Zu der Frage, ob und – wenn ja – unter welchen Voraussetzungen ein Quotennießbrauch steuerlich anzuerkennen ist, lag bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
Der BFH hat sich nun in seiner Entscheidung v. 15.11.2022 erstmals mit dieser Problematik befasst und entschieden, dass auch ein Quotennießbrauch unter bestimmten Voraussetzungen mit steuerrechtlicher Wirkung anzuerkennen ist, so dass dem Quotennießbraucher Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks zugerechnet werden können.
Im entschiedenen Streitfall ging es um den Quotennießbrauch am Anteil eines Gesellschafters einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft.
Nießbraucher = Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft: Hier erzielt der Nießbraucher – anstelle des Gesellschafters – die auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Einkünfte aus VuV, wenn und soweit er aufgrund der ihm zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an sog. "Grundlagengeschäften" der Gesellschaft mitzuwirken. Einkommensteuerrechtlich erfordert eine Einkünftezurechnung zumindest eine gleichberechtigte Teilhabe des Nießbrauchers an der Willensbildung der Gesellschaft.
Gilt auch für "Quoten"-Nießbrauch: Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Besonderheiten eines Quotennießbrauchs. Auch in diesem Fall ist es erforderlich, dass der Nießbraucher – in gleicher Weise wie der Gesellschafter – an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken kann. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Nießbraucher nur einen Teil der laufenden Einkünfte für sich beanspruchen kann. Beachten Sie: Das nicht teilbare Stimmrecht muss einheitlich ausgeübt werden, auch wenn die (interne) Zuständigkeit zur Willensbildung kraft des Quotennießbrauchs auf zwei Personen entfällt.
Nießbraucher = Entscheidungskompetenz auch bei Grundlagengeschäften: Eine im Wesentlichen gleichberechtigte Stellung wird dem Nießbraucher in einem solchen Fall nur eingeräumt, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen – nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Im Streitfall = fehlende Mitwirkungsbefugnis bei Grundlagengeschäften: Im entschiedenen Streitfall fehlte es jedoch an der Berechtigung des Quotennießbrauchers, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken, so dass ihm keine Einkünfte zuzurechnen waren. Denn nach der Vertragslage sollten die Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft gemeinschaftlich ausgeübt werden. Bei einem Dissens musste sich der Gesellschafter der Stimme enthalten. Schließlich: Bei Fragen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte (z.B. Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens) betreffen, sollte dagegen das Stimmrecht – unter Beachtung des Zustimmungsvorbehalts gem. § 1071 BGB – allein vom Gesellschafter ausgeübt werden.
Der BFH entschied, dass die letztgenannte Klausel dem Nießbraucher keine Position vermittelt, die ihn in die Lage versetzt, anstelle des Gesellschafters die diesem in der Gesellschaft zustehenden wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben (und ihn gegebenenfalls bei der Stimmabgabe zur Enthaltung zu zwingen), so dass die (dem Quotennießbrauch anteilig unterfallenden) Einkünfte aus VuV nicht mehr dem Gesellschafter, sondern ihm zugerechnet werden könnten. Vielmehr hatten die Vertragspartner damit zum Ausdruck gebracht, dass es nach ihrer Vorstellung Entscheidungen – jenseits des Anwendungsbereichs des § 1071 Abs. 2 BGB – geben könne, bei denen der Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Nießbraucher allein mitwirken sollte.