BGH beschränkt Skonto: Mindestpreis für Arzneimittel

Beim Vertrieb von verschreibungspflichtigen Medikamenten an Apotheken dürfen keine Skonti gewährt werden, wenn hierdurch der durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) vorgeschriebene Mindestpreis unterschritten wird.

Hintergrund

Nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV in der seit Mai 2019 geltenden Fassung hat der pharmazeutische Großhandel bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken einen Mindestpreis einzuhalten, der sich aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und einem festen Zuschlag von 70 Cent (seit 27.7.2023: 73 Cent) zuzüglich Umsatzsteuer zusammensetzt.

Sachverhalt

Der vom BGH entschiedene Fall betraf die Preisgestaltung der Beklagten, einer Parallel- und Reimporteurin von Arzneimitteln, die in Deutschland gegenüber Apotheken hochpreisige Arzneimittel vertreibt. Die Beklagte gewährte den Apotheken bei einer Bezahlung innerhalb von 14 Tagen ein Skonto in Höhe von 3 %, selbst wenn es hierdurch zu einer Unterschreitung des aus dem Festzuschlag und dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zusammengesetzten Mindestpreises kam.

Die gegen diese Preisgestaltung gerichtete Klage einer Wettbewerbsbehörde war erfolgreich. Das in der Vorinstanz zuständige OLG Brandenburg erachtete die Preisgestaltung als unzulässig. Es nahm an, dass die Gewährung eines Skontos bei einer Zahlung innerhalb von 14 Tagen gegen § 78 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG), § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV verstoße. § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV sehe bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln durch den Großhandel an Apotheken feste Zuschläge vor. Da der Festzuschlag kein Entgelt für das abgegebene Arzneimittel darstelle, komme ein Skonto auf diesen Preisbestandteil nicht in Betracht. Sei der Festzuschlag nicht skontierfähig, gelte dies zugleich für den Mindestpreis insgesamt.

Entscheidung des BGH

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der BGH schloss sich der Auffassung des OLG Brandenburg an und erachtete die Gewährung von Skonti als unzulässig, wenn hierdurch der arzneimittelrechtlich vorgeschriebene Mindestpreis unterschritten wird. Dies gelte selbst dann, wenn der Preisnachlass als "echtes" Skonto eine Vergütung für die vorfristige Zahlung darstelle.

Der BGH stütze seine Entscheidung allen voran auf den Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV. Während dessen frühere Fassung die Erhebung von Zuschlägen noch in das Ermessen des Großhandels gestellt und nur einen Höchstpreis festgelegt hatte ("darf … erhoben werden"), enthalte die seit Mai 2019 geltende Fassung neben einem Höchstpreis ausdrücklich auch einen Mindestpreis ("sind … zu erheben"). Da die Neuregelung keine Ausnahme von der Erhebung des Mindestpreises zulasse, seien Skonti, die zur Unterschreitung dieses Mindestpreises führen, unzulässig.

Dies ergebe sich auch aus der Systematik der Regelungen des AMG und der AMPreisV. Der Verordnungsgeber habe den Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV bewusst an § 3 AMPreisV angepasst, der Apotheken bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ebenfalls zur Erhebung bestimmter Zuschläge verpflichte und insoweit keinen Spielraum einräume.

Neben Wortlaut und Systematik spreche auch der Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV für eine Preisuntergrenze. Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen müssten eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherstellen. Da dieser Auftrag unabhängig vom Preis eines Arzneimittels zu erfüllen sei, solle der Großhandel im Gegenzug eine Vergütung erhalten, die ausreiche, um eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken zu gewährleisten. Dieses Ziel könne nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nur mit einem Festaufschlag auf den Abgabepreis erreicht werden. Lasse man Skonti oder andere Preisnachlässe zu, die im wirtschaftlichen Ergebnis dazu führen, dass auf die Erhebung von Zuschlägen verzichtet oder der Abgabepreis unterschritten wird, werde dieses Ziel verfehlt.

Fazit und Anmerkung

Der BGH bekräftigt mit seiner Entscheidung das Prinzip der Preisbindung im Arzneimittelvertrieb und schafft hierdurch Rechtssicherheit. Die Entscheidung ist inhaltlich nachvollziehbar, da der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV insoweit keinen Interpretationsspielraum eröffnet.

Für die vielfach bereits wirtschaftlich angeschlagenen Apotheken bedeutet die Entscheidung eine weitere finanzielle Belastung. Sie verlieren die Möglichkeit, mit den Großhändlern günstigere Konditionen zu vereinbaren. Der Vorsitzende des deutschen Apothekenverbands, Hans-Peter Hubmann, sieht vor diesem Hintergrund die Politik in der Pflicht, eine sofortige spürbare Entlastung herbeizuführen. Nur so könne die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland abgesichert werden.

(BGH, Urteil v. 8.2.2024, I ZR 91/23)