Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vertretungsbefugnis des Landesarbeitsamtes und dessen Präsidenten in Kindergeldsachen. Aufhebung und Rückforderung des Kindergeldes für Januar 1996
Nachgehend
Tenor
Das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen und der unterbevollmächtigte Verwaltungsoberamtsrat B. werden als Prozeßbevollmächtigte zurückgewiesen.
Gründe
Die Entscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach sind Bevollmächtigte und Beistände, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) befugt zu sein, zurückzuweisen.
Das StBerG ist auf die Hilfeleistung in Kindergeldsachen anzuwenden. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 StBerG ist das StBerG u.a. auf die Hilfeleistung in Angelegenheiten anzuwenden, die durch Bundesrecht geregelte Steuern und Vergütungen betreffen, soweit diese durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Das Kindergeld wird gem. § 31 Satz 3 EStG in der ab 1996 geltenden Fassung als Steuervergütung gezahlt (Familienlastenausgleich); der Familienlastenausgleich wird gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG) durch das Bundesamt für Finanzen als Oberbehörde gem. § 1 Nr. 2 FVG durchgeführt. Die Familienkassen der Bundesanstalt für Arbeit gelten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 4 FVG als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienlastenausgleich durchführen, und unterliegen insoweit der Fachaufsicht des Bundesamtes für Finanzen.
Zur Hilfeleistung in Steuersachen gehört gem. § 33 StBerG u.a. die Vertretung des Auftraggebers. Dazu gehört die Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. Gehre, Kommentar zum StBerG, 3. Aufl. 1995, Rdz. 8 ff, 10 zu § 1 StBerG), die im Streitfall durch die Prozeßbevollmächtigte, das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen erfolgen soll.
Gem. § 2 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Dies gilt ohne Unterschied für hauptberufliche, nebenberufliche, entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit. Geschäftsmäßigkeit liegt vor, wenn die Hilfeleistung wiederholt in eigener Verantwortung erfolgt oder erfolgen soll (vgl. Gehre a.a.O., Rdz. 3 zu § 1 StBerG). Die (beabsichtigte) wiederholte Hilfeleistung durch die Prozeßbevollmächtigte wird im Streitfall durch das (angekündigte) Ruftreten in mehreren beim Niedersächsischen Finanzgericht anhängigen Verfahren, die von der Beklagten erteilte Generalvollmacht vom 06.02.1997 und die von der Prozeßbevollmächtigten erteilte Vertretungsanzeige für den Verwaltungsoberamtsrat B. belegt.
Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind gem. § 3 StBerG befugt:
- Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften,
- Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften.
Es ist nicht ersichtlich, daß die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu diesem Personenkreis gehört. Sie ist deshalb nicht zur (unbeschränkten) geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
Daß die Voraussetzungen des § 4 StBerG, insbes. des § 4 Nr. 3 StBerG, zur Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen vorliegen, ist gleichfalls nicht ersichtlich. Nach § 4 Nr. 3 StBerG sind Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die überörtlichen Prüfungseinrichtungen für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
Das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen ist nicht für Kindergeldangelegenheiten zuständig, wie sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG ergibt. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG stellt die Bundesanstalt für Arbeit dem Bundesamt für Finanzen zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Anders als die Prozeßbevollmächtigte meint, gehört das Landesarbeitsamt nicht zu den gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs zur Verfügung gestellten Dienststellen. Die Durchführung des Familienleistungsausgleichs durch Zahlung von Kindergeld gem. §§ 31 Satz 3, 62 ff. EStG erfolgt gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Weise, daß das Kindergeld von der Familienkasse durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt wird. Daher ist Familienkasse nur die mit der Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes befaßte Behörde, also das beklagte Arbeitsamt, das dem entsprechend den Einspruch bearbeitet und den Einspruchsbescheid erlassen hat. Eine Familienkasse für die steuerliche Festsetzung und eine weitere für die Prozeßführung sieht das Gesetz nicht vor. Deshalb ist nur die Beklagte selbst – als gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG dem Bundesamt für Finanzen zur Verfügung gestellte Dienststelle gem. § 4 Nr. 3 StBerG befugt, in ihren eigenen Kindergeldangelegenheiten tätig zu werden und im finanzgerichtlichen Verfahren aufz...