Ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel bei Krebserkrankung

Aufwendungen, die durch eine Diätverpflegung entstehen, können nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Fraglich ist, ob dies auch für Nahrungsergänzungsmittel gilt, die aufgrund einer Tumorerkrankung eingenommen werden.

Das FG München hatte sich kürzlich mit der Frage beschäftigen, ob die ärztlich verordneten Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel, die aufgrund einer Tumorerkrankung eingenommen wurden, als außergewöhnliche Belastungen behandelt werden müssen.

Fall des FG München: Unheilbare Tumorerkrankung

Im Fall des FG München leidet der Kläger seit dem Jahr 2015 an einer Tumorerkrankung (Prostatakrebs), welche mit einer Hormontherapie nicht mehr heilbar ist. Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen 2019 und 2020 berücksichtigte das Finanzamt die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel (u. a. z. B. Vitamin B Plus, Vitamin D3 etc.) in Höhe von 9.871 EUR und 10.847 EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger gab u. a. mit Nachweis über ein ärztliches Attest (sowie weiterer Arztbriefe) an, dass er die kontinuierliche Einnahme spezieller Präparate, da bereits die Knochen und Lymphdrüsen befallen seien, benötige. Die geltend gemachten Krankheitskosten können nach Auffassung des Klägers nicht als reine Diätaufwendungen beurteilt werden, weil diese Aufwendungen lebensnotwendig seien, um eine Fortschreitung dieser schweren Krankheit auszuschließen. Es liegen zudem für sämtliche Arzneimittel und Präparate ärztliche Verordnungen vor.

Gesetzliche Regelung in § 33 EStG

Nach § 33 Abs. 1 EStG liegen außergewöhnliche Belastungen vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Nach ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten – ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung – dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z. B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen.

Nicht zu den Krankheitskosten zählen vorbeugende Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen, und solche, die auf einer medizinisch nicht indizierten Behandlung beruhen. Es handelt sich insoweit vielmehr um Aufwand, der nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG entsteht, sondern auf einer freien Willensentschließung beruht und deshalb gemäß § 12 Nr. 1 EStG den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen ist.

Aufwendungen für Diätverpflegung sind nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ausnahmslos nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dies gilt auch für Sonderdiäten, die eine medikamentöse Behandlung ersetzen. Unter Diät ist die auf die Bedürfnisse des Patienten und die Therapie der Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen. Vom Abzugsverbot werden damit Kosten einer besonderen Verpflegung und damit Aufwendungen für Diätlebensmittel erfasst, auch wenn ihnen "quasi Medikamentenfunktion" zukommt oder sie zur Unterstützung einer Heilbehandlung konsumiert werden.

Rechtsprechung zu Nahrungsergänzungsmitteln und Sonderdiäten

Aus der Rechtsprechung ist bisher zu entnehmen, dass ein Abzug auch dann nicht in Frage kommt, wenn Nahrungsergänzungsmittel zur Linderung einer Multiple Sklerose dienen (Niedersächsisches FG, Urteil v. 10.0.2011, 12 K 127/10). Dies gilt auch für Sonderdiäten, die - wie z.B. bei der Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) - eine medikamentöse Behandlung ersetzen. Dies gilt selbst dann, wenn sie - wie bei Zöliakie - aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen wird (BFH, Beschluss v. 4.11.2021, VI R 48/18).

FG München wendet Rechtsprechungsgrundsätze an

Aufgrund dieser Grundsätze, hat auch das FG München keine Abzugsmöglichkeit bei einer Krebserkrankung gesehen (Urteil v. 25.7.2024, 15 K 286/23). Zwar sei der Kläger unstreitig krank, so dass ihm Krankheitsaufwendungen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Zu diesen zwangsläufig erwachsenden Aufwendungen gehörten auch ärztlich verordnete Arzneimittel. Um solche handele es sich jedoch hier nicht, da die streitgegenständlichen Präparate nicht als Arzneimittel zugelassen seien, sondern Nahrungsergänzungsmittel darstellen und somit der Diätverpflegung zuzurechnen seien.

Daran ändere sich auch nichts, dass die Präparate weitgehend ärztlich verordnet waren. Eine "Zwangsläufigkeit" im Sinne des § 33 EStG lasse sich daraus nicht ableiten. Vielmehr gelte das Abzugsverbot für Diätverpflegung auch dann, wenn die Diät – wie im Urteilsfall – aufgrund ärztlicher Verordnung unmittelbar als Therapie eingesetzt wird und damit im medizinischen Sinne Medikamentencharakter aufweist (BFH, Urteil v. 21.6.2007, III R 48/04).

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Da der BFH aber noch keine Gelegenheit hatte, näher darüber zu entscheiden ob in Fällen einer Krebserkrankung die Einnahme von Präparaten in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG erwachsen, hat das FG München die Revision zugelassen (Az beim BFH VI R 23/24).