Der Nießbrauch als Instrument der Unternehmensnachfolge

Dem Nießbrauch begegnet man häufig im Zusammenhang mit der Übertragung einer Immobilie. Dieser eignet sich bei solider vertraglicher Gestaltung jedoch auch im Bereich der Unternehmensnachfolge als flexibles Gestaltungsinstrument und kann auch steuerliche Vorteile bieten.

Der Nießbrauch als beschränkt dingliches Nutzungsrecht

Bei einem Nießbrauch handelt es sich um ein sogenanntes beschränkt dingliches Recht. Es zeichnet sich dadurch aus, dass der Berechtigte die Sache oder das Recht in bestimmten Teilbereichen nutzen darf, ihm hingegen nicht, wie es beim Eigentum der Fall ist, die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis zusteht. Der Nießbraucher ist nach § 1030 Abs. 1 BGB berechtigt, die Nutzungen aus der Sache zu ziehen und diese zu bewirtschaften. Alle weiteren Befugnisse verbleiben grundsätzlich beim Eigentümer.

Diese Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen Eigentümer und Nießbraucher lässt sich auch im Bereich der Unternehmensnachfolge fruchtbar machen. Denn nicht nur Grundstücke, sondern auch Rechte oder gar das gesamte Vermögen einer Person können mit einem Nießbrauch belastet werden. So lässt sich ein Nießbrauch an den Geschäftsanteilen einer Kapitalgesellschaft, an den Gesellschaftsanteilen einer Personengesellschaft und sogar an einem gesamten Unternehmen als betriebswirtschaftliche Einheit bestellen. Dabei besteht die Möglichkeit, die Belastung im Wege des sogenannten Quotennießbrauchs zu begrenzen. So können die Erträge aus dem Unternehmen oder aus einem Geschäftsanteil passgenau zwischen Nießbraucher und Inhaber bzw. Gesellschafter aufgeteilt werden. Auf diese Weise lassen sich auch Unternehmensgewinne steuerlich vorteilhaft aufteilen.

Flexibles Gestaltungsinstrument zur Unternehmensnachfolge

Der Nießbrauch eignet sich daher als flexibles Gestaltungsinstrument. Wie der nachfolgende Überblick veranschaulichen soll, gilt dies vor allem für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten des Gesellschafters oder Inhabers. Die gängigsten Formen sind dabei der sogenannte Zuwendungsnießbrauch und der Vorbehaltsnießbrauch. Daneben lässt sich der Nießbrauch aber auch im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen als sogenanntes Nießbrauchsvermächtnis als Gestaltungselement einsetzen.

Zuwendungsnießbrauch

Beim Zuwendungsnießbrauch behält der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil (bzw. der Inhaber sein Unternehmen) und belastet ihn mit einem Nießbrauch zugunsten einer bestimmten Person. Diese hat fortan Anspruch auf die Unternehmensgewinne, während alle weiteren, sich aus der Beteiligung ergebenden Rechte und Pflichten, wie etwa Auskunfts-, Stimm-, und Mitwirkungsrechte, beim Gesellschafter bzw. Inhaber verbleiben. Damit eignet sich der Zuwendungsnießbrauch insbesondere für die Fälle, in denen der Gesellschafter zwar die finanzielle Versorgung seines Ehegatten oder seiner Kinder aus den Erträgen des Unternehmens sicherstellen will, dabei aber weiterhin in der Gesellschaft verbleiben möchte.

Vorbehaltsnießbrauch

Will der Gesellschafter bzw. Inhaber die unternehmerische Verantwortung hingegen auf einen Nachfolger übertragen, dabei aber seine eigene finanzielle Versorgung sichergestellt wissen, so eignet sich hierzu der Vorbehaltsnießbrauch. Dazu überträgt er seinen Anteil oder das Unternehmen bereits vollständig, behält sich aber einen Nießbrauch hieran vor. Dies führt im Vergleich zum Zuwendungsnießbrauch zum umgekehrten Effekt: Der Gesellschafter/Inhaber hat zwar weiterhin Anspruch auf die Unternehmensgewinne, verliert aber seine gesellschaftsrechtliche Stellung und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Diese stehen fortan uneingeschränkt dem neuen Inhaber zu.

Der Vorbehaltsnießbrauch eignet sich auch dann, wenn der Gesellschafter bzw. Inhaber neben der finanziellen Versorgung auch weiterhin Einfluss im Unternehmen behalten möchte. Dies kann dann interessant sein, wenn ein Nachfolger allmählich an die Gesellschafterstellung herangeführt werden und ihm deshalb noch nicht die volle gesellschaftsrechtliche Verantwortung übertragen werden soll. Da dem Nießbrauchberechtigten in dieser Konstellation über den Unternehmensgewinn hinaus auch Gesellschafterrechte, insbesondere Stimmrechte, zustehen, spricht man hier von einem sogenannten Vollnießbrauch. Dieser geht über die gesetzlich vorgesehene Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen Nießbraucher und Anteilsinhaber hinaus. Gleichwohl ist dessen Zulässigkeit heute allgemein anerkannt.

Nießbrauchsvermächtnis

Möchte der Gesellschafter bzw. Inhaber zu Lebzeiten noch keine der vorgenannten Regelungen treffen, so kann er die Bestellung eines Nießbrauchs auch im Rahmen eines Testaments anordnen. Die Interessenlage wird dabei regelmäßig der des Zuwendungsnießbrauchs entsprechen. So kann der Gesellschafter bzw. Inhaber auch nach seinem Tod die Versorgung seiner Familienangehörigen aus den Erträgen des Unternehmens sicherstellen, ohne ihnen gleichzeitig unternehmerische Verantwortung aufzubürden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass den Begünstigten der Nießbrauch vermächtnisweise zugewendet wird. Hierdurch fällt das Unternehmen bzw. der Geschäftsanteil zwar den Erben an, die fortan das unternehmerische Risiko zu tragen haben. Die Begünstigten erhalten aber einen – notfalls einklagbaren – Anspruch gegen die Erben auf Einräumung eines Nießbrauchs nach den zuvor durch den Erblasser im Testament festgelegten Bedingungen.

Steuerliche Vorteile

Bei richtiger vertraglicher Gestaltung lassen sich durch Einräumung eines Nießbrauchs auch steuerliche Vorteile generieren. So besteht die Möglichkeit, die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen gegen Nießbrauchvorbehalt ertragssteuerneutral vorzunehmen. Der Vorbehaltsnießbrauch ist auch schenkungsteuerlich interessant, da durch die Übertragung gegen Nießbrauchvorbehalt in aller Regel Progressionsvorteile und Freibeträge ausgeschöpft werden können, soweit Schenkungsteuer anfällt. Auch der Zuwendungsnießbrauch kann im Vergleich zu anderen Zuwendungen an nahestehende Personen schenkungsteuerrechtliche Vorteile bringen, jedenfalls wenn es sich um Anteile an einer Personengesellschaft handelt. Bei der Vereinbarung von Stimmrechten im Rahmen des Vollnießbrauchs ist allerdings Vorsicht geboten, da sich dies negativ auf die Begünstigungen im Rahmen der Schenkung- und Erbschaftsteuer auswirken kann. Insgesamt ist die steuerliche Behandlung des Nießbrauchs komplex und muss deshalb jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Fazit

Mit einem Nießbrauch lassen sich verschiedenste Gestaltungsziele realisieren, sodass sich dieser als flexibles Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge eignet. Da dabei aber einige Fallstricke lauern, ist eine gute Beratung zu empfehlen. Bei solider vertraglicher Gestaltung kann der Nießbrauch allen Beteiligten Vorteile bringen, nicht zuletzt auch in steuerlicher Hinsicht.