Unternehmensnachfolge – Grundlagen eines Unternehmertestaments

Regelmäßig treffen bei einem Unternehmertestament komplexe Fragen des Erb-, Gesellschafts- und Steuerrechts aufeinander. Damit die Unternehmensnachfolge gelingt, ist daher eine sorgfältige Planung und Gestaltung erforderlich.

Bedeutung und Zweck des Unternehmertestaments

Rund 90 % aller Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen, die zusammen mehr als 50 % des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. Nach Auffassung der Bundesregierung stehen bis zum Ende des Jahres 2026 ca. 560.000 mittelständische Unternehmen vor der Frage der Nachfolgelösung. Bedingt durch den demografischen Wandel ist davon auszugehen, dass die Zahl der Unternehmensnachfolgen in den kommenden Jahren noch weiter steigen wird. Dabei ist es nach wie vor der Wunsch der meisten Unternehmer, dass das Unternehmen innerhalb der Familie fortgeführt wird. Sofern die Übergabe nicht bereits zu Lebzeiten erfolgt, bedarf es hierzu entsprechender Nachfolgeregelungen in Form eines Testaments.

Dabei folgt das Unternehmertestament im Grundsatz den gleichen Regeln wie jedes andere Testament. Allerdings beschränken sich die Folgen regelmäßig nicht auf die bloße Frage, wer neuer Eigentümer der Unternehmung bzw. der zu vererbenden Gesellschaftsanteile wird. Vielmehr hat die Erbfolge oftmals unmittelbare Auswirkungen auf die Unternehmung als solche, insbesondere das Machtgefüge innerhalb des Unternehmens sowie der liquiden Mittel. Darüber hinaus ist die Erbfolge, wenn Unternehmen involviert sind, in besonderem Maße streitanfällig und bedarf daher eines sorgsam austarierten Regelungsgefüges.

Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Unternehmens

Um die Handlungsfähigkeit des Unternehmens in der nächsten Generation zu gewährleisten, sollte das Unternehmertestament klare und einfache Regelungen enthalten und den Unternehmer nur dann schon binden, wenn die Unternehmensnachfolge unmittelbar bevorsteht und die Auswahl der Nachfolgenden bereits abgeschlossen ist. Ist diese unklar, sollte das Unternehmertestament diese Bindung noch nicht entfalten. Hier ist es zwingend notwendig, das Testament einer regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen. Die Bestimmungen zur Unternehmensnachfolge sollten im Regelfall daher nicht mit erbvertraglicher Bindungswirkung oder durch wechselbezügliche Verfügung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments erfolgen. Andernfalls ist davon auszugehen, dass es dem Unternehmer nach Errichtung des Testaments nicht mehr möglich ist, auf plötzliche und völlig unerwartete Lebensumstände (Erkrankung/Unfälle/Todesfall) flexibel reagieren zu können.

Ferner sollte gerade bei einzelkaufmännischen Unternehmen oder Kapitalgesellschaften vermieden werden, dass eine Erbengemeinschaft die Nachfolge im Unternehmen antritt, ohne dass eine entsprechende Testamentsvollstreckung angeordnet oder aber testamentarisch ein oder mehrere Rechtsnachfolger bestimmt wurden. Die Erbengemeinschaft eignet sich nicht zur Fortführung des Unternehmens. Hier sind vor den jeweiligen Beschlussfassungen im Unternehmen Einigungen in der Erbengemeinschaft zu suchen. Dies liegt vor allem daran, dass wichtige Entscheidungen grundsätzlich nur gemeinschaftlich getroffen werden können. Sind sich die Nachfolger nicht einig oder nutzt ein Mitglied der Erbengemeinschaft dies bewusst aus, besteht die Gefahr, dass das Unternehmen keine Entscheidungen mehr treffen kann. Daraus können erhebliche wirtschaftliche Nachteile oder sogar die Handlungsunfähigkeit des Unternehmens resultieren.

Der Nachfolger sollte daher im Testament direkt und unmittelbar durch den Unternehmer benannt werden. Von einer Bestimmung des Nachfolgers durch Dritte ist abzuraten. Auf diese Möglichkeit sollte allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch keine Bestimmung treffen kann, etwa wenn seine Kinder noch zu jung sind, um unter ihnen einen Nachfolger zu bestimmen.

Schließlich sollte auch davon abgesehen werden, dem Nachfolger durch das Testament zu starke Beschränkungen aufzuerlegen. Dies gilt insbesondere für Instrumente wie Vor- und Nacherbschaft oder eine Dauertestamentsvollstreckung. Dies kann aus Sicht des Unternehmers zwar reizvoll sein, weil sich hierdurch die Unternehmensnachfolge präziser oder längerfristiger steuern lässt. Abseits der Tatsache, dass der Nachfolger dies in aller Regel als mangelndes Vertrauen sich gegenüber auffassen wird, werden Entscheidungsprozesse dadurch jedoch zumeist komplizierter und die Reaktionszeit auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingung länger. Gerade bei Instrumenten, wie Vor- und Nacherbschaft oder Dauertestamentsvollstreckung kann nicht adäquat auf die der Nachfolgegeneration folgenden Personen mit zureichender Sicherheit abgestellt werden. Die Dauertestamentsvollstreckung führt dauerhaft zu einer Entfremdung der Familie bzw. der Nachkommen vom Unternehmen und zur Inthronisierung eines durch die Nachfolgenden kaum zu überwachenden Dauertestamentsvollstreckers. Hier erfolgt eine Vermischung der Ebenen des Eigeninteresses an der Fortführung der Dauertestamentsvollstreckung mit der Sinnhaftigkeit der Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Unternehmens. Man sollte stattdessen über Instrumente, wie Übertragungen unter Nießbrauchvorbehalt oder aber auch Errichtung eines Beirates nachdenken.

Schutz der Liquidität des Unternehmens

Neben der Handlungsfähigkeit ist das Unternehmen in der Nachfolgegeneration nur dann wettbewerbs- und zukunftsfähig, wenn es weiterhin über genügend Liquidität verfügt. Bei der Gestaltung der Nachfolgeregelungen gilt es daher darauf zu achten, die Liquidität des Unternehmens durch die Erbfolge nicht grundsätzlich zu schwächen.

Das größte Risiko stellen – neben (erbschafts-)steuerrechtlichen Verbindlichkeiten – dabei Pflichtteilsansprüche naher Angehöriger dar. Denn der Pflichtteilsanspruch, der in Höhe des hälftigen gesetzlichen Erbteils besteht und auf Geldzahlung gerichtet ist, wird anhand des gesamten Nachlasswerts berechnet, sodass auch der Unternehmenswert einfließt. Da das Vermögen im Unternehmen aber in aller Regel gebunden ist, besteht die Gefahr, dass Teile des Unternehmens oder gar das ganze Unternehmen veräußert werden müssen, um die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen. Hatte der Unternehmer im Zeitpunkt seines Todes z. B. ein Vermögen von 100 Mio. EUR (davon 95 Mio. Unternehmenswert und 5 Mio. EUR Privatvermögen) und von seinen beiden Kindern A und B nur A als Erben eingesetzt, beträgt der Pflichtteilsanspruch von B gegenüber A 25 Mio. EUR. Kann A den Pflichtteilsanspruch weder aus seinem Privatvermögen noch aus der freien Liquidität des Unternehmens erfüllen, müssen hierzu zwangsläufig Teile des Unternehmens belastet oder veräußert werden. Selbst wenn B durch das Testament (vermächtnisweise) das Privatvermögen in Höhe von 5 Mio. EUR erhält, stehen ihm gegenüber A die verbleibenden 20 Mio. EUR als Pflichtteil zu. Pflichtteilsansprüche der Angehörigen sollten daher möglichst ausgeschlossen werden.

Daneben können auch gesellschaftsrechtliche Abfindungsansprüche ein Risiko darstellen, was leider häufig übersehen wird. Oftmals enthalten die Gesellschaftsverträge Vorgaben darüber, wer Nachfolger sein darf und wer nicht. Gehört der durch das Testament Benannte nicht zu diesem Personenkreis, kann er nicht Unternehmensnachfolger werden, da die gesellschaftsrechtlichen Regelungen insoweit vorrangig sind. In den Nachlass fällt dann – wenn überhaupt – nur noch ein etwaiger Abfindungsanspruch. Werden die erbrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen daher nicht sorgfältig aufeinander abgestimmt, kann es schlimmstenfalls dazu kommen, dass die erbrechtlichen Anordnungen ins Leere laufen und das Unternehmen darüber hinaus noch mit Abfindungsansprüchen belastet wird.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, den Gesellschaftsvertrag bereits an die künftige Situation der Nachfolgegeneration anzupassen, bspw. um Pattsituationen zu vermeiden oder entsprechende (Streit-)Lösungsmechanismen vorzusehen. Überdies empfiehlt es sich, Regelungen über die Bewertungen der Anteile bzw. des Verfahrens zur Bewertung im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Schließlich sollten auch sonstige testamentarische Zahlungsverpflichtungen des Nachfolgers, insbesondere Ausgleichszahlungen in Form von Auflagen oder Vermächtnissen, nur mit Bedacht und mit Rücksicht auf die Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens, aber auch auf die erbschaftsteuerlichen Besonderheiten hin angeordnet werden. Hierbei empfiehlt es sich, auch das Problem der Ausschlagung von nicht nachfolgeberechtigten Erben und den damit verbundenen Pflichtteilsansprüchen Rechnung zu tragen.

Steuerliche Auswirkungen berücksichtigen

Neben dem Erb- und dem Gesellschaftsrecht bildet das Steuerrecht die dritte Komponente, die bei der Gestaltung des Unternehmertestaments zwingend zu berücksichtigen ist. Dies gilt insbesondere für die Erbschaftsteuer. Befindet sich ein Unternehmen im Nachlass, übersteigt dessen Wert regelmäßig die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge, sodass auf den übersteigenden Betrag bis zu 30 % an Erbschaftsteuerlast anfallen können. Befinden sich überdies noch Teile des Unternehmens im Ausland, ist zu beachten, dass hier möglicherweise doppelte Erbschaftsteuerlasten zu beachten sind, da auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechtes nur eine sehr geringe Anzahl an funktionierenden Doppelbesteuerungsabkommen besteht.

Um eine unnötig hohe Steuerlast zu vermeiden, sollte daher stets geprüft werden, ob eine steuerliche Optimierung möglich ist. Bei Unternehmen besteht für inländische Betriebsstätten derzeit noch über sogenannte Verschonungsregelungen (§§ 13a, 13b ErbStG) die Möglichkeit, dass das zum Unternehmen gehörende Betriebsvermögen entweder nur zu 15 % (sogenannte Regelverschonung) oder gar nicht (sogenannte Optionsverschonung) versteuert werden muss. Hierfür müssen eine ganze Reihe an Voraussetzungen vorliegen, deren Realisierbarkeit für das jeweilige Unternehmen bei Testamentserstellung genau zu prüfen sind.

Daneben spielen häufig auch ertragsteuerliche Aspekte eine Rolle, z. B. im Fall einer Betriebsaufspaltung. Ist das Unternehmen, wie häufig, in eine Besitzgesellschaft und in eine Betriebsgesellschaft aufgespalten, so liegt dann eine Betriebsaufspaltung im steuerlichen Sinne vor, wenn beide Gesellschaften von derselben Person oder Personengruppe beherrscht werden. Dabei hängt es vom Einzelfall ab, ob die Betriebsaufspaltung steuerlich vorteilhaft und damit sinnvoll ist. Um zu vermeiden, dass durch den Erbfall ungewollt eine Betriebsaufspaltung eintritt oder endet, muss auch dies bereits bei Erstellung des Unternehmertestaments berücksichtigt und rechtzeitig durch entsprechende gesellschaftsrechtliche Maßnahmen strukturiert werden.

Fazit und Handlungsempfehlung

Regelmäßig treffen beim Unternehmertestament komplexe Fragen des Erb-, Gesellschafts- und Steuerrechts aufeinander, was eine sorgfältige Planung und Gestaltung erforderlich macht, wenn die Unternehmensnachfolge gelingen soll. Es ist ferner darauf zu achten, dass die notwendigen Vollmachten, wie z.B. Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen, Generalvollmachten, auch über den Tod hinaus vorbereitet werden, um in den schwierigen Phasen einer möglichen Handlungsunfähigkeit bis zum Eintritt des Todes und darüber hinaus das Unternehmen handlungsfähig fortführen zu können.

Es kann jedem Unternehmer daher nur dringend dazu geraten werden, sich frühzeitig mit der eigenen Nachfolgeplanung zu befassen. Dabei sollten unbedingt auch diejenigen Personen, die von der Nachfolgeregelung betroffen sind, rechtzeitig eingebunden werden, um Transparenz und damit eine höhere Akzeptanz zu schaffen. Hierdurch kann das Risiko späterer (Erb-) Streitigkeiten verringert werden, die gerade bei Unternehmensnachfolgen häufig vorkommen. Damit erhöht der Unternehmer die Chance eines erfolgreichen Generationenwechsels im Unternehmen, was nicht nur in seinem, sondern im Sinne aller Beteiligten ist.

Weiterer Autor des Beitrags: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Dr. Guido Krüger