vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten bei Erstattungs-Verzicht
Leitsatz (redaktionell)
Krankheitskosten, die ein Steuerpflichtiger selbst trägt, um eine Beitragsrückerstattung von seiner privaten Krankenkasse zu erhalten, sind mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist (noch) die Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Ingenieur und bezieht Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Klägerin ist Lehrerin und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin ist die leibliche Mutter des am ….. geborenen Kindes X. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr hatten die Kläger einen Betrag von … € für die private Krankenversicherung (Basisversicherung), sowie einen Betrag von … € für die private Pflegeversicherung des Klägers als Sonderausgaben angegeben, sowie einen Betrag von … € als außergewöhnliche Belastung.
Bei der Veranlagung berücksichtigte der Beklagte diese Beträge nicht. Zur Begründung wurde erläutert, die Basiskranken- und Pflegeversicherungen seien nicht berücksichtigt, da keine elektronische Übermittlung vorliege. Darüber hinaus seien sie auch nicht belegt. Zu den nichtberücksichtigten geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen wies das Finanzamt darauf hin, dass Anwaltskosten und Schuldzinsen keine außergewöhnlichen Belastungen darstellten. Da in der Einkommensteuererklärung 2014 zum leiblichen Vater des Kindes der Klägerin keine Angaben gemacht worden sind, wurde der Klägerin der hälftige Kinderfreibetrag gewährt.
Mit dem gegen den Einkommensteuerbescheid vom…März 2016 eingelegten Einspruch wandten die Kläger sich gegen die Abweichungen von der Steuererklärung.
Nachdem die Y- Krankenversicherung die vom Kläger gezahlten Beiträge elektronisch an den Beklagten übermittelt hatte, berücksichtigte das Finanzamt im Einspruchsbescheid Beiträge zur Krankenversicherung des Klägers in Höhe von … € sowie Beiträge zur Pflegeversicherung des Klägers in Höhe von … € sowie eine Beitragsrückerstattung in Höhe von … € bei den Sonderausgaben. Da die Kläger keine weiteren Angaben zum Vater des Kindes gemacht haben, verblieb es bei dem hälftigen Kinderfreibetrag.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Nachdem die Kläger im Verlauf des Klageverfahrens vorgetragen hatten, dass kein Kontakt mehr zum leiblichen Vater des Kindes der Klägerin bestehe und auf Bitten des Gerichts der Name, das Geburtsdatum und die letztbekannte Anschrift des leiblichen Vaters mitgeteilt worden ist, hat das Finanzamt einen Änderungsbescheid vom 24. Juli 2017 erteilt und für die Klägerin den vollen Kinderfreibetrag gewährt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt … €.
Nunmehr begehren die Kläger die Berücksichtigung von Krankheitskosten des Klägers für das Jahr 2014 in Höhe von insgesamt … € als außergewöhnliche Belastungen. Diese Beträge wurden von den Klägern anhand von Kopien der Rezepte und Arztrechnungen belegt.
Hierzu tragen die Kläger vor, Erstattungen für Arztrechnungen und Rezepte von der Krankenkasse seien nicht erfolgt. Stattdessen habe man die Beitragsrückerstattung in Form einer so genannten Pauschalleistung für das Jahr 2014 in Höhe von insgesamt … € in Anspruch genommen.
Die Kläger sind der Auffassung, trotz Verzichts auf den Erstattungsanspruch handele es sich bei den Krankheitskosten um außergewöhnliche Belastungen. Der Verzicht eines Steuerpflichtigen auf die Geltendmachung von Ersatz- oder Erstattungsansprüchen nehme außergewöhnlichen Belastungen lediglich grundsätzlich den Charakter der Zwangsläufigkeit, es sei denn, es handele sich um eine Ersatzmöglichkeit von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Bei den einzelnen, geltend gemachten Krankheitskosten handele es sich jeweils für sich genommen um eine Ersatzmöglichkeit von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Bis zu einem Jahresbetrag von 600 € sei es dem Kläger ohnehin nicht möglich, einen Erstattungsanspruch gegenüber seinem Versicherer geltend zu machen. Insofern müsse ein Betrag in Höhe von 600 € bei der Betrachtung der Krankheitskosten unberücksichtigt bleiben.
Der Krankenkassentarif des Klägers führe aus tatsächlichen Gründen zu einer Zwangsläufigkeit. Das Tarifmodell des Krankenversicherungsvertrages des Klägers sei wie folgt: Bis zu dem Betrag von 600 € könne er keine Krankheitskosten erstattet bekommen. Werde dieser Betrag überschritten, zahle der Versicherer die getätigten Beträge zurück soweit diese nach den Bestimmungen des Versicherungstarifs erstattungsfähig seien. Insofern handele es sich nicht bei sämtlichen Krankheitskosten um erstattungsfähige Kosten. Werde nun der Erstattungsanspruch geltend gemacht, zahle der Versicherer nicht nur in demjenigen Jahr die Beitragsrückerstattung nicht aus, sondern auch in dem folgenden Jahr. ...