Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil
Hintergrund: Quotennießbrauch an einem GbR-Anteil
Streitig war, in welcher Höhe dem Gesellschafter einer vermögensverwaltenden GbR gesondert und einheitlich festgestellte Einkünfte aus VuV persönlich zuzurechnen sind.
X ist an der ABC-GbR zu 1/6 beteiligt. Deren Zweck ist die Haltung und Nutzung des Gesellschaftsvermögens. Dieses besteht im Wesentlichen aus einem Grundstück, an dem die GbR ein Erbbaurecht bestellt hat. Daraus bezieht sie Erbbauzinsen.
In 2012 räumte X seinem volljährigen Sohn (S) an seinem Gesellschaftsanteil schenkweise einen Nießbrauch mit einer Quote von 50 % ein. In dem Vertrag ist u.a. bestimmt, dass Nießbraucher und Nießbrauchsbesteller die gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte an dem belasteten Anteil gegenüber der Gesellschaft gemeinschaftlich ausüben. Die Mitwirkungsrechte sollen jedoch im Außenverhältnis zu den Mitgesellschaftern weiterhin durch den Gesellschafter (X) wahrgenommen werden.
Das FA berücksichtigte im Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen den S nicht als am Gesamtergebnis der Gesellschaft Beteiligten. Das FG wies die dagegen erhobene Klage des X ab. Der Nießbrauch sei mangels Zustimmung der anderen Gesellschafter schon nicht wirksam bestellt worden. Außerdem sei dem Mieter/Pächter des Objekts der Eintritt des S in die Vermieterstellung nicht mitgeteilt worden sei.
Entscheidung: Gleichberechtigte Mitwirkung des Quotennießbrauchers erforderlich
Der BFH wies die Revision zurück. Auch bei einem Quotennießbrauch ist einkommensteuerrechtlich erforderlich, dass der Nießbraucher in gleicher Weise wie der Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken kann.
Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil
Dem Nießbraucher an einem Gesellschaftsanteil können die auf den Gesellschafter entfallenden Einkünfte aus VuV ganz oder zum Teil persönlich zuzurechnen sein, obwohl er zivilrechtlich kein Gesellschafter wird. Die Zurechnung setzt voraus, dass ihm eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Gesellschafters im Wesentlichen entspricht. Dazu müssen dem Nießbraucher (zusätzlich zum Nießbrauchsrecht) weitere Rechte, insbesondere Stimmrechte, eingeräumt werden (BFH v. 9.4.1991, IX R 78/88, BStBl II 1991, S. 809, Rz. 17).
Zurechnung der Einkünfte beim Quotennießbrauch
Beim Quotennießbrauch kann dazu nicht auf das Außenverhältnis abgestellt werden, da der einzelne Gesellschafter das Nutzungsüberlassungsverhältnis nicht allein (sondern nur gemeinschaftlich mit den anderen Gesellschaftern) beherrscht. Es kommt daher darauf an, ob und inwieweit der Quotennießbraucher anstelle des Gesellschafters die wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben kann. Er muss daher den Gesellschafter bei der Mitwirkung an der Willensbildung in der Gesellschaft wirksam beschränken können und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung selbst (gegebenenfalls "anteilig") als Gesellschafter anzusehen sein. Seine Rechtsstellung muss mithin der des Gesellschafters vor allem im Hinblick auf die Ausübung der wesentlichen Stimm- und Verwaltungsrechte so angenähert sein (vgl. BFH v. 9.4.1991, IX R 78/88, BStBl II 1991, S. 809; BFH v. 2.4.2008, IX R 18/06, BStBl II 2008, S. 679), dass der Gesellschafter insoweit jedenfalls nicht ohne den Nießbraucher handeln kann.
Durchsetzung der Mitwirkungsrechte
Da Stimmrechte einheitlich ausgeübt werden müssen, wird dem Quotennießbraucher eine an die Stellung des Gesellschafters "angenäherte" Position nur eingeräumt, wenn er die wesentlichen Stimm- und Verwaltungsrechte des Gesellschafters nicht nur diesem gegenüber (intern) ausüben, sondern auch durchsetzen kann. Das erfordert, dass der Nießbraucher den Gesellschafter zumindest "blockieren" und damit verhindern kann, dass der Gesellschafter Entscheidungen mitbeschließt, die dem Willen des Nießbrauchers entgegenstehen. Die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs müssen sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – auch über die Grundlagen der Gesellschaft - nicht gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Im Streitfall war die Rechtsstellung des Quotennießbrauchers begrenzt
Nach dem zwischen X und S bestehenden Vertrag sollte bei Fragen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte betreffen, das Stimmrecht allein vom Gesellschafter ausgeübt werden. Aufgrund dieser Klausel wird dem Nießbraucher keine Position vermittelt, die ihn in die Lage versetzt, anstelle des Gesellschafters die diesem in der Gesellschaft zustehenden wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben. Damit sind die (dem Quotennießbrauch anteilig unterfallenden) Einkünfte aus VuV nicht dem Nießbraucher S, sondern dem Gesellschafter A zuzurechnen.
Hinweis: Vertragliche Regelung der Rechtsstellung des Quotennießbrauchers
Bei mehreren in Betracht kommenden Personen muss eindeutig klar sein, wer die Einkünfte erzielt. Maßgeblich ist in erster Linie die Vertragslage. Da zivilrechtlich nicht abschließend geklärt ist, welche Stimmrechte der Nießbraucher an einem Personengesellschaftsanteil nach dem gesetzlichen Regelstatut ausüben darf, bedarf es insoweit vertraglicher Regelungen. In zweiter Linie kommt es (insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen) darauf an, ob das Vereinbarte (soweit wie möglich) dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und auch tatsächlich umgesetzt wurde.
Ergebnisrichtigkeit des FG-Urteils
Der BFH beurteilt die Begründung des FG-Urteils als fehlerhaft. Er hält jedoch – mit anderer Begründung – das FG-Urteil gleichwohl im Ergebnis für zutreffend. In diesem Fall ist die Revision nach § 126 Abs. 4 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
BFH Urteil vom 15.11.2022 - IX R 4/20 (veröffentlicht am 09.02.2023)
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