Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirklichung eines Erwerbsvorgangs i.S. von § 23 Abs. 4 GrEStG bei Verschmelzung zweier GmbH`s. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Grunderwerbsteuer)
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbare Verschmelzung von zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht schon bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags, sondern erst mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister i.S. des § 23 Abs. 4 GrEStG verwirklicht wird (hier: Anwendung des „neuen” GrEStG bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags am 31.12.1996 und Handelsregistereintragung erst im Jahr 1997).
Normenkette
GrEStG § 23 Abs. 4 S. 1, § 11 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 3; FGO § 69 Abs. 2-3
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Beschwerde wird zugelassen.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob ein grunderwerbsteuerlich maßgebender Erwerbsvorgang nach dem 31. Dezember 1996 verwirklicht wurde und sich die Besteuerung nach § 8 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 richtet.
Die Antragstellerin entstand im Wege der Verschmelzung von zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Aufnahme. Zum Vermögen der aufgenommenen Gesellschaft gehörte ein Grundstück. Der Verschmelzungsvertrag wurde am 31. Dezember 1996 geschlossen, die Verschmelzung am 16. Januar 1998 in das Handelsregister eingetragen. Am 19. November 2001 erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen Grunderwerbsteuerbescheid über 307.702 DM. Dabei bemaß er die Steuer nach dem Bedarfswert und ging von einem Steuersatz von 3,5 v.H. aus. Einen Einspruch wies der Antragsgegner mit Entscheidung vom 16. Dezember 2004 zurück. Die Antragstellerin erhob am 4. Januar 2005 die unter dem Az. 6 K 6/05 anhängige Klage und machte die Aussetzung der Vollziehung gerichtlich geltend, nachdem der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag am 27. März 2002 abgelehnt hatte.
Die Antragstellerin hat insoweit Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung, als sie den Betrag von 2 v.H. des Wertes der Gegenleistung übersteigt. Der Erwerbsvorgang sei bereits mit Abschluß des Verschmelzungsvertrages am 31. Dezember 1996 verwirklicht, so daß nach § 23 Abs. 4 Satz 1 GrEStG nicht § 8 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 GrEStG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 anzuwenden seien. Ebenso wie bei einer Grundstücksübertragung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG hätten sich die Parteien durch den Vertragsschluß als maßgebende rechtsgeschäftliche Erklärung gebunden, auch wenn dieser Rechtsvorgang die Entstehung der Steuer noch nicht auslöse. Im übrigen hätten die Beteiligten nach dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens nicht frühzeitiger von der Erhöhung des Steuersatzes Kenntnis erlangen können, so daß die Verschmelzung jedenfalls nicht vor dem 1. Januar 1997 in das Handelsregister hätte eingetragen werden können; hierdurch seien sie gegenüber kurzfristig durchführbaren Erwerbsvorgängen wie der notariellen Grundstücksübertragung benachteiligt.
Die Antragstellerin beantragt, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 19. November 2001 insoweit bis zu dessen Bestandskraft, längstens bis einen Monat nach Zustellung der finanzgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache von der Vollziehung auszusetzen, als die festgesetzte Steuer einen Betrag von 2 v.H. des Wertes der Gegenleistung übersteigt,
hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.
Der Antragsgegner beantragt Abweisung.
Er zweifelt unter Verweis auf die Klagebegründung, die sich wiederum auf die Einspruchsentscheidung bezieht, nicht ernstlich an der Rechtmäßigkeit des Bescheids.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 4. Januar, 28. Januar und 10. Februar 2005 sowie vom 17. Januar, 11. Februar und 23. Februar 2005 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag ist nicht begründet.
a) Das Gericht der Hauptsache soll die Vollziehung eines Bescheids aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für die Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen sie sprechende Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder eine Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 22. Januar 1976 V B 75-76/75, BFHE 117, 526, BStBl II 1976, 250; vom 10. Februar 1967 III B 6/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).
b) Nach diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der ...