Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgabe von Frisör-Dienstleistungsgutscheinen am Ende des Jahres zur Einlösung im Folgejahr gestattet im Ausgabejahr keine Bilanzierung von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Ausgabe von sog. Frisör-Dienstleistungsgutscheinen am Ende des Jahres zur Einlösung im Folgejahr erlaubt im Ausgabejahr keine Bilanzierung von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen.
- Die Verpflichtung, aufgrund des Gutscheins einen Preisabschlag zu gewähren, entsteht rechtlich wirksam erst, wenn sich – auch – der Gutscheininhaber im Folgejahr gegenüber dem Gutscheinausgeber zur Abnahme einer Dienstleistung verpflichtet. Das bedeutet, dass die Gutschein-Einlösung nur bei Entgegennahme einer weiteren Dienstleistung möglich war, also nicht voraussetzungslos.
- Eine Verpflichtung, die noch von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, rechtfertigt nicht die Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit.
Normenkette
HGB § 247 Abs. 1, §§ 249, 266; GewStG § 2 Abs. 2 S. 2; KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995, 1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die bilanzielle Bildung von Passivposten (Verbindlichkeiten oder -hilfsweise-Rückstellungen) wegen der Ausgabe von Dienstleistungsgutscheinen zur Einlösung im Folgejahr.
Die Klägerin ist eine KG (St.-Nr.:xxxxxxxx), deren Gesellschaftszweck der Erwerb und das Halten von Beteiligungen sowie die Vermögensverwaltung und Geschäftsführung ist. Die Klägerin ist umsatz-, gewerbe- und körperschaftsteuerlich Organträgerin der Firma Frisör xxxxxxxx GmbH (St.-Nr.: xxxxxxxx, Organgesellschaft; fortan GmbH)). Die für die Klägerin festzustellenden Gewinne und festzusetzenden (und zu zerlegenden) einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge resultieren in erheblichem Umfang aus den jeweiligen Gewinnen und Gewerbeerträgen der GmbH als Organgesellschaft. Die GmbH betreibt und verwaltet in Deutschland eine Vielzahl von Frisörsalons. So wurden in 1995 303, in 1996 351 und in 1997 417 Betriebsstätten in angemieteten Geschäftslokalen betrieben. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und wenn ja wie die Einlösungsverpflichtungen aus der Hingabe von sogenannten Weihnachtsgutscheinen in xxxxxxxx-Frisörsalons bei der GmbH erfolgsmindernd zu bilanzieren sind.
In den Jahren 1995, 1996 und 1997 gaben xxxxxxxx-Frisörsalons jeweils Ende des Jahres von Mitte November bis Ende Dezember im Rahmen von Weihnachtsaktionen an Kunden bei Bezug einer Leistung jeweils einen und ab 1996 auch zwei Gutschein/e mit dem Hinweis zur Einlösung bis spätestens Januar 1996 (Gutscheine aus 1995) beziehungsweise des einen im Januar und des anderen im Februar (Gutscheine aus 1996 und 1997) des Folgejahres aus, dass „… pro Besuch nur ein Gutschein eingelöst werden könne”. Die Gutscheine waren 8,5 cm x 5,5, cm groß, zeigten als Aussteller „FRISÖR xxxxxxxx”, beinhalteten „… als Dankeschön, dass Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben” einen „Gutschein von DM 10,- für jede Dienstleistung in allen Frisör xxxxxxxx Salons” mit Gültigkeit im Januar beziehungsweise Februar des Folgejahres und waren jeweils mit einem „Stempel” des ausgebenden Frisörsalons zu versehen. Der Name des Kunden wurde bei Ausgabe der Gutscheine nicht auf den Gutscheinen eingetragen und vom Frisörsalon auch nicht anderweitig festgehalten. Eine Bareinlösung der Gutscheine war ebenso ausgeschlossen wie die Kumulation von Gutscheinen. Nach Ablauf des Aktionszeitraums verfielen die Gutscheine entschädigungslos. Die Aushändigung der Gutscheine geschah unmittelbar nach Abrechnung der jeweiligen Dienstleistung an der Kasse durch die/den Salonangestellte/n, die/der den Kunden vorher betreut hatte. Hierdurch wurde sichergestellt, dass nur solche Kunden einen Gutschein erhielten, die in den Monaten November beziehungsweise Dezember auch eine entgeltliche Dienstleistung bezogen hatten. Bei der Aushändigung des Gutscheins hatte die/der Salonangestellte dem jeweiligen Kunden ihren/seinen Dank für die diesjährige Treue auszusprechen und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Für die nach Ansicht der GmbH zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres (jeweils in der Bilanz des Folgejahr wieder aufgelöste) Rückstellungen aus, wobei sie die Höhe der Rückstellungen jeweils in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine im Schätzungswege bestimmte. Über die ausgegebenen und tatsächlich wieder eingelösten Gutscheine wurden bis auf Ausnahmen keine genauen Aufzeichnungen geführt.
Für das Jahr 1995 lies die GmbH 350.000 Gutscheine drucken. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die Rückläufer vorlagen, ermittelte die GmbH die Gesamtzahl der Gutscheinrückläufer anhand einer Schätzung. Diese Schätzung basierte auf den Zahlen, die aus der Region des Bereichsleiters xxxxxxxx gemeldet worden waren. Da in dieser Region von 20.088 ausgegebenen Gutscheinen 16.638 Gutscheine wieder eingelöst wurden, ...