Mit Urteil vom 15.11.2022 – IX R 4/20, EStB 2023, 136 (Günther) hat der BFH nun erstmals über die steuerliche Anerkennung eines Quotennießbrauchs entschieden. Im Streitfall ging es um den Quotennießbrauch am Anteil eines Gesellschafters einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Hier erzielt der Nießbraucher – anstelle des Gesellschafters – die auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn und soweit er aufgrund der ihm zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an sog. "Grundlagengeschäften" der Gesellschaft mitzuwirken. Einkommensteuerrechtlich erfordert eine Einkünftezurechnung zumindest eine gleichberechtigte Teilhabe des Nießbrauchers an der Willensbildung der Gesellschaft. Dies gilt auch bei der Vereinbarung eines Quotennießbrauchs. Erforderlich ist, dass der Nießbraucher in gleicher Weise wie der Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken kann. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Nießbraucher nur einen Teil der laufenden Einkünfte für sich beanspruchen kann. Das nicht teilbare Stimmrecht muss einheitlich ausgeübt werden, auch wenn die (interne) Zuständigkeit zur Willensbildung kraft des Quotennießbrauchs auf zwei Personen entfällt.
Eine im Wesentlichen gleichberechtigte Stellung wird dem Nießbraucher in einem solchen Fall nur eingeräumt, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen – nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.
Im entschiedenen Streitfall fehlte es jedoch an der Berechtigung des Quotennießbrauchers, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken, so dass ihm keine Einkünfte zuzurechnen waren. Denn nach der Vertragslage sollten die Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft gemeinschaftlich ausgeübt werden. Bei einem Dissens musste sich der Gesellschafter der Stimme enthalten. Bei Fragen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte (z.B. Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens) betreffen, sollte dagegen das Stimmrecht unter Beachtung des Zustimmungsvorbehalts gem. § 1071 des BGB allein vom Gesellschafter ausgeübt werden.