Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich über Verzicht auf insolvenzrechtliche Anfechtung einer Lieferung als sonstige Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 UStG. Zulässigkeit einer Klage zur Feststellung der Umsatzsteuerpflicht eines Entgelts aus einem Vergleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Erwirbt das ein Hotel verpachtende Unternehmen vom Hotelpächter kurze Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen Hotelinventar, ohne den Kaufpreis zu entrichten und einigt sich das Unternehmen mit dem Insolvenzverwalter im Rahmen eines die – Möglichkeit des Grundstücksverkaufs einschließlich des Inventars ermöglichenden – Vergleichs auf ein Entgelt, damit der Insolvenzverwalter auf die Ausübung eines Anfechtungsrechts verzichtet und um Auseinandersetzungen mit dem Insolvenzverwalter über die Übertragung des Inventars zu vermeiden, begründet die Vereinbarung eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung und keinen zur Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Inventarlieferung führenden Vergleich über den ursprünglichen Kaufvertrag.
2. Durch eine Feststellungsklage gem. § 41 Abs. 1, 1. Alt. FGO kann erreicht werden, dass eine Zahlung im Finanzrechtsweg als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung beurteilt wird, um im Falle des Obsiegens die Vorsteuer aus einer zu erstellenden Rechnung geltend machen zu können.
Normenkette
UStG 2005 § 3 Abs. 9, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 17; InsO §§ 130-131; FGO § 41 Abs. 1, § 40 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Zahlung der Klägerin in Höhe von EUR 80.000 aufgrund der schriftlichen Vereinbarung vom 31. Mai 2006 zwischen der Klägerin und Herrn Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der P GmbH Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung darstellt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, dieser trägt seine Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine für eine vorgenommene Zahlung eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis zu erstellen ist.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG mit Sitz in …, die sich in Liquidation befindet. Sie ist Eigentümerin der Grundstücke … Str. 27, 29, 37, 39 und 41 in …. Sie verpachtete ab dem 1. Juli 2004 das auf dem Grundstück befindliche Hotel für 25 Jahre an die P GmbH (im Folgenden nur P GmbH). Die Klägerin hatte zudem von der P GmbH Zubehör und Bestandteile, die als Inventar bezeichnet wurden, für EUR 140.000 zzgl. Umsatzsteuer mit Wirkung vom 31. Dezember 2004 gekauft. Eine Zahlung des Kaufpreises erfolgte nicht. Mit Beschluss vom 17. Januar 2005 eröffnete das Amtsgericht … das Insolvenzverfahren über das Vermögen der P GmbH und bestellte Rechtsanwalt … zum Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter machte die Kaufpreisforderung der P GmbH gegenüber der Klägerin geltend, diese wandte dagegen die Aufrechnung mit einer Forderung aus einem Darlehensvertrag mit der D GmbH ein. Der Beigeladene vertrat die Auffassung, dass die Aufrechnung unwirksam bzw. anfechtbar sei, zudem sei die Aufrechnungslage vorsätzlich von der Klägerin durch Erwerb der Forderung für EUR 1 herbeigeführt worden. Da die Klägerin das Grundstück einschließlich des Inventars an die Fa. F veräußern wollte, schloss sie mit dem Insolvenzverwalter am 31. Mai 2006 eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt:
„Der Insolvenzverwalter hält den Verkauf des Eigentums an dem ‚Inventar’ von der Gemeinschuldnerin an die Verkäuferin für anfechtbar und damit die Übertragung des Eigentums von der Gemeinschuldnerin an die Verkäuferin für unwirksam. Die Verkäuferin teilt diese Auffassung nicht. …
- Die Verkäuferin zahlt an den Insolvenzverwalter zur Abgeltung des vorerwähnten Anfechtungsrechts einen Betrag von EUR 80.000, der zwei Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Verkäuferin und der F fällig ist.
- Zur Sicherung des Kaufpreises tritt die Verkäuferin an den Insolvenzverwalter einen Teilbetrag aus dem oben näher bezeichneten Grundstückskaufvertrag mit der F in Höhe von EUR 80.000 ab…
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Verkäuferin bereits vorinsolvenzlich Eigentum an dem ‚Inventar’ bzw. den einzelnen in der Anlage näher bezeichneten Inventargegenständen erworben hat und zur Veräußerung an die F berechtigt ist.”
Die Klägerin zahlte den vereinbarten Betrag an den Insolvenzverwalter und forderte diesen erfolglos zur Erteilung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis auf.
Die Klägerin trägt vor, dass sie ein Interesse an der Feststellung habe, dass die Zahlung eine umsatzsteuerpflichtige Leistung sei und der Insolvenzverwalter eine Rechnung erteilen müsse, damit sie den Vorsteuerbetrag geltend machen könne.
Der Insolvenzverwalter habe eine sonstige Leistung gegen...