die von ihm zur Verfügung gestellten Zimmer habe er eine zeitabhängige feststehende Miete erhalten. Diese habe er auch als Umsatz erklärt. Für Hinzuschätzungen sei kein Raum. Sie seien vom Beklagten der Höhe nach auch nicht plausibel begründet worden. Angesichts seines Lebensstils sei es völlig undenkbar, dass er solche Summen vereinnahmt habe. Dies hätte sich insbesondere aus einer Vermögenszuwachsrechnung ergeben, die der Beklagte aber unzulässiger Weise nicht durchgeführt habe. Unabhängig davon seien bereits rein logisch Hinzuschätzungen höc...