Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahmen eines nahen Angehörigen als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
- Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist gegeben, wenn es sich um die Zuwendung eines Vermögensvorteils durch die Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter handelt, die außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung erfolgte und gesellschaftlich veranlasst ist.
- Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind Zuwendungen eines Vermögensvorteils auch an eine nahe stehende Person als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen und dem anderen zuzurechnen.
- Die Handlungen des Geschäftsführers sind der Kapitalgesellschaft selbst dann zuzurechnen, wenn er die Gesellschaft dadurch in strafbarer Weise schädigt.
- Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Form der Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person setzt weder auf Gesellschafts- noch auf Gesellschafterebene voraus, dass die Zuwendung einen Vorteil für den Gesellschafter zur Folge hat.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995, 1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob in den Streitjahren verdeckten Gewinnausschüttungen – vGA - zu berücksichtigen sind.
Der Kläger, geb. am ..., errichtete am 28. April 1994 als alleiniger Gesellschafter die…GmbH. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. In den Streitjahren war der Kläger Alleingesellschafter. Der Vater des Klägers, Architekt ..., wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Am 15. Oktober 1996 wurde auf einer Gesellschafterversammlung die Abberufung des Geschäftsführers…und die Änderung der Firmierung der Gesellschaft in…– GmbH - beschlossen. Als neue Geschäftsführerin wurde ..., die Mutter des Klägers, bestellt. 1997 übernahm die Mutter vom Kläger einen Geschäftsanteil mit einem Nominalwert von 25.000 DM. 1999 übertrugen der Kläger und die Mutter ihre Geschäftsanteile auf .... Im Februar 2003 wurde die GmbH von Amts wegen gelöscht.
Für die Streitjahre wurden Steuererklärungen zunächst weder für die GmbH noch für den Kläger abgegeben. Aufgrund einer Fahndungsprüfung im Zeitraum November 2000 bis Januar 2002 stellte die Finanzbehörde u.a. fest, dass die Buchführungsunterlagen für die GmbH durch eine Steuerberaterin aufbereitet und Jahresabschlüsse für die Jahre 1995 und 1996 erstellt worden waren. In den Jahresabschlüssen für die Jahre 1995 und 1996 waren Forderungen gegen den Geschäftsführer (Konto 1503) und gegen den Gesellschafter (Konto 1507) ausgewiesen. Aus dem Journal für das Geschäftsjahr 1996 ergab sich, dass diese Forderungen insbesondere aufgrund von Barabhebungen und Zahlungen von Rechnungen, die nicht betrieblich veranlasst waren, entstanden waren. In einem Protokoll über die Vernehmung des Vaters des Klägers, die durch das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen durchgeführt worden war, wurde Folgendes festgehalten: „Mir wird weiterhin erläutert, dass die Forderungen der…an die Anteilseigner bzw. Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen berücksichtigt werden. Dies sind im Einzelnen: 1995 71.694 DM 1996 100.832 DM ... Damit erkläre ich mich einverstanden.”
Der Beklagte erließ am 16. Januar 2003 Einkommensteuerbescheide gegen den Kläger für die Streitjahre. In ihnen wurden Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 71.694 DM (1995) und 100.832 DM (1996) erfasst. Dagegen legte der Kläger am 21. Januar 2003 Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 14. November 2003, zugestellt am 18. November 2003, als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob der Kläger am 18. Dezember 2003 Klage vor dem Finanzgericht.
Der Kläger trägt vor, es seien keine Zahlungen durch die GmbH an den Kläger erfolgt. Der Kläger sei in den Streitjahren Schüler gewesen. Die Zahlungen könnten ihm nicht zugerechnet werden. Von den Abhebungen des Vaters habe er keine Kenntnis gehabt. Die Einverständniserklärung des Vaters könne nicht berücksichtigt werden, da der Vater den Inhalt der Erklärung nicht verstanden hätte. Er habe die Tragweite der Erklärung nicht überblicken können. Die rechtliche und steuerliche Einordnung als „verdeckte Gewinnausschüttung” habe er nicht verstanden. Dies ergebe sich auch aus der Erklärung am Ende des Protokolls. Danach habe sich der Vater des Klägers nicht um die steuerlichen Belange gekümmert.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 vom 16. Januar 2003 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 14. November 2003 aufzuheben
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, aufgrund der Erklärung des Geschäftsführers sei von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Der Kläger und der Vater hätten Privatentnahmen getätigt; die durch diese Entnahmen begründeten Forderungen der GmbH könnten nicht mehr realisiert werden, weil die GmbH inzwischen erloschen sei.
Die Beteiligten erklärten sich übereinstimmend...