3. Quotennießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens und Nießbrauchsverzicht


Quotennießbrauch und Nießbrauchsverzicht

Ein Quotennießbrauch ist unter bestimmten Voraussetzungen mit steuerrechtlicher Wirkung anzuerkennen ist, so dass dem Quotennießbraucher Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks zugerechnet werden können.

Mit der Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen ein Quotennießbrauch steuerlich anzuerkennen ist, hat sich der BFH in seiner Entscheidung v. 15.11.2022 IX R 4/20 (IX R 4/20) erstmals befasst.

Im entschiedenen Streitfall ging es um den Quotennießbrauch am Anteil eines Gesellschafters einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Hier erzielt der Nießbraucher ‑ anstelle des Gesellschafters ‑ die auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn und soweit er aufgrund der ihm zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an sog. "Grundlagengeschäften" der Gesellschaft mitzuwirken. Einkommensteuerrechtlich erfordert eine Einkünftezurechnung zumindest eine gleichberechtigte Teilhabe des Nießbrauchers an der Willensbildung der Gesellschaft.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Besonderheiten eines Quotennießbrauchs. Auch in diesem Fall ist es erforderlich, dass der Nießbraucher in gleicher Weise wie der Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken kann. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Nießbraucher nur einen Teil der laufenden Einkünfte für sich beanspruchen kann. Das nicht teilbare Stimmrecht muss einheitlich ausgeübt werden, auch wenn die (interne) Zuständigkeit zur Willensbildung kraft des Quotennießbrauchs auf zwei Personen entfällt.

Eine im Wesentlichen gleichberechtigte Stellung wird dem Nießbraucher in einem solchen Fall nur eingeräumt, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen ‑ und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen ‑ nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

Im entschiedenen Streitfall fehlte es jedoch an der Berechtigung des Quotennießbrauchers, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken, so dass ihm keine Einkünfte zuzurechnen waren. Denn nach der Vertragslage sollten die Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft gemeinschaftlich ausgeübt werden. Bei einem Dissens musste sich der Gesellschafter der Stimme enthalten. Bei Fragen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte (z.B. Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens) betreffen, sollte dagegen das Stimmrecht unter Beachtung des Zustimmungsvorbehalts gemäß § 1071 des BGB allein vom Gesellschafter ausgeübt werden.

Der BFH entschied, dass die letztgenannte Klausel dem Nießbraucher keine Position vermittelt, die ihn in die Lage versetzt, anstelle des Gesellschafters die diesem in der Gesellschaft zustehenden wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben (und ihn gegebenenfalls bei der Stimmabgabe zur Enthaltung zu zwingen), so dass die (dem Quotennießbrauch anteilig unterfallenden) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr dem Gesellschafter, sondern ihm zugerechnet werden könnten. Vielmehr hatten die Vertragspartner damit zum Ausdruck gebracht, dass es nach ihrer Vorstellung Entscheidungen ‑ jenseits des Anwendungsbereichs des § 1071 Abs. 2 BGB ‑ geben könne, bei denen der Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Nießbraucher allein mitwirken sollte.

Entgeltlicher Nießbrauchsverzicht als Veräußerung im Sinne von § 23 EStG?

Im Streitfall wurde der Steuerpflichtigen im Jahr 2008 im Wege eines Vermächtnisses ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück zugewendet. Im Jahr 2012 überließ sie das Grundstück an eine Kommanditgesellschaft, an der sie selbst als Gesellschafterin beteiligt war. Die Mieteinnahmen stellten Sonderbetriebseinnahmen dar. Nachdem sie im Jahr 2018 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden war, überführte sie das Nießbrauchsrecht zu einem Wert von 0 EUR in ihr steuerliches Privatvermögen und erfasste die Mieteinnahmen fortan als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im November 2019 verzichtete sie gegen eine Entschädigungszahlung auf ihr Nießbrauchsrecht, worin das FA einen nach § 23 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang sah.

Das FG Münster hat dies jedoch verneint, da das Nießbrauchsrecht durch den entgeltlichen Verzicht im Jahr 2019 nicht veräußert worden war. Denn unter Anschaffung bzw. Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen. Eine "Veräußerung" setzt somit nicht nur die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs, sondern auch einen Rechtsträgerwechsel an dem veräußerten Wirtschaftsgut voraus. Da das Nießbrauchsrecht gem. § 1059 BGB kraft ausdrücklich gesetzlicher Regelung nicht übertragbar ist, fehlte es jedoch an einem Rechtsträgerwechsel (FG Münster, Urteil v. 12.12.2023, 6 K 2489/22 E, Rev. eingelegt, Az beim BFH IX R 4/24).